Kommunalwahl

Ein Blick hinter die Kulissen

Ein Blick hinter die Kulissen

Ein Blick hinter die Kulissen

Max Hey und Rahel Stäcker
Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
SP-Wahlkampf in Sonderburg (Archivbild) Foto: Karin Riggelsen

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Hinter allen Politikerinnen und Politikern agiert ein Team im Hintergrund, um eine erfolgreiche Wahl zu garantieren. „Der Nordschleswiger“ sprach mit Lene Neumann Jepsen, Kommunikationskonsulentin der Schleswigschen Partei, über die zentrale Rolle der sozialen Medien im Wahlkampf.

Zum ersten Mal hat die Schleswigsche Partei bei den diesjährigen Kommunalwahlen auch digital einen engagierten Wahlkampf geführt. Dabei lag das Hauptaugenmerk beim Team hinter den Politikerinnen und Politikern darauf, den Kandidaten zu helfen, ihre politischen Inhalte bestmöglich an die Wählerinnen und Wähler zu vermitteln.

 

Die Wählerschaft ansprechen

„Wir haben uns grundsätzlich danach gerichtet, was für unsere Kandidatinnen und Kandidaten an jeweils erster Stelle steht. Denn die Beiträge müssen ja echt und authentisch sein, das muss von den Kandidatinnen und Kandidaten kommen“, so Lene Neumann Jepsen, Kommunikationskonsulentin des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), die zusammen mit Parteisekretärin Ruth Candussi und Koordinator Thore Naujeck den Wahlkampf der SP steuerte.

Die Herausforderung besteht dabei laut der Social-Media-Expertin allerdings darin, „einen Weg zu finden, wie sich der Kandidat oder die Kandidatin“, zwar „selber wiederfindet, in dem, was gesagt wird, es aber trotzdem auch ansprechend ist für die Wählerinnen und Wähler. Denn zu sagen, wir brauchen zwei Milliarden für das und das Projekt, damit kann die Wählerschaft wenig anfangen, wenn sie nicht weiß: Das kommt für mich dabei raus“, meint Jepsen.

Mit dem Bild eine Geschichte erzählen

Eines der effektivsten Mittel, um die politischen Botschaften authentisch, attraktiv und auch nahbar zu machen – sodass die Wählerinnen und Wähler die Kandidatinnen und Kandidaten besser kennenlernen können – waren daher Videos, „weil die neben dem Geschriebenen auch viel mehr Persönlichkeit vermitteln“, findet Jepsen. 

Du stimmst bei Kommunalwahlen für die Person und nicht für die Partei.

Lene Neumann Jepsen

So hat das Team um Jepsen mindestens sechs Videos pro Kommune produziert, „wo wir versucht haben, mit dem Bild eine Geschichte zu erzählen. Als Louise Thomsen Terp zum Beispiel gesagt hat, dass für sie Kindertagesstätten und gute Schulen wichtig sind, haben wir sie mit ihrer Famile gezeigt, denn sie ist Mutter von vier Kindern, und dementsprechend kommt das so noch deutlich glaubwürdiger rüber, dass sie dafür kämpfen will“, schildert die Kommunikationskonsulentin.

Diese Stratetegie scheint gefruchtet zu haben. „Mit solchen Beiträgen und auch den Anzeigen sind wir sehr gut angekommen, die wurden viel geklickt und auch noch mal angesehen – insbesondere die mit Louise Thomsen Terp, Jørgen Popp Petersen und Stephan Kleinschmidt“, resümiert Jepsen.

Taktische Überlegungen

Eine gewisse Reichweite haben die Videos und Annoncen auch dadurch generiert, dass sie nicht zu lang waren. „Wir haben in der Regel versucht alles unter 30 Sekunden zu halten, denn so loopt Facebook die Beiträge automatisch, also das heißt bevor die Leute sehen was passiert ist kriegen sie es gleich nochmal. Das ist ganz hilfreich.“

Nicht nur die Länge der Beiträge ist dabei wichtig, sondern auch wann gepostet wird, erklärt Jepsen: „Wenn du etwas um Mitternacht postest, die Leute aber erst nach dem Aufstehen reingucken, dann denkt der Algorithmus, das ist ja ein langweiliger Post, weil die ersten sieben Stunden gar nicht passiert ist.“ Allerdings hält Jepsen fest, „ein richtig guter Inhalt wird sich schon verbreiten – egal wann du ihn postest“.

Fokus auf die Person

Wichtiger als die Frage, wann ist jedoch die Frage, wo. So setzte man bei der Social-Media-Kampagne darauf „das meiste über die Seiten der Kandidatinnen und Kandidaten zu fahren und wenig zentral über die Parteiseite. Zwar steht die SP dahinter, aber eine Partei ist halt eines gesichtsloses Etwas. Es musste das Persönliche sein und deswegen auch die Namen im Vordergrund stehen“, sagt Jepsen und ergänzt, „die Forschung zeigt ja auch, du stimmst bei Kommunalwahlen für die Person und nicht für die Partei. Also, man muss die Partei natürlich erwähnen, damit die Leute wissen, auf welchem Stimmzettel sie zu finden sind, aber mehr dann auch nicht“.

Lene Neumann Jepsen, die Kommunikationskonsulentin der SP Foto: Karin Riggelsen

Externe Störfeuer

Nachdem 2018 bekannt geworden war, dass die Datenfirma Cambridge Analytica mit der illegalen Auswertung von 85 Millionen Facebook-Profilen politische Kampagnen wie die Wahl von Donald Trump oder den Brexit beeinflusst hat, müssen auf Facebook nun drei Schritte durchgeführt werden, um Anzeigen schalten und Geld dafür hinterlegen zu dürfen: das Einreichen eines Ausweisdokuments, die Formulierung eines sogenannten Disclaimers, damit neben den Anzeigen steht, von wem sie bezahlt wurden, und das Ankoppeln der Kreditkarte.

Wird ein Schritt falsch ausgeführt, wird der gesamte Antrag nicht mehr genehmigt. Dieser umständliche Prozess war schwierig für einige Kandidatinnen und Kandidaten, die den Vorgang persönlich managen mussten. Bei einigen kämpfte das Wahlkampfteam seit Februar für eine Genehmigung – ein Kandidat hat sie bis heute nicht erhalten. Dennoch befürwortet Lene Neumann Jepsen diese Transparenz.

In der Woche vor der Wahl dann das Desaster: Die Seite der SP wurde für vier Tage gesperrt. Die genauen Gründe dafür kennt das Team nicht. Es könne einer von Dutzenden sein, so Lene Neumann Jepsen, doch welcher, das hat Facebook nicht mitgeteilt. Auch andere Parteien habe bereits dasselbe Schicksal ereilt. Nur dass die großen Parteien besser vernetzt seien mit dem Facebook-Support und für gewöhnlich schnell wieder entsperrt würden.

Solch eine Sperrung sei natürlich ungemein ärgerlich, denn sie koste das Koordinationsteam wertvolle Zeit. Zeit, die in den Wahlkampf investiert werden könne und müsse.

„Eigenlob (stinkt)“

Zusammenfassend sei Lene Neumann Jepsen zufrieden mit dem Wahlkampf und der Arbeit des Teams. „Ich weiß, Eigenlob stinkt“, schmunzelt sie, „aber wir können auch sehen, was die Kandidatinnen und Kandidaten von anderen Parteien an Videos etc. produziert haben, und da waren wir schon echt gut mit dabei, und da sind wir auch stolz drauf.“ Sie führt aus: „Wir haben richtig priorisiert und hatten eine gute Balance zwischen den Print-Anzeigen, Website-Anzeigen, Google Ads und Social Media.“

Auswertung und das erste freie Wochenende

Nächste Woche stehe die Evaluierung an, um zu besprechen, was gut lief, wo bei der nächsten Wahl anders angesetzt werden muss, und um den Vergleich zu anderen Parteien zu ziehen. Durch den historischen Erfolg der SP in Tondern, die den neuen Bürgermeister Jørgen Popp Petersen von der deutschen Minderheit stellt, sei nun natürlich auch ein immenses Interesse anderer Medien auf nationaler Ebene und aus Schleswig-Holstein vorhanden, das gestillt werden müsse.

Somit höre die Arbeit mit dem Wahltag nicht auf, auch die Nachbearbeitung erfordere Zeit und Energie. Mit dem immensen Aufwand habe Lene Neumann Jepsen nicht gerechnet, auch wenn sie sich der Arbeit bewusst war. „Ich habe seit vier Wochen kein Wochenende mehr gehabt, das hole ich nun nach“, lacht Lene Neumann Jepsen. Gelohnt hätten sich die Mühen aber definitiv.

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