Umwelt und Natur

Nationalparkkommune im „Naturkapitalindex“ weit hinten

Nationalparkkommune im „Naturkapitalindex“ weit hinten

Nationalparkkommune im „Naturkapitalindex“ weit hinten

Tondern/Tønder
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Das Wattenmeer ist in der Kommune Tondern ein Aushängeschild bei den Bemühungen, auswärtigen Gästen und Einheimischen die Natur als Reichtum darzubieten. Auf dem Foto ein Blick auf das Watt vor dem Emmerleffer Kliff mit der Jerpstedter Kirche im Hintergrund Foto: Volker Heesch

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Der Vorsitzende des Tonderner Lokalverbandes von Danmarks Naturfredningsforening ist verwundert über Rang 50: Insel Fanø Spitzenreiter. Jan Ravnborg vermutet Einstufung der Marsch als Agrarfläche als Nachteil bei der Bewertung.

Jan Ravnborg ist Vorsitzender von Danmarks Naturfredningsforening in der Kommune Tondern. Er nimmt gerne Interessierte mit auf vogelkundliche Touren am Wattenmeer. Foto: JV/Jacob Schultz

 Der dänische Naturschutzverband „Danmarks Naturfredningsforening“ (DN) hat von Wissenschaftlern der Universität Aarhus eine nach einem „Naturkapitalindex“ errechnete Rangliste der 98 dänischen Kommunen aufstellen lassen, die vor allem Kommunalpolitikern vermittellen soll, wo zugunsten der Natur noch Hausaufgaben zu erledigen sind. Auf dem ersten Platz ist die Inselkommune Fanø gelandet, weil dort der Anteil der Schutzgebiete und dort lebender schützenswerter Arten besonders hoch sei.

Alle Kommunen Nordschleswigs unter „ferner liefen“

Die vier nordschleswigschen Kommunen liegen auf der Liste der „Naturkommunen“ weit hinten. Die Kommune Tondern, deren Areal teilweise als Nationalpark Wattenmeer eingestuft ist, kommt mit Rang 50 in Nordschleswig noch am besten davon. Es folgt Apenrade (Aabenraa) auf Position 66, Hadersleben (Haderslev) rangiert auf Platz 76, und Sonderburg liegt auf Rang 83.

 

Der Vorsitzende des Kommunalverbandes Tondern bei „Danmarks Naturfredningsforening“, Jan Ravnborg, ist verwundert über die Position Tonderns so weit hinten. Nach einem Blick auf die Tabelle mit den „Werten“ Tonderns, die zwar Moore und Wald als Naturpunktelieferant zeigt, aber wegen des großen Anteils von über 70 Prozent „Feldern“ an der Kommunalfläche mit wenig Naturwert stellt Ravnborg fest: „Ich glaube, da ist die gesamte Marsch als Agrarfläche eingestuft worden.“

 

Die Wattflächen, auf dem Foto Austernfischer bei Hoyer, sind offenbar nicht als Naturpluspunkte der Kommune Tondern berücksichtigt worden. Foto: Volker Heesch
Der Naturindex der Kommune Tondern zeigt, dass es wenig Wald und viel Agrarfläche innerhalb der Kommunegrenzen gibt. Foto: DN / DCE

Kommune Tondern mit Naturschutzeinsatz

„Und es müssen auch die ganzen Wattenmeerbereiche unter den Tisch gefallen sein“, so der Naturexperte, der unter anderem auch bei vogelkundlichen Führungen Interessierten beispielsweise am Deich der Ballumer Marsch die heimische Natur vorstellt. „Der schlechte Rang kann natürlich als Ansporn für unsere Kommunalpolitiker betrachtet werden“, so Ravnborg, der aber auch Lob für seine Heimatkommune hat, in der während der vergangenen Jahrzehnte Projekte zur Renaturierung von Wasserläufen, Wiedervernässungen von Feuchtgebieten wie dem Söllstedter und Kuxbüller Moor sowie die Schaffung großer Natura-2000-Gebiete in der Tonderner Marsch realisiert oder in Angriff genommen wurden.

Aufhebung des Schutzes

„Es gibt auch Einsatz zur Förderung der Artenvielfalt“, berichtet Ravnborg, der aber auch daran erinnert, dass vor einigen Jahren Gebiete ihren Schutzstatus als internationales Naturschutzgebiet verloren haben. Das ist allerdings auf Betreiben der damaligen Regierung Løkke Rasmussen und nicht auf Initiative der Kommune passiert. Beim Blick auf die landesweite Rangliste meint Ravnborg, dass offenbar der Waldanteil in den Kommunen eine große Rolle spielt.

 

Der Bollerslebener Wald ist bekannt für seine große Artenvielfalt. Er hat den Status Urwald. Foto: Volker Heesch

 

Alle Kommunen Nordschleswigs besitzen auch wertvolle Wälder   

„Da sieht es bei uns in Nordschleswig überall schlecht aus“, erklärt er. Tondern hat trotz verschiedener Aufforstungsprojekte und des unter Biologen hoch geschätzten Urwaldes Drawitter Wald einen Waldanteil von weniger als 10 Prozent. Auch Nordschleswig-Schlusslicht Sonderburg kommt kaum über zehn Prozent Waldanteil, trotz der in der Kommune liegenden naturnahen Wälder um Gravenstein (Gråsten) oder auf Nordalsen. Hadersleben und Apenrade haben mehr Waldanteil. Allerdings wird deren Naturwert nicht so hoch taxiert. Vermutlich, weil es dort zwar mit dem Pamhuler Wald oder dem wegen seiner Artenvielfalt gerühmten Bollerslebener Wald einzelne Naturschatzkammern gibt, allerdings ein größerer Anteil aus Aufforstungen mit standortfremden Nadelhölzern besteht. Im Naturindex, den man im Internet unter https://biodiversitet.nu/naturkapital findet, sind auch Grünflächen in den Orten als Pluspunktlieferanten aufgeführt.

Erst vor einigen Monaten hatten Forscher der Universität Aarhus berichtet, dass die Grünflächen in den Siedlungen, seien es private Gärten oder Parks, für viele Arten zum Rückzugsgebiet geworden sind, unter anderem, weil in vielen Agrargebieten die Bewirtschaftung intensiviert worden ist. Beim Naturschutzverband DN heißt es zur neuen Rangliste, dass die Kommunen sich nach vorn arbeiten können, indem sie neue Schutzgebiete zugunsten bestimmter Tier- und Pflanzenarten ausweisen oder die Extensivierung auf Landwirtschaftsflächen fördern. Pluspunkte gibt es aber auch bereits, wenn die Kommunen die Bestände seltener Pflanzen und Tiere erfassen und kartieren. 

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