BDN-Ausflug

Berlin ist immer eine Reise wert – auch ohne Koffer!

Berlin ist immer eine Reise wert – auch ohne Koffer!

Berlin ist immer eine Reise wert – auch ohne Koffer!

Berlin
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Das Denkmal der ermordeten Juden Europas. Foto: Ilse Marie Jacobsen

Mitglieder des Bundes Deutscher Nordschleswiger verbrachten einige sehr informative und lehrreiche Tage in der deutschen Hauptstadt. Unsere Sonderburger Lokalredakteurin Ilse Jacobsen war mit dabei – und berichtet, was sie erlebt hat.

Kaum eine Stadt ist seit Jahren angesagter als die deutsche Hauptstadt Berlin. Ich habe mich daher auch unglaublich gefreut, als der BDN mir eine Zusage für den nächsten gemeinsamen Ausflug gab.  

Jedes Jahr organisiert der Bund Deutscher Nordschleswiger eine Fahrt nach Berlin für verschiedene Gruppen. In diesem Jahr konnten unter anderem die Mitglieder des Jugendverbands und die Mitarbeiter des „Nordschleswigers“ einige Tage in der Bundeshauptstadt verbringen. Die Kosten übernimmt das Bundespresseamt.

Endlich wieder nach Berlin! Wo sich doch so viel Tolles dort getan hat ... Das voll gepackte Programm war  der absolute Appetitwecker. Drei Tage mit Adressen und Stellen, die man sonst als „normaler“ Tourist nie aufsucht. 
Wer kommt schon hinein in die Deutsche Bundesbank, in den Bundesrat, hinauf in die schöne Kuppel des Reichstagsbäudes, ganz zu schweigen vom Bundesnachrichtendienst oder dem Berliner Rathaus?  Wann hat man mal die Möglichkeit, beim dänischen Botschafter in seiner privaten Residenz gemütlich zu speisen und zu plaudern?

Am Gleis 2

Doch von Anfang an. Um 9.15 Uhr ging es mit dem Zug vom Flensburger Bahnhof aus nach Hamburg. In Hamburg zum Gleis 2, von dem der Schnellzug mit über 200 Stundenkilometern nach Berlin startete. Vorher noch ein paar Zeitschriften, damit die anderthalb Stunden nicht vergeudet werden. Wieder unten auf dem Gleis 2 kam es zu einer Frage, die meine gesamte Berlin-Reise prägen sollte: Eine Teilnehmerin unserer Gruppe fragte ganz vorsichtig: „Bist du dir sicher, dass das dein Koffer ist?“ Ich schaute sie an, und mein Blick wanderte hinunter zum Koffer, der schwarz, mit zwei Reißverschlüssen und blauen Leisten versehen war. Alles, wie es sein sollte – doch der Koffer hatte kein American Tourist Logo! Es war also nicht mein Koffer. Sofort im Laufschritt zurück zum Gleis 11 – aber der Regio-Zug mit meinem „richtigen“ Koffer war schon weg. 

Es war das, was alle Reisenden am meisten befürchten: plötzlich ohne Zahnbürste, Glätteisen, Make-up und Kleidung. Gibt es auf Reisen etwas Schlimmeres? 

Hilfe!

Ein Hilferuf beim Fundbüro der Bahn in Hamburg brachte nicht viel. Mal eben kurz bei dem Regio anrufen und meinen hoffentlich nicht gestohlenen Koffer vom Personal beiseite legen lassen? Nicht machbar. „Rufen Sie um 15.30 Uhr in Kiel an“, so der Mitarbeiter, der erst einmal nach der Telefonnummer suchen musste. Das war’s – ich wollte eigentlich nur noch nach Hause! Kurz darauf kam ein weiterer Mann ins Fundbüro. Ihm war alles abhandengekommen. Er weinte verzweifelt –  er tat mir unglaublich leid. Ich hatte ja noch meine kleine schwarze  Bauchtasche mit Pass und Geldbörse. Um ihn stand es also weitaus schlimmer. 

Jetzt fährst du mit

Wieder unten am Gleis 2 machte mir eine liebe  Kollegin Mut: Jetzt fährst du also mit nach Berlin. Wir helfen dir, wenn du dir ein paar Sachen kaufen musst. Ich stieg also in den Zug nach Berlin. Während wir mit über 200 Stundenkilometern Richtung Berlin sausten, schickte ich per Telefon eine Verlustmeldung an die Deutsche Bahn. Telefonisch erreichte ich niemanden. Kurze Zeit später eine Antwort: Unsere erste Nachforschung hat ergeben, dass sich Ihre Verlustsache nicht in unserem Besitz befindet.  Ja, ja …

„Ja, ja“, war auch ein wiederholter Ausspruch  unserer Stadtführerin Uli Schurich, den sie  mit ihrer lieblichen Stimme und ihrem reizenden Berliner Dialekt bei den Stadtführungen oft wiederholte.  An allen Stationen hatte  sie viele interessante Fakten auf Lager:  vier Millionen Einwohner,  175.000 Studenten, 136.000 Hotelbetten und 146 Großbaustellen. Und 44.000 Gaslaternen, von denen aber nur fünf Prozent bleiben sollen. Es werden täglich 585.000 Liter Wasser von dem gut 7.800 Kilometer Rohrnetz gezapft. Berlin hat (noch) 3.000 Litfaßsäulen, von denen nur 50 erhalten bleiben sollen. 

Café Kranzler, Waldorf Astoria, Gedächtniskirche, Alexanderplatz, Siegessäule, Holocaust-Mahnmal. Ja, ja: Berlin ist eine Reise wert! Selbst ohne Gepäck! 

Das Nötigste

Einen Vorteil gab es in meiner Situation: Es musste keine Tasche ausgepackt werden. Sofort hinüber zur Galerie Lafayette – Unterwäsche und Make-up und beim Apotheker Hautpflegeartikel und Deo. Dann sieht alles doch plötzlich nicht mehr so chaotisch aus. Nach dem Abendessen kam eine andere liebe Kollegin zu mir. Sie hatte mir versprochen, dass ich einige ihrer Kleidungsstücke leihen durfte. Eine Hose und ein schwarzes T-Shirt. So hatte ich am zweiten Tag wieder frische Kleidung am Körper. Am dritten Tag ging es im selben Kleid wie Tag 1 – diesmal ganz geschlossen und Ärmel hochgekrempelt – wieder Richtung Dänemark. Ich war happy – und mein Freund schaute ganz verwirrt, als ich am Bahnhof zum Auto ging. „Wo ist dein Koffer?“, fragte er. Ich hatte ihm nichts erzählt. Er hätte sich nur Sorgen gemacht.

Alles wurde gut

Mein Fazit: Auch wenn es bei einer Reise total chaotisch und völlig hoffnungslos aussieht: Ruhe bewahren. Wenn die anderen Reiseteilnehmer sich ganz fürsorglich nach deinem Wohlbefinden erkundigen, Tipps geben und  helfen: Sei dankbar und freu dich! Ist alles nicht  so schlimm. 
Wie es mit meinem Koffer weiterging? Nach vier Tagen erneut ein negativer Bescheid von DB. Heute weiß ich: Den Koffer immer mit einem bunten Band, einem Namensschild oder einem anderen sicheren Merkmal ausstatten. Auch wenn man im Zug unterwegs ist. Dann ist eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen. 
Aber dann kam die gute Nachricht des Monats: Mein Koffer lag in Flensburg! Diesen guten Telefon-Bescheid hatte  die nette Frau bei der DB in Kiel.  Den Koffer hab ich noch am selben Tag  in Flensburg  abgeholt. 
Ja, ja – alles wurde dann doch noch gut. Und Berlin ist immer eine Reise wert. 

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