Gesellschaft

Däne in Flensburg nicht bedient

Däne in Flensburg nicht bedient

Däne in Flensburg nicht bedient

Sebastian Möbius
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Ein dänischer Kunde wurde in einem Flensburger Friseurgeschäft abgelehnt und beleidigt. Foto: Adobe Stock

Ein dänischer Kunde wird in einem Flensburger Friseursalon abgewiesen und als „Scheiß Däne“ beschimpft. Ein Einzelfall, versichert ein Sprecher des Gewerbes. Die Dänen seien willkommene Kunden. Doch wie kommt es zu so einer Ablehnung? Eine Spurensuche.

Ein dänischer Kunde bekommt aus „Zeitgründen“ keinen Termin mehr in einem Friseurgeschäft. Daraufhin wird er von der Mitarbeiterin beleidigt. Ist es ein Einzelfall oder gezielte Ablehnung gegenüber dänischen Kunden, und was könnten die Gründe dafür sein?

Trinkgeld als möglicher Stolperstein

Dass es in Deutschland üblich ist, nach einem Gastronomie- oder Friseurbesuch Trinkgeld zu geben, ist hingegen in Dänemark nicht gang und gäbe.  Im Königreich kennt man es einfach nicht, den Dienstleister mit einem zusätzlichen Obolus nach getaner Arbeit zu belohnen.

Es ist an einem einfachen Beispiel erklärbar. Der Däne denkt sich, dass ein Friseur seine Arbeit auch nur ausführt, wie das ein Arzt tun würde, und der Doktor bekommt ja auch kein Trinkgeld vom Kunden für seine Arbeit. Deshalb könnte es ein Stolperstein in Deutschland sein, wenn Dänen im Restaurant oder Friseursalon kein Trinkgeld geben und deshalb dort in Deutschland auch nicht gerne gesehen sind.

Martin Klatt von der Süddänischen Universität und ehemaliger Grenzforscher sagt zu der Thematik: „Dass das mit dem Trinkgeld nicht so klappt in Deutschland ist ja schon seit Jahren bekannt, aber aus diesem Grund kann das doch nicht im Interesse der Betreiber sein, einen Kunden ungern oder gar nicht zu bedienen.“

Ähnlich sieht das der Tourismusverband Flensburger Förde. Tourismus-Chef Gorm Casper betont: „Ohne die Dänen hätten wir keine Attraktivität in der Flensburger Innenstadt. Sie retten größtenteils unseren Handel.“

Auf die Problematik angesprochen, dass Dänen oftmals kein Trinkgeld geben dementiert Casper deutlich: „In Flensburg akzeptieren es die Gastronomen grundsätzlich, wenn Dänen kein Trinkgeld geben. Da ist niemand böse auf den Kunden. Mittlerweile ist es aus meiner Sicht aber so, dass viele Kunden aus Dänemark den symbolischen Euro als Trinkgeld geben.“

Beleidigung im Flensburger Friseursalon

Ende Juli diesen Jahres ging ein Kunde in ein Friseurgeschäft der Kette „Klinck“ im Citti-Park in Flensburg. Da es schon früher Abend war, wollte der Salon zeitiger schließen, um noch Zeit zum Saubermachen zu haben. Deshalb wies die Mitarbeiterin den dänischen Kunden ab. Auf dem Weg zum Parkhaus entdeckte der Kunde aus Dänemark eine diensthabende Mitarbeiterin rauchend am Salon.

Auf seine Aussage. „Zeit zum Rauchen hast du ja“, wurde ihm ein „Ja - Scheiß Dänen“ entgegnet. In einem Beschwerdeschreiben an das Unternehmen „Klinck“, welches dem „Nordschleswiger“ vorliegt, macht der Kunde auf diesen Vorfall aufmerksam. In einer Antwort betont das Unternehmen, dass die betreffende Mitarbeiterin sich in einer Stellungnahme entschuldigt hat.

Hauptproblem ist der Fachkräftemangel

Einer der Hauptgründe für ein solches Fehlverhalten wie im eben erläuterten Fall sieht Hartmut Klotz, Landesinnungsmeister des Friseurhandwerks Schleswig-Holstein, im erhöhten Stress für die Mitarbeiter in dieser Branche. Es fehle einfach an Fachkräften. „Über jeden fähigen Mitarbeiter muss der Friseurberuf heute froh sein,  und wenn es zu  Unterbesetzung kommt, steigt das Stresspotenzial.

Da wird sich das ein oder andere Mal schon auf die Lippe gebissen, wenn es zu Diskussionen mit Kunden kommt“, so Klotz. Jedoch merkt Klotz auch an, dass ihm bis jetzt kein Fall bekannt gewesen sei, bei dem eine Mitarbeiterin einen Kunden aufgrund seiner Herkunft beleidigt hat. Auf der anderen Seite kann er es sich aber auch nicht vorstellen, dass die Unhöflichkeit daran liege, dass dänische Bürger kein Trinkgeld geben würden.

„In der Friseurbranche gibt es den Mindestlohn, da ist im Normalfall kein Trinkgeld nötig.“ In Bezug auf unseren Fall merkt Klotz zudem noch an: „Wenn man sich so einem Kunden gegenüber benimmt, sollte man sich nicht wundern, wenn in Zukunft generell kein Trinkgeld gegeben wird.“

Somit kann festgehalten werden, dass der Vorfall im Friseurgeschäft zwar inakzeptabel war, aber dennoch als Einzelfall betrachtet werden kann.

Am Dienstagnachmittag teilte das Friseurunternehmen „Klinck" dem „Nordschleswiger in einer Stellungnahme mit: „In der uns vorliegenden Stellungnahme und nach einem erneuten persönlichen Gespräch entschuldigt sich die betreffende Mitarbeitern ganz klar für ihren Tonfall, den der dänische Kunde als persönliche Beleidung aufgefasst hat, sie diese aber keinesfalls direkt gegen ihn ausgesprochen hat. Da sich unser Unternehmen stets für einen offenen Umgang einsetzt, möchten wir uns für das aufgetretene Missverständnis und den möglicherweise falsch aufgefassten Tonfall entschuldigen".

 

Mehr lesen

„Mojn Nordschleswig“

Jetzt im Podcast: Mit 18 nach Brüssel und die Trophäe aus Barcelona

Apenrade/Aabenraa Cornelius von Tiedemann begrüßt die Politik-Juniorinnen Amelie Petry und Wencke Andresen, die ihm von ihrer Reise nach Brüssel berichten – und Chefredakteur Gwyn Nissen, der aus Katalonien eine Überraschung mitgebracht hat. Walter Turnowsky befragt die Glaskugel nach dem Termin für die nächste Folketingswahl, und Helge Möller fordert Hannah Dobiaschowski in „Wer hat’s gesagt?“ heraus.

Amelie Petry, Wencke Andresen

Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
„Wenn Minderheiten als Gefahr für andere dargestellt werden“

Diese Woche In Kopenhagen

Walter Turnowsky ist unser Korrespondent in Kopenhagen
Walter Turnowsky Korrespondent in Kopenhagen
„Hurra, der Kindersegen ist ausgeblieben!“