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Wilckens ist tot: Streiter für ökumenische Verständigung

Wilckens ist tot: Streiter für ökumenische Verständigung

Wilckens ist tot: Streiter für ökumenische Verständigung

dpa
Hamburg/Schwerin
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Ulrich Wilckens in der Nordelbischen Kirche in 1989. Foto: Wulf Pfeiffer/dpa/Archivbild

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Er war Hochschullehrer, Bischof und Streiter für die Ökumene. Als Jugendlicher meldete er sich bei Kriegsende zur Waffen-SS, wollte dann aber nicht kämpfen und kam vor ein Kriegsgericht. Jetzt ist Altbischof Wilckens mit 93 Jahren gestorben.

Die Nordkirche trauert um Altbischof Ulrich Wilckens. Er starb am Montag im Alter von 93 Jahren in Bad Oldesloe, wie die Nordkirche am Mittwoch mitteilte. Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt würdigte Wilckens als einen Bischof, dem die ökumenische Verständigung ein Herzensanliegen gewesen und der klar und streitbar für seine theologischen Positionen eingetreten sei.

Der 1928 in Hamburg geborene Wilckens war unter anderem Hochschullehrer in Marburg, Berlin und Hamburg. Von 1981 bis 1991 war er Bischof des damaligen Sprengels Holstein-Lübeck der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, die 2012 mit den evangelischen Landeskirchen Mecklenburgs und Pommerns zur Nordkirche fusionierte.

Als theologischer Lehrer hat Wilckens viele Pastorinnen und Pastoren geprägt. So habe er mit seinem jahrzehntelangen Wirken für die evangelisch-katholische Ökumene einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Trennung zwischen den Konfessionen zu überwinden, sage Kühnbaum-Schmidt am Mittwoch.

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße würdigte den Verstorbenen als «wichtigen Wegbegleiter der evangelisch-katholischen Ökumene» und «herausragenden Exegeten». Der katholische Kirchenführer erklärte: «Mit Dankbarkeit und Hochachtung schaue ich auf den Weg der Versöhnung zwischen unseren Kirchen in den vergangenen Jahrzehnten, den Ulrich Wilckens mitgestaltet hat und auf den wir heute aufbauen dürfen.»

Der Altbischof gehörte zum konservativen Flügel der Nordkirche. In den vergangenen Jahren habe er zunehmend befürchtet, das Evangelium könnte dem Zeitgeist geopfert werden, sagte Kühnbaum-Schmidt. Dabei habe er auch Positionen geäußert, die nicht unwidersprochen geblieben seien.

Im vergangenen Jahr hatte Wilckens in seiner Autobiografie berichtet, dass er sich 1944 als 15-Jähriger freiwillig zur Waffen-SS gemeldet hatte. Er habe seinem Vater, einem Hitler-Verehrer, einen Gefallen tun und zugleich die Ehre seiner Schule retten wollen, schrieb er damals. Da er eine jüdische Urgroßmutter hatte, hätte er eigentlich gar nicht in die Waffen-SS eintreten dürfen.

Die Mitgliedschaft Wilckens in der Waffen-SS war nach Angaben des früheren Landesbischofs der Nordkirche, Gerhard Ulrich, jedoch schon seit Jahrzehnten bekannt gewesen. Dass Wilckens die Mitgliedschaft als einer von vielen Kindersoldaten zum Ende des Krieges in seiner Autobiografie «eingeräumt» hätte, davon könne überhaupt nicht die Rede sein, hatte Gerhard Ulrich Anfang vergangenen Jahres der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Denn Wilckens habe diesen Teil seiner Biografie nie verschwiegen. «Wer Ulrich Wilckens dies unterstellt, tut ihm Unrecht», sagte Gerhard Ulrich.

Bereits bei der Vorausbildung 1944 spürte Wilckens, wie er berichtet, einen «inneren Bruch mit der SS». Die Liedzeile «Wenn das Judenblut vom Messer spritzt (...)» habe er nicht mitsingen können. Im Januar 1945 wurde Wilckens mit 16 Jahren zur Waffen-SS einberufen. Wilckens hatte, wie Gerhard Ulrich hervorhob, versucht, sich dem Einsatz zu entziehen, was ihn vor ein Kriegsgericht gebracht habe. «Einem verständnisvollen Richter verdankt Wilckens die Bewahrung vor dem Todesurteil.» Bei einem Einsatz bei München überrollte ihn ein Panzer. Wilckens überlebte unverletzt und beschrieb dies als Bekehrungserlebnis.

Bundesweit bekannt wurde Wilckens durch seine Predigt bei der Trauerfeier für den im Oktober 1987 unter ungeklärten Umständen in einem Genfer Hotel ums Leben gekommenen ehemaligen Ministerpräsidenten Uwe Barschel.

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