Lokalhistorie
Bei Else Harck steht ein Stück Tonderner Stadtgeschichte im Schrank
Bei Else Harck steht ein Stück Tonderner Stadtgeschichte im Schrank
Else Harck besitzt ein Stück Tonderner Stadtgeschichte
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Die passionierte Lokalhistorikerin sammelt Produkte von der einstigen Fayence- und Porzellanfabrik in Tondern. Kaum jemand kennt diesen Betrieb noch, der schon vier Jahre nach seiner Gründung im Jahre 1955 geschlossen wurde. Teile der Harckschen Sammlung werden jetzt ausgestellt.
Es sind weder Produkte von Rosenthal noch Meißen und sie sind von bescheidenem Wert. Dennoch stehen in Else Harcks Schrank in Tondern unter anderem 14 verschiedene Teekannen, die in der 1951 gegründeten Tonderner Fayence- und Porzellanfabrik hergestellt wurden. Sie sind ein Stück Wirtschaftsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg.
„Ich mag die Sachen und ich habe wie mein Vater ein Sammlergen“, erzählt die passionierte Lokalhistorikerin und langjährige, ehrenamtliche Archivmitarbeiterin des lokalhistorischen Vereins.
So begeistert wie sie für die Ausstellungsstücke ist, ist auch der Geschäftsmann Dirk Andresen, der für Harcks Porzellan Platz im Schaufenster seines Laden Glaskunsten geschaffen hat. Auch in der kommenden Woche können die zerbrechlichen Sammelstücke von Else Harck im Glasgeschäft bewundert werden.
Denn die Existenz von Tønder Fajance- og Porcelænsfabrik war dem eingefleischten Tonderaner so neu wie vielen anderen auch, die sich eigentlich in der Lokalgeschichte der Stadt Tondern gut auskennen.
Offizielle Papiere zu dieser Firma gibt es kaum. Als Mitarbeiterin des lokalhistorischen Archivs wusste Else Harck, wo sie suchen musste, blätterte dort in alten Zeitungen und wurde fündig.
Doch nur in kleineren Artikeln wurde über diese neue Produktionsstätte berichtet, die der heimische Wirtschaftsausschuss unbedingt nach Tondern holen wollte. Dafür sorgte der Geschäftsmann Fritz Christiansen (MC Christiansen) aus Tondern. Die Fabrik zog von Kopenhagen an die strukturschwache Westküste und bot unter anderem auch Frauen einen Job.
Dass sich Else Harck im Besitz einer kleineren Sammlung befindet, ist dem Umstand geschuldet, dass sie öfter Aksel und Alma Mikkelsen besuchte und aus Tassen made in Tondern Kaffee getrunken hat. Mikkelsens Holz- und Kohlehandlung kaufte die Fayencen als Firmengeschenke.
In späteren Jahren schenkte Alma Mikkelsen Else Harck mehrere Gegenstände der Manufaktur. Die Ersten bekam sie wohl in den 1960-er Jahren, schätzt sie. Weitere fand sie auf Flohmärkten, unter anderem auf dem Markt in Brørup.
„Das Porzellan, das nicht sehr wertvoll ist, steht bei mir im Schank. Ich benutze es nicht“, so Else Harck, die auch ältere Holmegaard-Fabrikate sammelt. Das bei Dirk Andresen ausgestellte Porzellan sei nur ein kleiner Teil ihrer Sammlung.
Die Geschichte der Porzellan- und Fayence-Fabrik
Die Fayence- und Porzellanfabrik hatte ihren ursprünglichen Sitz in Kopenhagen. Da man dort nicht ausbauen konnte, holte Geschäftsmann Fritz Christiansen (1892 als M. C. Christiansen gegründet) den Betrieb nach Tondern, der aber nur eine kurze Lebensdauer hatte.
Christiansens kauften das Gebäude 1951 an der Markgade 26. Schon vier Jahre später war es dort zu Neujahr 1955 Schluss mit der Herstellung von Teekannen, Tassen und Aschenbechern in verschiedenen Glasuren.
Es brennt kurz nach der Eröffnung
Aufgrund der großen Nachfrage wurde mit der Porzellan-Herstellung für den heimischen Markt und für den Export begonnen. Erst danach sollte die von geringerer Qualität gefertigten Fayencen dazukommen.
Das Ende drohte schon früher, als die Brennöfen bereits im Oktober des Gründungsjahres einen Brand in der neu eröffneten Fabrik entfachten. Zwei Jahre später wurde bekannt, dass es um die Finanzen des Betriebs schlecht bestellt war.
Einst Pferdeställe für Brauerei
Familie Christiansen hatte die Produktionsräume an der Markgade von der Eierpackerei Odense Ægforretning übernommen. Nach der Porzellanfabrik erwarb Wilhelm Knudsen (WK-Fabrikken) die historischen Gebäude, die einst als Pferdeställe für die Viktoria-Brauerei gebaut worden waren. Bei ihm wurden Fenster und Türen hergestellt. Gleiches tat Thomas Selmer nach der Betriebsübernahme als letzter Besitzer. Anfang der 2000-er Jahre wurden die Gebäude abgerissen, um Platz für neue Wohnungen zu machen.