Geschichtsdebatte

Duckwitz handelte „aus Liebe zu Dänemark“

Duckwitz handelte „aus Liebe zu Dänemark“

Duckwitz handelte „aus Liebe zu Dänemark“

DN
Kopenhagen
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Hans Kirchhoff und Siegfried Matlok vor dem DK4-Studio in Kopenhagen Foto: DK4

Welche Motive hatte der deutsche Diplomat Georg-Ferdinand Duckwitz für seine mutige Tat, dänische Stellen rechtzeitig vor Beginn der Juden-Aktion durch die deutsche Besatzungsmacht am 1./2. Oktober zu warnen? Der Historiker Hans Kirchhoff hat dafür eine Erklärung.

Für den bekannten Historiker Dr. phil. Hans Kirchhoff war der deutsche Diplomat Georg-Ferdinand Duckwitz „Der gute Deutsche“,  ein Rettungsmann der dänischen Juden vor 75 Jahren. Aber welche Motive hatte Duckwitz für seine mutige Tat, dänische Stellen rechtzeitig vor Beginn der Juden-Aktion durch die deutsche Besatzungsmacht am 1./2. Oktober zu warnen? Kirchhoff glaubt, dass es letztlich „seine Liebe zu Dänemark war“, weil Duckwitz in diesem Land – wie er es selbst nannte – eine „Herzenskultur“ gefunden hatte, so sein historisches Urteil über den Diplomaten.

In der Sendereihe „Dansk-tysk med Matlok“  im Fernsehsender DK4 zeigt sich Kirchhoff, der u. a. auch die Tagebücher von Georg-Ferdinand Duckwitz  erforscht hat,  davon überzeugt, dass es Duckwitz war, der die entscheidende Warnung an dänische Stellen übermittelte, nachdem ein Hinweis des Reichsbevollmächtigten Werner Best über die Aktion an ihn „durchgesickert“ war. Es gab nach den Worten des Historikers ein Zusammenspiel zwischen Best und Duckwitz, der erst durch Best politischen Einfluss gewann.

Vor der Ankunft von Werner Best im November 1942 nach der sogenannten Telegrammkrise war Duckwitz politisch ein bedeutungsloser Schiffahrtsachverständiger an der Gesandtschaft, aber unter Best wurde er Mitglied in dessen „Küchenkabinett“.  Beide waren sich in den Zielen der deutschen Besatzungspolitik in Dänemark einig, und Best wusste das enorme Netzwerk, das sich Duckwitz in Dänemark aufgebaut hatte, für sich und seine Politik zu nutzen. 

Duckwitz war charmant, beherrschte die dänische Sprache mündlich und schriftlich,  er unterhielt u. a. enge  Kontakte zum Königshaus, zum Außenministerium, zur schwedischen Regierung und zu  dänischen Politikern, ja, er war sogar mit dem führenden Sozialdemokraten Hans Hedtoft eng befreundet.

„Obwohl ich ein 400-Seiten-Buch über Duckwitz geschrieben habe, kann ich nicht beurteilen, wie das persönliche Verhältnis von Best und Duckwitz gewesen ist, aber ich glaube, dass sie beide voneinander abhängig waren.“

 

Best ritt auf  zwei Pferden

Was die Motive von Werner Best anbetrifft, so lautet die  Kirchhoff-These, „dass Best in Dänemark gleichzeitig auf zwei Pferden geritten ist“. Einerseits wollte er mit dem Ausnahmezustand am 29. August 1943 und dem damit verbundenen Scheitern seiner gemäßigten Politik  nun durch die Judenaktion gegenüber Berlin Härte demonstrieren und Kurs halten, andererseits befürchtete er aber ernste Folgen durch die Judenaktion, z. B. schwere Unruhen in Dänemark und nicht zuletzt die Gefährdung der für Deutschland immer wichtiger gewordenen  Lebensmittelausfuhren  aus Dänemark.  
Nach Ansicht des Historikers ist Dänemark im Vergleich zu anderen von Deutschland besetzten Ländern glimpflich davongekommen, was er auf die – so wörtlich – „Friedensbesetzung“ am 9. April 1940 und die danach geführte Zusammenarbeitspolitik zurückführt, die der Besatzungsmacht „auch Schranken nach innen auferlegte“ – zum Beispiel auch in der Frage der dänischen Juden, jedenfalls bis zum 29. August 1943.

Der Historiker Kirchhoff ist von einigen Kollegen kritisiert worden, weil er sich als Grundlage auch der Tagebücher von Duckwitz bedient hat. Kirchhoff räumt ein, dass es in den Tagebüchern einige Fehler gibt, weil Duckwitz seine Eintragungen nicht jeden Abend gemacht, sondern teilweise auch im  Rückblick vorgenommen hat. Dadurch ergeben sich gewisse Verschiebungen, die man auch aus anderen Tagebüchern kennt, aber während manche Kollegen das Tagebuch als unglaubwürdig, ja, sogar als  Lebensversicherung infrage stellen, kommt Hans Kirchhoff zu einem ganz anderen eindeutigen  Ergebnis. „Die Tagebücher von Georg-Ferdinand Duckwitz sind  keine Fälschung“, so der Historiker im DK4-Gespräch mit Siegfried Matlok.

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