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Ausstellung 100 Jahre SP: Eigene Geschichte kritisch im Blick

Ausstellung 100 Jahre SP: Eigene Geschichte kritisch im Blick

Ausstellung 100 Jahre SP: Eigene Geschichte kritisch im Blic

Sonderburg/Sønderborg
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Museumsleiter Hauke Grella (l.) hat die Sonderausstellung „100 Jahre SP" im Deutschen Museum Nordschleswig in Sonderburg gestaltet. Der SP-Vorsitzende Carsten Leth Schmidt war am Tag der Ausstellungseröffnung gekommen, um die Dokumentation in Augenschein zu nehmen. Foto: Volker Heesch

Das Deutsche Museum Nordschleswig in Sonderburg präsentiert Dokumente aus dem politischen Wirken der deutschen Minderheit. Neben Schriftstücken aus den ersten Jahren der Schleswigschen Partei ist auch Propaganda aus der NS-dominierten Phase der Minderheit von 1933 bis 1945 zu sehen.

In diesem Jahr blickt die deutsche Minderheit in Nordschleswig auf ihr 100-jähriges Bestehen zurück. Bereits wenige Wochen nach der staatsrechtlichen Eingliederung Nordschleswigs ins Königreich Dänemark im Juni 1920 gemäß dem Ergebnis der Volksabstimmung in der Zone 1 des Abstimmungsgebietes am 10. Februar des Jahres haben Vertreter der mit 25 Prozent Stimmenanteil beim Plebiszit unterlegenen deutschen Nordschleswiger die Initiative für eine eigene politische Vertretung ergriffen. „Wir haben relativ wenige Dokumente aus den ersten Jahren der SP“, berichtet Museumsleiter Hauke Grella, der eine Sonderausstellung zum Jubiläum im Deutschen Museum Nordschleswig in Sonderburg in Zusammenarbeit mit der inzwischen als Regionalpartei auftretenden Schleswigschen Partei zusammengestellt hat.

Am 15. August 1920 wurde in Tingleff der Schleswigsche Wählerverein gegründet, was das Dokument bezeugt. Der Wählerverein trat mit der Liste Schleswigsche Partei am 21. September 1920 bei der Parlamentswahl an. Mitbegründer Pastor Schmidt-Wodder schaffte den Sprung ins Folketing. Er war anfangs Alleinherrscher im Wählerverein. Foto: Volker Heesch

 

Seit Freitag ist die Ausstellung mit Plakaten, Fotos und vergilbten Schrifstücken, aber auch Videoschirmen während der Öffnungszeiten des Museums zugänglich.

Auch unbequeme Geschichte sichtbar

Eine Eröffnungsveranstaltung gab es aufgrund der Corona-Restriktionen nicht, aber zum Auftakt kam der Vorsitzende der Schleswigschen Partei, Carsten Leth Schmidt, in die Alsenstadt. „Bis vor wenigen Wochen wurde der Bereich mit der SP-Ausstellung noch als Magazin genutzt“, berichtete Ilse Friis, die Vorsitzende des Museums, die sich bei Hauke Grella und dem an der Ausstellungsgestaltung beteiligten Praktikanten Jonny Petersen und Uwe Löh aus dem Kreis der Ehrenamtlichen für den Aufbau und die Gestaltung der Sonderausstellung bedankte. Hauke Grella präsentiert eine Art Geburtsurkunde der SP: die Gründungserklärung des „Schleswigschen Wählervereins“ vom 15. August 1920, zu dessen Vorsitzenden Johannes Schmidt-Wodder gewählt worden war, der bereits vor den Volksabstimmungen eine führende Figur der deutschen Nordschleswiger war.

„Schmidt-Wodder war anfangs im Alleingang als Alleinherrscher aktiv, er riss auch fast alles an sich“, so Hauke Grella, der Carsten Leth Schmidt auch ein kleines Wahlplakat aus den 1960er Jahren präsentiert, auf dem dessen Urgroßvater Hans Schmidt Gorsblock unter dem Slogan „Es gilt die Heimat“ um die Stimmen der Nordschleswiger als Kandidat bei den Folketingswahlen warb.

 

Carsten Leth Schmidt besichtigte auch ein altes Wahlplakat der SP mit dem eigenen Urgroßvater, Hans Schmidt Gorsblock, als Kandidaten für das Folketing. Es läuft auch ein Film mit SP-Wahlwerbung. Foto: Volker Heesch

 

Der „Schleswigsche Wählerverein, an dessen Gründung laut Meldung am 4. August 1920 in der „Neuen Tondernschen Zeitung“ (NTZ) auch der Apenrader Reeder Jacob Jebsen beteiligt war, hat laut NTZ am 13. September eine Parteiliste für die bevorstehenden Parlamentswahlen als Schleswigsche Partei beim dänischen Innenministerium angemeldet. Bei den Wahlen am 21. September 1920 erhielt die SP laut NTZ nur fast 7.000 Stimmen. Das waren deutlich weniger deutsche Stimmen als bei der Volksabstimmung 1920. Schmidt-Wodder warf anschließend den deutschen Sozialdemokraten in Nordschleswig „Mangel an nationaler Disziplin“ vor.

 

Johannes Schmidt-Wodder vertrat die deutsche Minderheit von 1920 bis 1939 im Folketing. Foto: Institut for Sønderjysk Lokalhistorie / Fotograf unbekannt

 

  Bis 1939 vertrat Schmidt-Wodder die deutschen Nordschleswiger auf Christiansborg. Die Ausstellung legt auch Zeugnis ab, wie ab 1933 der Nationalsozialismus die deutsche Minderheit erfasste.

Nazis kaperten die SP

„Die NS-Führung in Nordschleswig trat nicht mit ihrer NSDAP-N bei den Wahlen an“, berichtet Hauke Grella und erläutert, dass die Nazis vermutlich die SP-Liste kaperten, weil diese bereits über die behördliche Zulassung verfügte. Und er berichtet weiter: „Nach vorliegenden Dokumenten bestand der Schleswigsche Wählerverband über den Zweiten Weltkrieg hinaus. Im Archiv der deutschen Minderheit, das im Museum in Sonderburg untergebracht ist, gibt es neben Wahlplakaten aus der NS-Periode vor allem Material zur SP aus der Nachkriegszeit. „Die alten Plakate aus den 1920er Jahren waren noch keine professionelle Propaganda“, so Grella und verweist auf raffinierte Gestaltung von Beispielen aus den 1930er Jahren.

 

Die nationalsozialistische Führung der deutschen Minderheit nutzt nach 1933 die Liste Schleswigsche Partei für ihre Propaganda und Wahlagitaion. Foto: Deutsches Museum Sonderburg

 

„Daran wirkte auch der bekannte Maler A. G. Nissen mit“, so Grella. „Hier wird nichts unter den Teppich gekehrt“, unterstreicht SP-Chef Carsten Leth Schmidt angesichts der „braunen“ SP-Plakate. Er erinnert daran, dass die deutschen Nordschleswiger sich vor allem auch deshalb den Nazis anschlossen, weil sie sich von diesen eine Grenzrevision erhofften. Eine neue Entscheidung über die Grenze war eine Hauptforderung der SP seit 1920 gewesen. Zur Nachkriegszeit nach 1945 erläutert Hauke Grella, dass die SP lange „keine richtige Partei gewesen“ sei. Man habe sich meist erst kurz vor den Wahlen positioniert und Kandidaten aufgestellt.

 

Im Deutschen Museum war Praktikant Jonny Petersen (l.) neben Museumsleiter Hauke Grella am Aufbau der SP-Jubiläumsausstellung beteiligt. Foto: Volker Heesch

 

Erst in den 1980er Jahren habe man mit einem Parteisekretär und Parteigremien die Weichen gestellt, um als Regionalpartei und Interessenvertretung Nordschleswigs und der deutschen Nordschleswiger ein klares Profil zu bekommen.

Alte Wahlfilme

In der Ausstellung erinnern per Videoprojektion abrufbare Filme unter anderem mit Äußerungen von Kandidaten wie Dieter Wernich und dem BDN-Generalsekretär Rudolf Stehr als Moderator an Wahlkampf in alten Zeiten.
 

Das SP-Amtsratsmitglied Hermann Heil warb mit Pfeffer und Salz für die SP, die Nordschleswig Würze geben sollte. Ein Blick auf einen Werbefilm aus dem Jahr 1985. Foto: Volker Heesch

 

Zu sehen ist auch ein „TV-Syd“-Farbfilm aus dem Jahre 1985, in dem der damalige SP-Vertreter im Amtsrat, Hermann Heil, augenzwinkernd Suppe kocht und mit den SP-Symbolen, Pfeffer- und Salzfässern, die passende Würze liefert. Dazu humorvolle Sprüche auf „Sønderjysk“. Es fehlen auch nicht die Plakate aus den vergangenen Jahren, als es der SP nach Jahren mit Stimmenverlusten besonders nach der Kommunalreform 2007 gelungen ist, eine Vertretung in allen vier Kommunalparlamenten Nordschleswigs zu erreichen und als Regionalpartei konstruktiv an der Gestaltung des Landesteils und des deutsch-dänischen Grenzlandes mitzuwirken.    

 

 

Die Öffnungszeiten des Deutschen Museums Sonderburg

Montag 10-16 Uhr 

Dienstag geschlossen
Mittwoch geschlossen
Donnerstag 10-16 Uhr 

Freitag 10-16 Uhr

Sonnabend 10-16 Uhr 

Sonntag geschlossen

 

 

 

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