Im Trend

Genbrug, Vintage, Retro & Co.

Genbrug, Vintage, Retro & Co.

Genbrug, Vintage, Retro & Co.

Nina Tholander
Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Foto: dpa

Möbel von Flohmärkten und aus Second-Hand-Läden sind gefragt wie nie: Der neue Hype um altes Abgenutztes oder den Stil vergangener Epochen.

Begriffskunde

Shabby Chic: Aus dem Englischen, shabby = schäbig. Hauptmerkmale sind meist in pastelligen Tönen gehaltene Möbel mit abplatzendem Lack, die entweder schon abgenutzt sind oder gezielt so behandelt werden, dass sie alt und benutzt aussehen. 

Vintage: Auch aus dem Englischen, vintage = Weinlese (Ernte) bzw. Jahrgang (ein besonders guter Jahrgang), auch eine Bezeichnung für etwas besonders Wertiges und Altes. In der Modewelt wird der Begriff Vintage hauptsächlich für  originale Kleidungsstücke aus den 30er bis 60er Jahren verwendet. 
Bei Vintage-Möbeln gibt es keine direkte zeitliche Zuordnung.

Retro: Das Wort Retro bezeichnet eher einen wiederkehrenden Trend. Produkte, die in einem speziellen, schon einmal da gewesenen Stil produziert sind, werden als Retro bezeichnet. Sie müssen nicht zwingend alt oder original sein. Dafür gibt es Beispiele zuhauf: Die Schlaghose aus den 60er und 70ern, die in den 90er Jahren ein Revival erlebte, die dicke Hornbrille, die vor Kurzem plötzlich wieder IN war, oder der Nierentisch der 50er Jahre, der die Möbelindustrie von heute wieder inspiriert. 

Viele Menschen bekommen schon bei der Ankündigung eines Flohmarktes glänzende Augen – oder sie versuchen, wie ich, erst gar nicht hinzugehen, weil sie genau wissen, dass sie eigentlich nichts brauchen. 

Womöglich haben sie zu Hause schon den Schuppen voll von Stühlen, Tischen oder alten Regalen, die darauf warten, aufgearbeitet zu werden. 

Aber selbst wenn man nicht absichtlich zum Flohmarkt geht, um nicht in Versuchung zu geraten, kommt man doch ab und zu „ganz zufällig“ an einem vorbei. Dann heißt es: sich beherrschen! Es hat nämlich Grenzen, was man alles anschleppen kann, ohne etwas anderes auszumisten. Ausmisten – der Alptraum eines jeden „Sammlers“!

Die Sammler

Es gibt sie (die Sammler) in allen Ausführungen – und sie sammeln alles von  70er-Jahre-Stereoanlagen, Butterdosen, Lampen, Eierbecher, Designergeschirr über  Bücher, alte Kameras, Gemälde bis hin zu alter Bettwäsche oder Retrokleidung.

Sie alle haben etwas gemeinsam: Sie lieben Dinge mit Patina und Flair! Und sie sind eine Kombination aus Jägern und Sammlern!

Seit einiger Zeit ist Retro oder Vintage zur wahren Epidemie geworden, die nicht einmal an den Menschen vorbeigeht, die keine Fans von altem Trödel oder dem Sammeln sind.

Doch woran liegt das? Dazu gibt es mittlerweile sogar diverse wissenschaftliche Studien. 
Eine der Theorien ist,  dass in unserer schnelllebigen Zeit der Wunsch nach Kontinuität immer größer wird – dafür stehen originale alte Möbel   oder auch Gegenstände im Stil vergangener Zeiten  – eben Retro. Sie haben die Zeiten überdauert und vermitteln ein Gefühl der Sicherheit, Beständigkeit und Wertigkeit.

Inspirationsquelle Vergangenheit

Außerdem: Die Vergangenheit war immer schon ein Inspirationsquell, ob für Mode, Architektur, Einrichtung oder Kunst – denn Altes erzählt immer eine Geschichte.
Die Erkenntnis, dass  Erdöl  und andere  wichtige Ressourcen knapp werden, hat es notwendig gemacht, über Rohstoff-  und Materialienrückgewinnung und -verwertung nachzudenken. Man muss kein extremer Konsumverweigerer sein, um zu erkennen, wie viel  Abfall – man könnte auch sagen, Verschwendung – die
 moderne Gesellschaft verursacht.

Das Prinzip der Wiederverwertung setzt der Verschwendung etwas entgegen und ist   in unserer Gesellschaft mittlerweile  Teil eines neuen Lebensgefühls geworden, an dem jeder  teilhaben kann – quer durch die sozialen Schichten.

Ein anderer Grund  für das „Erjagen und Ernten“  von Dingen aus  der Vergangenheit ist: Wir können uns von der Masse abheben und zeigen, dass wir anders sind. Wir haben das Bedürfnis, unsere Individualität  zu pflegen in einer   Zeit  der Massenproduktion, wo alles von der Stange kommt – vom Auto bis   zum Kleid, vom Essen der Restaurantketten bis zum  Möbelstück. 

Ganz besondere Stücke

Wer alte Möbel vom Flohmarkt oder vom „Genbrug“ kauft, spart nicht nur Geld, sondern kommt auf diese Weise in den Besitz ganz besonderer Stücke. Die haben dann zwar ein stimmungsvolles Flair, aber sehr oft auch größere oder kleinere Macken, die erst aufgearbeitet werden müssen.

Mit ein bisschen Geschick und ein bisschen Kreativität kann fast jeder  aus einem alten Möbel etwas Schönes machen, sei es mit einem neuen Anstrich oder dem Abschleifen oder Abbeizen von alter Farbe. Manchmal reicht schon ein wenig Möbelpolitur, um ein altes Stück zu einem Schmuckstück zu machen.

Kreativität gefragt

Beim ersten Anblick eines alten Möbelstücks wird ein kreativer Prozess  in Gang gesetzt: Das Erkennen des Potenzials, des Einsatzzwecks, das Beurteilen der Qualität und des Zustandes und die Entscheidung, das Stück zu erwerben, sind nur der Anfang. 
Dann geht es los: Wie kann das Stück aufgearbeitet werden, welche Farbe soll es bekommen usw.

Ein Tipp, damit das Ganze nicht zum Frust, sondern zum Quell der Freude wird: Zu Anfang immer nur kleinere überschaubare Stücke erwerben, die nicht zu viel handwerkliches Geschick erfordern. Es sollte auch am besten ein Möbel sein, das man tatsächlich in seine Wohnung stellen will, bzw. benutzt, sonst scheitert das ganze Projekt, bevor es beginnt.

Richtige Materialien verwenden

Damit das aufgearbeitete Stück auch wirklich haltbar und hochwertig wird, ist es wichtig, die richtigen Materialien zu verwenden und  sorgfältig zu arbeiten, vor allem beim Schleifen und Malen. Wer die richtige Farbe wählt entsprechend des Einsatzbereiches (drinnen, draußen), hat lange Freude an seinen Möbeln. 

Es sei jedoch gewarnt: Wer erstmal damit angefangen hat, Altes zu sammeln, den lässt es nur schwer wieder los! 

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