Grenzüberschreitendes

SPD im Grenzland: Gemeinsame Identität statt Nationalismus

SPD im Grenzland: Gemeinsame Identität statt Nationalismus

SPD im Grenzland: Gemeinsame Identität statt Nationalismus

Sonderburg/Sønderborg
Zuletzt aktualisiert um:
Ralf Stegner
Ralf Stegner am Mittwoch im Alsion Foto: Cornelius von Tiedemann

„100 Jahre GrenzNähe“: Kieler Sozialdemokraten luden nach Sonderburg. In den Redebeiträgen wurde deutlich gemacht, dass der Einsatz für friedvolles Zusammenleben nicht vergebens gewesen sei – und weiter gehen müsse.

„Auch große Errungenschaften werden irgendwann für selbstverständlich genommen. Dabei sind die Errungenschaften im Grenzland alles andere als selbstverständlich“, sagte der Fraktionschef der Sotialdemokraten im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Ralf Stegner, am Mittwochabend im Sonderburger Alsion – und gab damit die Richtung vor, die die folgenden Redebeiträge zum Thema „100 Jahre GrenzNähe“ nehmen sollten.

Stegner kritisiert Grenzkontrollen

Die Landtagsfraktion hatte zu der Jubiläumsveranstaltung geladen und Stegner sprach vor Parteifreunden, Bürgermeistern, Minderheiten- und anderen Interessenvertretern, Ehrenamtlern und anderen Geladenen und aus gänzlich eigenem Antrieb gekommenen Gästen von der deutsch-dänischen Kooperation, die einen „besonderen Stellenwert“ habe und der grenzüberschreitenden Mobilität, die „gerade in Zeiten, wo der Nationalismus wieder stärker wird, weiter gestärkt gehört“.

Stegner bezeichnete die Rolle der Minderheiten als „besonders“, und kulturelle Vielfalt als „eine Bereicherung“. „Das Problem in Deutschland ist derzeit nicht die Vielfalt, sondern die Einfalt!“, so der langjährige Parteivize der Bundes-SPD.

Die Grenzkontrollen „stehen im Widerspruch zu dem, was wir in Europa wollen“, so Stegner.

Hinrich Jürgensen
Hinrich Jürgensen nannte die Unterstützung für den Sozialdienst und das Projekt „Grenzneutral“ als gute Beispiele für die Anerkennung der Minderheit in Dänemark. Foto: Cornelius von Tiedemann

 

Pauls: Jürgensen ein „Fels in der Brandung“

Birte Pauls, stellvertretende Fraktionschefin der SPD in Kiel, moderierte den Abend und kündigte den Hauptvorsitzenden des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Hinrich Jürgensen, als „Fels in der Brandung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit“ an.

Der so Geehrte nutzte sein Grußwort auch dazu, erneut zu mehr Sachlichkeit in der Debatte um die mehrsprachigen Ortsschilder aufzurufen. „Wir sollten dieses Mal vernünftig diskutieren und auf Fakten zurückgreifen, das wäre ein tolles Zeichen“, so Jürgensen.

Dänische Minderheit: „Unsere Erzählung ist eine andere“

Gitte Hougaard-Werner, Vorsitzende des Sydslesvigsk Forening (Südschleswigsche Verein/SSF) der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein, sagte in ihrem Grußwort, dass der Begriff „Wiedervereinigung“ (genforening) staatsrechtlich vielleicht nicht korrekt sei, um die Ereignisse von 1920 zu feiern, „aber ich behaupte, dass die Mehrheit in der Region es so empfunden hat“.

„Wir freuen uns mit den Dänen in Dänemark – aber unsere Erzählung ist eine andere“, so Hougaard-Werner über die vergangenen 100 Jahre, wo sich die friedliche Grenzziehung von 1920 erst nach 1955 als „gelungene Aktion“ herausgestellt habe.

Sonderburgs Bürgermeister Erik Lauritzen (Soz.) begrüßte die Sozialdemokraten – und auch Mitglieder anderer Parteien, etwa den Minderheitenbeauftragten des Ministerpräsidenten, Johannes Callsen, CDU, und Apenrades Bürgermeister Thomas Andresen, Venstre – und betonte, dass es etwas „Besonderes sei, die Minderheit zu haben – sogar im Stadtrat vertreten“. Er freue sich auf die Eröffnung des Deutschen Museums in Sonderburg, dass er nicht als „seine“, sondern als „unsere“ Kommune bezeichnet wissen wollte.

Thönnes: Widerstand gegen Nationalismus wichtig

Bevor schließlich, wie berichtet, der politische Nachwuchs das Wort erhielt, sprach der langjährige Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Staatssekretär a. D., Franz Thönnes über das deutsch-dänische Grenzland. Dabei spannte er einen langen historischen Bogen, um auch die Genossinnen und Genossen mitzunehmen, die in der deutsch-dänischen Geschichte noch keine Experten waren. Auch wenn es damals Meinungsverschiedenheiten und Kritik gegeben habe – heute habe man „allen Grund, die friedliche und demokratische Grenzziehung zu feiern“, so Thönnes.

„100 Jahre Minderheiten und Minderheitenrechte sollten heute gemeinsam stolz machen. Jeder Einsatz dafür hat sich gelohnt“, sagte der ehemalige SPD-Vorsitzende in Schleswig-Holstein. „Extremer Nationalismus“ gefährde den Frieden nach innen und nach außen auch heute wieder.

Die deutsche Sozialdemokratie wisse aus eigener leidvoller Erfahrung, was das heißt. „Die Lehre kann nur sein, dass exklusiv-nationalistische Bewegungen unseren stärksten Widerstand finden müssen!“

Die Europäische Union sei „die politische Antwort auf die Sehnsucht der Menschen, in Frieden zu leben“, so Thönnes, der sich wünschte, dass das Jubiläumsjahr 2020 auch der Rahmen für „einen neuen Aufbruch“ werden könne. „Was können gemeinsame, identitätsstiftende Infrastrukturprojekte sein?“, fragte er in die deutsch-dänische Runde – und beendete seine Rede auf diese Weise mit einem Aufruf, die Ärmel im Grenzland für gemeinsame Ziele hochzukrempeln.

Mehr lesen