Deutsche Minderheit

Schulrat: Meinungsfreiheit soll nicht in Frage gestellt werden

Schulrat: Meinungsfreiheit soll nicht in Frage gestellt werden

Schulrat: Meinungsfreiheit soll nicht in Frage gestellt werden

Apenrade/Tondern
Zuletzt aktualisiert um:
Foto: Archiv: DN

Nachdem berichtet wurde, dass ein Schüler der Ludwig-Andresen-Schule entlassen worden sei, weil seine Mutter sich gegenüber Medien kritisch zur Schule geäußert habe, melden sich der Vorstandsvorsitzende und der Schulrat zu Wort und stellen den Fall in ein anderes Licht.

An der Ludwig-Andresen-Schule (LAS) in Tondern wurde das Schulverhältnis eines Schülers aufgelöst. Medien berichteten, dass das aufgrund von kritischen Äußerungen der Mutter gegenüber der Presse geschah. 

In einer Stellungnahme an den Nordschleswiger stellt Claus Diedrichsen, Schulrat des Deutschen Schul- und Sprachvereins für Nordschleswig, das jedoch anders dar.

 „Es ist nicht beabsichtigt, dass die Freiheit zur Meinungsäußerung infrage gestellt werden soll, so wie es nun durch Presse und Medien allein auf der Grundlage der Aussage der Mutter geschehen ist“, schreibt er in der Stellungnahme. 

Steht hinter Aussage von Schulvorstand

Damit stellt er sich auch hinter die Aussage des LAS-Vorstandsvorsitzenden Jesper Jessen, der in einem Interview mit DR P4 Syd erklärte, dass die Zusammenarbeit mit den Eltern wegen fehlender Kooperationsbereitschaft seitens der Eltern beendet worden sei. 

Diedrichsen meint dazu: „Ein erfolgreiches Schulverhältnis lässt sich nur durch konstruktive und auf Vertrauen basierende Zusammenarbeit gewährleisten“, schreibt er und ergänzt: „Es ist für die Schule nicht möglich, mit ihrer Darstellung an die Presse zu gehen, wenn dadurch per Gesetz geschützte persönliche Daten an die Öffentlichkeit gelangen.“ 

Das sei für die Schule und für die Klärung der Angelegenheit von Nachteil, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme weiter. 

„Für die Entscheidung, die Zusammenarbeit mit den Eltern zu beenden, ist allein die Schule verantwortlich“, erklärt Diedrichsen und schreibt weiter, „dass der DSSV über die Vorgehensweise der LAS informiert ist und als Berater zur Seite steht“. 

Der DSSV werde sich nun mit den relevanten übergeordneten Fragen auseinandersetzen und versuchen, diese im politischen Raum zu klären, so der Schulrat.

Diedrichsen weist außerdem darauf hin, dass es seines Erachtens „unangemessen und unverhältnismäßig ist, wenn in diesem Fall der ganze Sektor der freien Schulen auf die Anklagebank gesetzt wird“. 

LAS in starkem Gegenwind

Kürzlich erhielt Line Hansen, die Mutter eines Schülers der Ludwig-Andresen-Schule in Tondern, einen Brief ins Haus, in dem den Eltern mitgeteilt wurde, sie müssten für ihren Sohn bis zum Ende der Weihnachtsferien eine neue Schule suchen. Als Begründung für den Schritt wird in dem Brief, der von den beiden Schulvorstandsvorsitzenden, Jesper Jessen und Randi Atiser, unterzeichnet wurde, genannt, dass die Mutter sich in der Presse kritisch über die Schule geäußert habe. 

Line Hansen meint, dass sie ihr Recht auf Meinungsfreiheit in Anspruch genommen habe.

In dem Schreiben des Vorstandes heißt es unter anderem: „Als Elternteil an einer freien Grundschule ist es notwendig, Loyalität gegenüber der Schule zu zeigen. Genauso ist es notwendig, zu einer positiven Zusammenarbeit beizutragen. Nach Auffassung der Schule ist das nicht möglich, wenn du die Schule weiterhin in den Medien kritisierst (...). Es ist die Auffassung des Vorstandes, dass deine Kritik auf Fakten basiert, die nicht korrekt wiedergegeben wurden, worauf du aufmerksam gemacht wurdest.“

Kündigung kam überraschend

Die Kündigung der Zusammenarbeit mit der Schule kam für Line Hansen und ihren Mann überraschend, wie sie kürzlich gegenüber JydskeVestkysten erklärte. Das meint Jesper Jessen jedoch nicht.Er berichtet gegenüber JydskeVestkysten weiter, dass vonseiten der Schule und des Vorstandes seit Anfang des Herbstes versucht worden sei, in den Dialog mit den Eltern zu kommen.  

Von der Formulierung im Brief distanziert sich allerdings Jesper Jessen am Freitag in einem Interview mit DR P4 Syd. Dort erklärt er, dass „die Formulierung sehr unglücklich gewählt wurde, weil der Eindruck entsteht, dass der Verweis aufgrund der Kritik in den Medien ausgesprochen wurde. Aber es war wegen der fehlenden Zusammenarbeit, die nicht erreicht werden konnte“. 

Line Hansen hatte unter anderem kritisiert, dass die Schule im Fall des kürzlich wegen Gewaltanwendung gegenüber Schutzbefohlenen verurteilten Lehrers der LAS nicht früh genug gehandelt hätte. 

Die Kritik solle, wenn es sich um konstruktive Kritik handeln soll, an denjenigen gerichtet werden, der kritisiert werde. Das sei die Basis für Zusammenarbeit, erklärt LAS-Vorstandsvorsitzender Jesper Jessen. „Da das nicht geschah, sehen wir die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit als nicht gegeben“, so Jessen weiter. 

Freie Schulen können über Beschulung entscheiden

Laut dem Gesetz für Freischulen (Friskoleloven) können die freien und privaten Schulen im Rahmen ihrer selbst gesteckten Bedingungen entscheiden, welche Schüler sie aufnehmen und beschulen. 

Friskoleloven §1

Friskoler og private grundskoler (frie grundskoler) kan inden for rammerne af denne lov og lovgivningen i øvrigt give undervisning, der stemmer med skolernes egen overbevisning, og tilrettelægge undervisningen i overensstemmelse med denne overbevisning.Skolerne afgør inden for de samme rammer frit, hvilke elever de vil have på skolerne.

Laut den Kinderkonventionen der Vereinten Nationen sollen die betroffenen Kinder gehört werden, wenn sie der Schule verwiesen werden sollen. Darauf antwortet Vorsitzender Jessen gegenüber JydskeVestkysten: „Ich möchte hier ganz deutlich machen, dass wir das Kind nicht der Schule verwiesen, sondern die Zusammenarbeit mit den Eltern beendet haben. Das ist übrigens das erste Mal in meiner nun eineinhalbjährigen Zeit als Vorsitzender, dass wir das gemacht haben. Wir haben das Kind nicht einbezogen, werden aber unsere Prozedur für zukünftige An- und Abmeldungen durchgehen.“

Schulpolitische Sprecherin hat Fall im Blick

Die schulpolitische Sprecherin Anni Matthiesen (Venstre) hat sich nun des Falles angenommen. Sie wundert sich über den Entschluss des LAS-Vorstandes. „Freie Schulen sollten für die Meinungsfreiheit stehen. Das ist ein Teil der demokratischen Gesellschaft. Sollte es keine anderen Gründe für die Kündigung der Zusammenarbeit geben, ist das ein sehr schwerwiegender Fall“, sagt sie gegenüber JydskeVestkysten. 

Sie erklärt weiter, dass sie es lieber gesehen hätte, wenn die Schule in noch größerem Maße versucht hätte, nach der Zusammenarbeit mit den Eltern zu suchen. „Es ist das erste Mal in meiner Zeit, dass ein Schüler entlassen wird, weil die Mutter Kritik übte. Statt diese Karte zu ziehen, hätte versucht werden sollen, eine gemeinsame zielgerichtete Lösung zu finden“, meint Matthiesen. 

Sie will sich nun an den Verein der freien Schulen (Friskoleforeningen) wenden, um zu erfahren, ob der Fall dort bekannt ist. 

Mehr lesen