Kommunalpolitik

Viel Kritik, doch der Schulneubau geht weiter

Viel Kritik, doch der Schulneubau geht weiter

Viel Kritik, doch der Schulneubau geht weiter

Tondern/Tønder
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Bis mindestens Dezember müssen die Schüler aus Scherrebek warten, bis sie ihr neues Domizil beziehen können. Foto: Archiv: Elise Rahbek

Schwere Vorwürfe erhebt der Stadtrat der Kommune Tondern gegen die Verantwortlichen für den Bau der neuen Schule in Scherrebek. Doch man müsse sich beziehungsweise der administrative Lenkungsausschuss auch an die eigene Nase fassen, so der Tenor der Sondersitzung. Ob es Konsequenzen für die Verantwortlichen geben wird, ist noch ungeklärt.

Misstrauen, Morast, Katastrophe, ganz und gar unbefriedigend, sehr, sehr dramatische Krise, untragbar. Das waren nur einige der Meinungen, die bei der außerordentlichen Stadtratssitzung am Donnerstagabend, bei der es um den Bau der neuen Schule in Scherrebek ging. Das größte Bauvorhaben in der Geschichte der Großkommune Tondern, das sowohl den Zeitplan als auch den Kostenrahmen sprengt, soll dennoch fortgesetzt werden.

Kein Baustopp

Ein Baustopp wurde abgelehnt. Neuer Schlusstermin ist jetzt der 15. Dezember. Geplant war ursprünglich der Beginn des neuen Schuljahres in August. Wegen des vielen Regen im Herbst und Winter wurde die Frist bis zu den Herbstferien verlängert. Währenddessen kletterten die Kosten von 90 Millionen Kronen in mehreren Etappen auf 103 Millionen Kronen und werden möglicherweise bei 120 Millionen Kronen enden.

Mehrausgaben anstatt Einsparungen

Schwere Kritik wurde am verantwortlichen Architektenbüro Friis & Moltke geübt, das auch der Gesamtberater der Kommune ist. Zu einem juristischen Streit wäre es sogar wegen des geänderten Baumaterials für die Fassade gekommen. Die Firma hatte Einsparungen bei einer Änderung in Aussicht gestellt. Daraus wurden letztendlich Mehrkosten in Höhe von zwei Millionen Kronen. „Es ist nicht auszuschließen, dass wir diese Sache juristisch prüfen lassen“, versicherte Bürgermeister Henrik Frandsen. Die zuständige Beraterfirma der Kommune nennt das schlechte Wetter beim Projektstart und Folgen der Corona-Krise als Gründe der Kostenexplosion, ist sich aber sonst keiner Schuld bewusst.

 

Beim Richtfest im Februar stand die Baustelle unter Wasser. Das ist auch heute noch der Fall. Foto: Archiv: Elise Rahbek

Bei der Sondersitzung des Stadtrates wurde in mehreren Wortbeiträgen deutlich, dass sich die Kommune, sprich ihr administrativer Lenkungsausschuss, auch an die eigene Nase fassen müsse. Dieser begleitet und kontrolliert das Bauvorhaben.

Uns wurde immer wieder versichert, dass alles im Lot sei. Die Antworten entsprachen nicht der Wahrheit.

Kim Printz Ringbæk, Vorsitzender des politischen Lenkungsausschusses

Dazu gibt es den politischen Lenkungsausschuss als weiteres Kontrollorgan. Dessen Vorsitzender Kim Printz Ringbæk (Soz.), der auch Ausschussvorsitzender für den Bereich Kinder und Schulen ist, erklärte, dass es für die Politiker immer um zwei Fragen gegangen sei. Wie sieht es mit der Zeitfrist und den Kosten aus? „Uns wurde immer wieder versichert, dass alles im Lot sei. Die Antworten entsprachen nicht der Wahrheit“, kritisierte Ringbæk.

Bürgermeister übernimmt Verantwortung

 „Für die Verwaltung und die Gesamtleitung der Kommune ist kein anderer verantwortlich als der Bürgermeister. Hat unsere Verwaltung Mist gebaut, ist es auch die Verantwortung des Bürgermeisters“, unterstrich Claus Hansen von der Liberalen  Allianz (LA). „Ich übernehme natürlich die volle Verantwortung, aber auch ihr Kommunalpolitiker, unser Berater und andere sind mitverantwortlich. Das entbindet uns nicht von der Verpflichtung, eine Lösung zu finden. Ich werde nicht kneifen und mich der Verantwortung stellen. Ich hoffe, andere tun das auch“, erklärte Bürgermeister Henrik Frandsen.

Kommune hat gepennt

Claus Hansen, studierter Jurist, hatte sich zur Verfügung gestellt, Frandsen beim bevorstehenden Dialog mit dem gescholtenen Architektenbüro zur Seite zu stehen. Hansen vermutete aber auch, dass die interne Organisation der Kommune gepennt habe. Es müsse Konsequenzen haben, so Hansen. Nur er selbst, die beiden Venstre-Vertreter Leif Høgh Jensen und Poul Erik Kjær, sowie Jens Møller (fraktionslos) wollten den LA-Politiker an den Verhandlungen teilnehmen lassen. Beim Dialog sollen die Vorgänge, die Kostenentwicklung und das Weiterkommen erörtert werden.

Beim ersten Spatenstich Ende April 2016 war die Welt noch in Ordnung und die Sonne schien. Foto: Archiv: Elise Rahbek

 

Immer noch Regenpfützen

Im Rohbau stehen wie beim Richtfest Ende Februar immer noch Regenpfützen. Deswegen wurde damals schon die Fertigstellung vom August bis zu den Herbstferien verlängert. Die Wände hätten sich mit Wasser vollgesogen und es gebe Mängel und Fehler, erklärte der Bürgermeister. Dies hatte das sozialdemokratische Stadtratsmitglied Harald Christensen, der Architekt ist, bei einem Besuch der Baustelle am Vortag mit eigenen Augen gesehen. Die Stimmung auf dem Platz sei betrübt und verärgert. „Dies ist ein wahrer Morast. Und ich fürchte leider, dass das noch nicht das Ende vom Lied ist. Es ist bedauerlich, dass es zu einem Kampf um den Ball zwischen den Beratern, den Unternehmern und der Kommune gekommen ist. Aber seitens der administrativen Lenkungsgruppe hätte man auch gerne etwas aktiver vorgehen dürfen“, bemängelte Christensen.

Auch eigene Fehler eingestehen

Jørgen Popp Petersen, Schleswigsche Partei, unterstrich, dass es die Aufgabe des Bürgermeisters sei, die Verhandlungen zu führen. „Wir erwarten Antworten, auch dazu, wenn wir als Kommune Fehler begangen haben“.

Dass die entstandene Krise Folgen für die „Schuldigen“ haben müsste, kam in mehreren Wortbeiträgen zum Ausdruck. Abstriche am Projekt sollen trotz Kostenexplosion nicht vorgenommen werden. Man wolle eine funktionstüchtige und moderne und keine halbfertige oder amputierte Schule haben. Die Mehrausgaben sollen zunächst aus der kommunalen Kasse finanziert werden.

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