Küstenautobahn

Kostenexplosion bei A20 – was Claus Ruhe Madsen jetzt will

Kostenexplosion bei A20 – was Claus Ruhe Madsen jetzt will

Kostenexplosion bei A20 – was Claus Ruhe Madsen jetzt will

Henning Baethge/shz.de
Kiel
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Claus Ruhe Madsen Foto: Marcus Dewanger

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Schleswig-Holsteins Verkehrsminister hält am Weiterbau der A20 trotz enormer Verteuerung fest – und verlangt Konsequenzen vom Bund. Es gibt aber ein neues Problem.

Angesichts der Kostenexplosion beim Weiterbau der Küstenautobahn A20 hat Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen den Bund aufgefordert, endlich mehr Tempo bei der Planung von Straßen, Schienen oder Wasserwegen zu ermöglichen. „Die Kostensteigerung bei der A20 ist ein weiterer deutlicher Beleg für die dringend nötige Planungsbeschleunigung bei Großprojekten“, sagte der parteilose Madsen gegenüber shz.de. Denn: „Je länger geplant werde, desto teurer wird es, weil jedes Jahr die Baupreise steigen.“

Madsen fühlt mit jedem, der in Segeberg im Stau steht

Wie berichtet erhöhen sich die Kosten für den 200 Kilometer langen Weiterbau der A20 von Bad Segeberg bis zum niedersächsischen Westerstede nach neuer Schätzung von Bundesverkehrsminister Volker Wissing von ursprünglich 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2016 auf gut 6 Milliarden heute. Madsen erklärte, die Steigerung sei „angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Gesamtsituation wenig verwunderlich“. Gleichzeitig hält er am Weiterbau fest: „Jeder, der in Bad Segeberg im Stau steht, dürfte fühlen, welchen Nutzen die Autobahn hat.“

Allerdings droht das Projekt wegen der hohen Kosten volkswirtschaftlich unrentabel zu werden. Laut dem 2016 aufgestellten Bundesverkehrswegeplan steht den Kosten des A-20-Weiterbaus ein ökonomischer Nutzen von 5,3 Milliarden Euro gegenüber. Das Ministerium in Berlin errechnete daraus vor sechs Jahren ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1,9. Dass der Nutzen fast doppelt so hoch war wie die Kosten, lag auch daran, dass ein Teil der Kosten bei dieser Kennzahl nicht berücksichtigt werden musste. Naturschutzverbände bezweifelten damals die Zahl.

Einst errechneter Nutzen kleiner als die neuen Kosten

Inzwischen liegt der einst ermittelte Nutzen von 5,3 Milliarden Euro deutlich unter den neu geschätzten Kosten. Daraus ergäbe sich ein Verhältnis zwischen beiden Größen von nur noch 0,9 – und die Konsequenz, dass der A-20-Weiterbau gestoppt werden müsste. Denn grundsätzlich widersprechen Projekte mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von unter 1,0 der gesetzlichen Pflicht des Staates zu wirtschaftlicher und sparsamer Haushaltsführung.

Allerdings wendet Madsen ein, dass sich mit steigenden Preisen auch der Nutzen der A20 inzwischen vergrößert habe. In der Tat dürften etwa die Vorteile aus der Verkürzung von Reise- und Transportzeiten oder der Einsparung von Betriebskosten heute höher bewertet werden als vor sechs Jahren. „Ich gehe daher nach wie vor davon aus, dass jeder investierter Euro einen höheren volkswirtschaftlichen Nutzen für Deutschland schafft“, sagt Madsen.

Minister Wissing hält die A20 weiter für wirtschaftlich

So sieht es auch sein Berliner Kollege Volker Wissing, der für den Bau der Autobahn zuständig ist. Das Bundesverkehrsministerium gehe „weiterhin von der Wirtschaftlichkeit des für den norddeutschen Raum bedeutsamen Vorhabens aus“, lässt der FDP-Politiker eine Sprecherin mitteilen. Wie hoch das Nutzen-Kosten-Verhältnis aktuell ist, kann sie jedoch nicht sagen. Zwar stehe eine Neubewertung von Nutzen und Kosten an, wenn es für erste Abschnitte Baurecht gebe. Aber: „Da derzeit noch kein vollziehbares Baurecht für einen abschnittsweisen Bau der A 20 vorliegt, ist eine Fortschreibung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses aktuell nicht veranlasst.“

Naturschützer zweifeln am Nutzen-Kosten-Verhältnis

Beim Naturschutzbund Nabu bezweifelt man zumindest, dass sich bei der Fortschreibung weiterhin ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1,9 ergeben wird. Angesichts der erheblichen Kostensteigerung sei es „fraglich“, sagt Schleswig-Holsteins Nabu-Chef Ingo Ludwichowski, „ob selbst das ursprüngliche, vom Nabu bereits bezweifelte und als unrealistisch beurteilte Nutzen-Kosten-Verhältnis noch eingehalten wird.“

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