Deutsche Minderheit

Unterhaltsames Treffen mit falschen Freunden

Unterhaltsames Treffen mit falschen Freunden

Unterhaltsames Treffen mit falschen Freunden

Tondern/Tønder
Zuletzt aktualisiert um:
Volles Haus im Brorsonhaus

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Eckhard Bodenstein gab auf humorvolle Art einen Einblick in dänisch-deutsche Missverständnisse. Von direkten Übersetzungen kann sich so manch einer auf Glatteis führen lassen. So muss ein radikaler Bürgermeister nicht unbedingt böse sein.

Auf viel Resonanz stieß die gemeinsame Veranstaltung der Deutschen Bücherei Tondern und des deutschen Gemeindeteils im Brorsonhaus in Tondern.

Im Rahmen der Kulturtage in der Kommune Tondern zum Thema „Was uns verbindet“ rückten die deutsche und die dänische Sprache in den Mittelpunkt.

Mit seinem Wörterbuch „Falske venner & Co“ als Ausgangspunkt nahm der frühere Dozent an der Uni in Flensburg und der ehemalige Schulleiter der Petri-Schule in Kopenhagen, Eckard Bodenstein, die Teilnehmenden auf eine amüsante Reise durch dänisch-deutsche Missverständnisse mit.

1.000 Auslöser für Missverständnisse

Eckhard Bodenstein hat sich etwa 1.000 Redewendungen vorgeknöpft, die von Deutschen oft missverstanden werden.

Dabei entpuppte sich, dass der Schein bei einigen Begriffen trügt, wenn sie auf den ersten Blick als einfache Übersetzungen anmuten. Am anderen Ende kommt dabei eine ganz andere Bedeutung heraus.

So sind zum Beispiel „hårde hvidevarer“ keine gestärkte Weißwäsche, sondern Kühlschränke und Waschmaschinen, wie in seinem Ratgeber nachgelesen werden kann.

„Det rene barnemad“ ist keine Babynahrung, sondern die Bedeutung „das ist ein Kinderspiel“ ist gemeint.

Pastorin Dorothea Lindow und Büchereileiterin Marie Medow (v. l.) bei ihrer zweisprachigen Begrüßung Foto: Monika Thomsen

Der Dirigent, der keine Musik dirigiert

Der Referent mit löste mit seinen Ausführungen nicht nur Schmunzeln, sondern auch Lachen aus. Die verschiedenen Beispiele wurden teils auch im Nachhinein intensiv erörtert und manch einer ertappte sich vielleicht selbst dabei, den falschen Freunden auf den Leim gegangen zu sein.

Als Beispiel, dass sich bei der deutschen Minderheit in Dänemark auch Danismen eingeschlichen haben, erwähnte Bodenstein im Zusammenhang mit einer Generalversammlung. Da stand auf der Tagesordnung die Wahl eines Dirigenten anstelle eines Versammlungsleiters.

Die Zuhörerinnen und Zuhörer erfuhren, dass ein „husmand“ (Häusler) kein Hausmann ist und der Bürgermeister einer Gemeinde muss nicht böse sein, weil er radikal ist. 

Die Veranstaltung lockte alle Altersklassen an. Foto: MonikaThomsen

Die Rolle von Englisch

Bodenstein veranschaulichte anhand einer Tragetasche vom Cittipark in Flensburg, wo eine Eröffnung mit „Inledning“ (Einleitung) übersetzt worden war. „Die haben noch nicht mal ein Wörterbuch“, sagte er mit Blick darauf, dass bei „indledning“ der Buchstabe d unter den Tisch gefallen war.

War er zunächst davon ausgegangen, dass die dänische Sprache mit etwa 5 Millionen Sprechenden gegenüber dem englischen Einfluss verhältnismäßig wehrlos ist, musste er im Zuge seiner „Ermittlungen“ seine Auffassung revidieren.

Dies sei hingegen beim weit größeren deutschen Sprachraum der Fall. Die Beibehaltung dänischer Ausdrücke sei auch auf den Einsatz von „Dansk Sprognævn“ zurückzuführen.

Lockdown oder „nedlukning“

In Dänemark war während Corona von „nedlukning“ die Rede, während es südlich der Grenze der Lockdown war.

Im Deutschen gebe es die Bezeichung „Recycling“ im Dänischen „genbrug“. Deutsch heißt es Countdown, auf Dänisch „nedtælling“. Weitere Beispiele: Comic (tegneserie), Laptop (bærbar), Newsletter (nyhedsbrev), Toaster (brødrister).

Eckhard Bodenstein beim Signieren. Foto: Monika Thomsen

Drei Container für Hausmüll

Erstaunen würde man auslösen, wenn man etwa einem Deutschen erzählen würde, dass man sich im Zuge der neuaufgestellten Müllabfuhr jetzt drei Container vors Haus stellen würde. Dafür reichen Mülltonnen aus.

Erwähnt wurde der „stikker“, der kein Stecker, sondern ein Spitzel oder Landesverräter ist. Eckhart Bodenstein gestand, dass er lange Zeit nicht gewusst hatte, dass es sich bei einem „strandvasker“ um eine Wasserleiche handelt.

Die unterschiedliche Rolle des Genderns

„Ich halte es für sehr interessant, wie Politik in die Sprache hineingeht und es diametral anders gelaufen ist in Dänemark als in Deutschland“, schnitt Bodenstein das Thema Gendern an.

In Deutschland habe die Sprachpolitik nicht vor der Bibel haltgemacht, meinte er mit dem Beispiel: „Du Gott bist uns Vater und Mutter im Himmel“.

In Dänemark hingegen haben die männlichen Unisex-Bezeichnungen Bestand, wie mit dem Begriff Lehrer (lærer) veranschaulichte. Weibliche Ausnahmen seien die Berufsbezeichnungen „Sygeplejerske“ Krankenschwester und „Smørrebrødsjomfru“ (Kaltmamsell).

Ran an die Würste Foto: Monika Thomsen

Wenn aus einer Ratte ein Hase wird

Er zeigte visuelle Beispiele aus Flensburg, wo eingelassen in Steinen sowohl ein Damen- als auch ein Herrenrad markiert, wo es einen Radweg gibt.  Beim Bärendienst in dänischer Sprache sei es eine Frage der Generation, wie dieser gedeutet wird.

Werden Tiere in Redewendungen eingesetzt, können sie nicht eins zu eins übersetzt werden. „En gammel rotte“ ist keine alte Ratte, sondern ein alter Hase. Beim „vandhund“ ist kein Wasserhund, sondern eine Wasserratte gemeint. „En læsehest“ ist wiederum eine Leseratte oder ein Bücherwurm.

„Ich bin total überrascht, dass so viele Leute kommen. Das ist toll. In der Regel sind es zwölf“, so Eckhard Bodenstein zum „Nordschleswiger“.

Dritte und erweiterte Auflage

Mittlerweile gibt es das 2014 erschienene Taschenbuch „Falske venner & Co“ schon in der dritten Auflage.

„Die ist erweitert worden, weil ich so viel Echo erhalten habe, warum das und das nicht mit ist“, so Eckhard Bodenstein. Er erhebt nicht den Anspruch, dass es sich um eine vollständige Sammlung handelt.

Es waren genügend Würste für alle da. Foto: Monika Thomsen

Genügend Würste für alle

Hatten mit 50 Leuten auch mehr als die angemeldeten 42 Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Weg ins Brorsonhaus gefunden, so waren für alle genügend Hotdogs oder Bockwürste da.

„Bitte holt euch noch etwas. Wir wollen jetzt nicht die biblische Geschichte, dass 4.000 Menschen von sieben Broten etwas übrig lassen, spielen“, forderte Pastorin Dorothea Lindow dazu auf, noch mal zuzugreifen.

Nach dem gesungenen Auftakt mit „Wir pflügen und wir streuen“, klang die gelungene Veranstaltung mit dem gemeinsamen Lied „Der Mond ist aufgegangen“ aus.

 

Mehr lesen