Am 5. November wird der Hauptvorsitzende der deutschen Minderheit, Hinrich Jürgensen, 60 Jahre alt. Wir haben ihn vorab zum Geburtstagsinterview getroffen. Und gefragt: Wie trennt man als „eingeborener“ Nordschleswiger eigentlich dieses Amt vom Privatleben?

Keine Frage – dem Hauptvorsitzenden der deutschen Minderheitin Nordschleswig steht ein außergewöhnlich volles neues Lebensjahr bevor. Proppevoll, könnte man mit Blick auf all die vielen 2020-Projekte und Feiern auch sagen.

Im Interview mit dem „Nordschleswiger“ erzählt Jürgensen aus seinem Alltag zwischen Familie und Beruf.

Du kennst sehr viele Menschen in Nordschleswig und aus der Minderheit auch privat. Wie kannst du zwischen Beruf und Privat trennen? Gibt es einen privaten Hinrich Jürgensen oder lässt sich das gar nicht so wirklich trennen?

„Natürlich gibt es den Privatmann. Wenn ich privat unterwegs bin, nehme ich das hier ab (tippt auf den BDN-Button am Revers) und dann bin ich auch wirklich privat unterwegs. Aber natürlich bin ich auf eine Weise immer auch eine öffentliche Person. Es kommt oft vor, dass ich auf aktuelle Diskussionen angesprochen werde. Oder, wenn ich in einer Abendgesellschaft gefragt werde, was ich beruflich mache, dann werde ich oft gebeten, doch mehr zu erzählen über die Arbeit der Minderheit. Mein Job ist sicher keiner von 8 bis 16 Uhr, sondern von 8 bis 16 und bis 23 Uhr. Und auch an den Wochenenden bin ich unterwegs.“

Das klingt nach einem Vollzeitjob. Wie kriegst du das mit deinem landwirtschaftlichen Betrieb unter einen Hut? 

„Tatsächlich ist es ein Vollzeitjob und so bin ich auch beim BDN angestellt. Früher gab es für das Amt eine Aufwandsentschädigung, aber mittlerweile hat man das in feste Rahmen umgewandelt. Meinen Milchviehbetrieb mit 150 Kühen und 250 Hektar hatte ich schon 2003 verkauft. Jetzt habe ich einen Pflanzenbaubetrieb, mit 70 Hektar, wo ich Weiden anbaue. Da wird alle zwei Jahre geerntet und das ist somit sehr arbeitsextensiv. Das lässt sich mit den BDN-Aufgaben vereinen.“

Du bist seit 2007 Hauptvorsitzender. Wie lange willst du noch weitermachen?

Ich stehe 2022 wieder zur Wahl. Ich weiß jetzt ja natürlich nicht, ob die BDN-Mitglieder meine Wiederwahl wünschen. Aber wenn ich erneut gewählt werden sollte, würde ich doch gerne weitere vier Jahre als Hauptvorsitzender arbeiten. Und danach aufhören.

Was machst du in deiner Freizeit, wenn du dich entspannen willst?

„Ich gehe jagen. Das ist für mich der Ausgleich schlechthin. Wenn man auf einem Hochsitz ist und dort ein paar Stunden sitzt, ist das die beste Erholung. Wenn dann noch Wild auftaucht – umso besser. Außerdem bin ich gerne in Gesellschaft, meine Familie ist mir sehr, sehr wichtig. Meine vier Kinder und die zehn Enkelkinder kommen häufig vorbei, dann gibt es feste Rituale wie zusammen Treckerfahren. Neulich war ich mit meinem dreijährigen Enkel und einem Picknickkorb auf einem Hochsitz. Dann kamen zwei Rehe und der Kleine hat danach erzählt: ,Mama, wir haben mit den Rehen gegessen‘. Sowas ist einfach das Beste.“

Hinrich Jürgensens Zwillinge Carina und Carsten leben mit ihren Familien in Wester-Satrup/Vester-Sottrup sowie Riesjarup/Rise Hjarup, Andreas lebt mit Familie bei Odense und Johanna mit Familie in Hadersleben/Haderslev.

„Es ist unheimlich schön, dass sie nicht weit weg sind. Sie kommen oft auch spontan vorbei und plötzlich ist der Hof voller Besuch“, so Jürgensen, der mit seiner Frau Micky auf dem Hof Gaardeby südlich von Tingleff lebt.

Weitere Hobbys und Aufgaben?

„Ich bin Vorsitzender im lokalen Jagdverein und Kassierer im Ringreiterverein und generell würde ich sagen, dass mir das lokale Engagement sehr liegt – und dass es mir viel gibt. Es ist mir wichtig, dass ich auch außerhalb des BDN lokaleingebunden bin. Dass man mit Menschen zusammenkommt, die auch mal anders denken und eine andere Auffassung haben. Ich empfinde das als sehr bereichernd.“

Wie siehst du deinem 61. Lebensjahr entgegen?

„Es wird ganz sicher ein sehr, sehr lebhaftes Jahr. Ich habe schon zu meiner Frau gesagt: Am 1. Januar sage ich tschüss und im Dezember bin ich dann wieder zurück. In Dänemark werden die Feierlichkeiten im August enden, aber dann beginnen die Feierlichkeiten in Deutschland! 2020 wird ganz eindeutig mein nächstes Lebensjahr prägen und es ist klar, dass ich das Private werde zurückstufen müssen.“ 

Was sind im neuen Lebensjahr mit Blick auf 2020 deine Höhepunkte?

„Ich denke da an die BDN-Highlights wie die Radtour von Berlin nach Kopenhagen oder das Knivsbergfest im Juni, wenn wir unseren 100. Geburtstag feiern. Das wird riesengroß und wir hoffen auf hohen Besuch. Im Herbst 2020 werden wir beim Deutschen Tag 75 Jahre BDN feiern. Ich bin schon jetzt für viele Reden und Vorträge im ganzen Land gebucht. Dann gibt es noch das Bürgerfest in Flensburg, der Startschuss für die Festlichkeiten in Südschleswig fällt aber leider mit dem grenzüberschreitenden Ringreiten zusammen, für das ich als Mitorganisator verantwortlich bin. Und es gibt ja auch noch die vielen kleinen Projekte und Aktivitäten. Also ganz klar: Erst 2021 wird es wieder ruhiger werden.“

Wie feierst du deinen 60. Geburtstag?

Am 5. November, also am Geburtstag selbst, wird es einen öffentlichen Empfang im Haus Nordschleswig geben, von 17 bis 20 Uhr, mit Anmeldung. Micky wird Anfang nächsten Jahres ebenfalls 60 und dann werden wir unseren 120. Geburtstag in der Nachschule Tingleff feiern, im alten Stil mit Tanzkapelle und allem Drum und Dran.

Was würdest du als typische Eigenschaften von dir bezeichnen?

„Ich versuche prinzipiell, alle mit ins Boot zu holen. Weil es gemeinsam einfacher ist. Ich würde mich als sehr sozial und gesellig beschreiben und ich mag es, wenn Dinge gemeinsam nach vorne getragen werden.“

Welche Begegnungen haben dich in den vergangenen zwölf Jahren als Hauptvorsitzenden besonders beeindruckt?

„Das war zum einen die Bundeskanzlerin bei einem Treffen in Berlin. Es war unglaublich beeindruckend, wie sie sich in der halben Stunde, die sie für uns in einem sehr vollen Terminkalender hatte, für unser Thema interessiert hat, wie sie nachgefragt hat,und was sie alles wusste. Auch ein Gespräch mit Königin Margrethe im Schloss Gravenstein/Gråsten war sehr eindrücklich. Sie hat Sachen in einer Tiefe nachgefragt und wusste Details, das war wirklich sehr beeindruckend.“

Was wünschst du dir für deine Zukunft?

Dass die Familie gesund bleibt und gedeiht. Ich denke, wir haben in unserem Leben sehr, sehr viel Glück gehabt.