Hackerangriff

20 Politiker aus Schleswig-Holstein von Daten-Leak betroffen

20 Politiker aus Schleswig-Holstein von Daten-Leak betroffen

20 Politiker aus Schleswig-Holstein von Daten-Leak betroffen

dpa
Schleswig-Holstein
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Von dem Angriff sind auch Politiker aus Hamburg betroffen. Darunter ist auch der Bürgermeister Peter Tschentscher.

Von einem großen Daten-Leak auf Politiker und Prominente sind auch bekannte Schleswig-Holsteiner und Hamburger betroffen. Dazu gehören Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), SPD-Landtagsfraktionschef Ralf Stegner und Grünen-Bundeschef Robert Habeck. Günther sprach am Freitag in Kiel von einem „besorgniserregendem Vorgang“. Wenige Stunden nach Bekanntwerden des Daten-Leaks wolle er aber keine Forderungen aufstellen, „was wir da besser machen können“.

Auf den Listen stehen die Namen von mehr als 20 Politikern aus Schleswig-Holstein. Genannt werden unter anderem Finanzministerin Monika Heinold, Digitalisierungsminister Jan Philipp Albrecht (beide Grüne), Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben sowie zahlreiche Bundestagsabgeordnete.

„Ich habe mir die eigenen Nummern angeguckt und habe festgestellt: Da waren auch einige Treffer dabei“, sagte Günther. Er räumte ein, mit den eigenen Daten bislang „recht transparent umgegangen“ zu sein. „Auch meine private Telefonnummer hat man bis vor einiger Zeit öffentlich gefunden, auch in Telefonbüchern.“ Davon hätten jedoch recht viele Menschen Gebrauch gemacht. Deshalb sei er davon abgerückt. Seine Handy-Nummer hat er bislang aber nicht abgeschaltet.

SPD-Bundesvize Ralf Stegner sagte, er habe am Freitagmorgen von der Veröffentlichung erfahren. „Das ist eine gravierende Verletzung der Vertraulichkeit von Daten.“ Es müssten alle Vorkehrungen getroffen werden, um die Daten möglichst gut zu schützen.

Persönliche Daten und Dokumente

Es waren persönliche Daten und Dokumente von hunderten Personen des öffentlichen Lebens im Netz veröffentlicht worden. Betroffen seien „alle Ebenen“ – Politiker aus dem Bundestag, dem Europaparlament und den Landtagen bis hin zu den Kommunen, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz in Berlin. Es könnten auch gefälschte Daten in das Material eingeschleust worden sein, sagte sie. Zu den Daten zählen Telefonnummern und Chat-Verläufe.

Wer für den Angriff verantwortlich ist, war am Freitag noch völlig unklar. Einige Informationen wurden schon 2017 ins Netz gestellt, in großem Umfang wurden Daten dann im Dezember 2018 veröffentlicht. Das Bundeskriminalamt, der Verfassungsschutz und zahlreiche andere Behörden sind mit dem Fall beschäftigt, darunter auch Landesbehörden.

Die Koordinierung liegt beim Nationalen Cyber-Abwehrzentrum. Ministerpräsident Günther sagte, „zur strafrechtlichen Relevanz dieser Vorgänge können wir zum heutigen Zeitpunkt noch nichts sagen“.

Digitalisierungsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) sagte, „für die Betroffenen ist das aktuelle Leak ein tiefer Eingriff und teilweise eine Gefährdung bis ins familiäre Umfeld“. Der Vorfall zeige, wie groß die Sicherheitslücken bei IT-Kommunikationsdiensten noch immer seien. „Der Bund muss nun zügig dafür sorgen, dass Mindeststandards für die IT-Sicherheit und strengere Haftungsregeln für Sicherheitslücken EU-weit eingeführt werden. Hier haben Bundesregierung und EU-Kommission schon viel zu lange gepennt und dem Druck der Internet- und Softwareanbieter nachgegeben.“

Hamburgs Bürgermeister und Abgeordnete

Auch die Hamburger Politiker hat der Cyber-Angriff getroffen. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD)  und auch Dutzende Bürgerschaftsabgeordnete sind betroffen. „Nach ersten Erkenntnissen ist die Handynummer des Ersten Bürgermeisters in einer der Listen zu finden“, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer am Freitag. Tschentscher habe bereits eine neuen Telefonnummer erhalten.

Auch die Handynummer von Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit wurde veröffentlicht. Die IT-Abteilung prüfe den Vorfall, sagte sie. Außerdem sei man mit verschiedenen Stellen „auf Landes- und Bundesebene“ im Austausch. Dutzende ähnliche Leaks gab es nach Angaben der Fraktionen auch bei Abgeordneten von SPD, Grünen und CDU.

Bei der SPD-Bürgerschaftsfraktion sei ein Großteil der 59 Abgeordneten betroffen, sagte deren Vorsitzender Dirk Kienscherf. „Meist handelt es sich aber nach unseren aktuellen Erkenntnissen um recherchierbare Daten wie Handynummern. In Einzelfällen sind weitergehende Daten aufgeführt.“ Diese stammten mutmaßlich aus einem Hackerangriff aus dem vergangenen Herbst und würden strafrechtlich verfolgt. „Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig der Kampf gegen Cyber-Kriminalität ist und wie sehr unsere Persönlichkeitsrechte und die Privatsphäre unter solchen Attacken leiden können“, sagte der Fraktionschef der Grünen, Anjes Tjarks, der mit drei weiteren Grünen-Abgeordneten ebenfalls betroffen ist.

Große gesellschaftliche Debatte

Neben einer verbesserten Datensicherheit forderte er „eine große gesellschaftliche Debatte“ zum Schutz der Demokratie und den Umgang mit sozialen Medien. „Es ist zwar noch unklar, wer der Urheber dieser sehr gravierenden Attacke war, aber klar ist, dass Rechte, Bots, Trolle und andere Staaten schon lange versuchen, massiv Einfluss zu nehmen und Stimmungen zu schüren“, sagte Tjarks.

„Wie viele andere“ habe auch die CDU-Fraktion erst am Freitag von dem Angriff erfahren, sagte deren Innenexperte Dennis Gladiator. Zehn CDU-Abgeordnete seien betroffen. „Wir stehen seitdem im engen Austausch mit der Polizei Hamburg und anderen Sicherheitsbehörden.“ Der Vorfall sei ärgerlich und müsse schnellstens aufgeklärt werden.„Deshalb ist es nun wichtig, dass alle zuständigen Behörden die Sicherheitslücken identifizieren, schließen und die Täter ermitteln.“ Seitens der FDP- und der AfD-Bürgerschaftsfraktion wurden zunächst keine Fälle bekannt. Man prüfe mögliche Veröffentlichungen persönlicher Daten von Abgeordneten, hieß es unisono.

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