Tønder Festival
Vor 50 Jahren auf der Bühne – und auch das Publikum ist noch da
Vor 50 Jahren auf der Bühne – und auch das Publikum ist noch da
Vor 50 Jahren auf der Bühne – und das Publikum ist noch da
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Die Kontraband kehrte am Donnerstag zum Tønder Festival zurück – dorthin, wo sie vor fünf Jahrzehnten einen ihrer ersten Auftritte hatte. Fast alle Bandmitglieder von 1974 waren dabei.
Es ähnelt fast einer archäologischen Sensation, historisch war es allemal, was sich am Donnerstagmittag auf einer kleinen Bühne vor dem Tonderner Bahnhof abspielte: Die Gruppe Kontraband gab traditionelle Folkmusik zum Besten – genau wie vor 50 Jahren zur Geburtsstunde des Tønder Festivals in der Wassermühle.
Rod Sinclair, Børge Solkær und Thorvald Baggesen standen damals gemeinsam mit Erik Markussen auf der Bühne, der aus gesundheitlichen Gründen nicht an dem Revival teilnehmen konnte. Dafür war ein anderes Bandmitglied, Filt Christensen, dabei – alle in ihren späten 70ern. Nur Jens Ole „Jole“ Nørgaard fehlte – er verstarb in jungen Jahren.
„Drei von vier – das ist doch gar nicht schlecht“, meint Thorvald Baggesen.
Er und Børge Solkær hatten seinerzeit am Lehrerseminar in Hadersleben (Haderslev) eine Band, doch als die anderen Musiker nach beendeter Ausbildung die Stadt verließen, taten sie sich mit Rod Sinclair und Erik Markussen zusammen. Die Kontraband war geboren.
Einer der ersten Auftritte war in der Visemøllen in Tondern. Rod Sinclair erinnert sich genau:
„Es ist eine fantastische Konzertstätte – auch heute noch. Das dicke Gemäuer ist über 500 Jahre alt und sorgt für einen tollen Klang“, sagt Rod Sinclair.
Zwölf Jahre lang war Kontraband in den Anfangsjahren des Festivals dabei – quasi als Hausorchester.
„Wir spielten überall, wo wir gebraucht wurden. Auch zu PR-Zwecken, zum Beispiel auf der Ladefläche eines Lastwagens beim Kloster-Markt – da standen 85 Menschen und 600 Pferde und hörten uns zu“, lacht der Schotte, der sich teils als Lehrer am Seminar, teils als Musiker ernährte.
Solo und mit Bands wie Sula reiste er um die Welt – und auch mit Folk-Ikone Pete Seeger ging er auf Tour.
Die Mitglieder von Kontraband sind alle irgendwie bei der Musik geblieben, haben aber seit Jahrzehnten nicht mehr gemeinsam gespielt.
Jetzt sind sie zurück in der Wiege der dänischen Folkmusikszene. Die kleine Bühne steht nicht zufällig vor dem alten Bahnhofsgebäude – hierhin werden unter anderem das Festivalbüro, das Musikarchiv und auch das Sekretariat für Minderheitenmusik ziehen.
„Ich habe nachgesehen – wir haben auch beim zehnjährigen Festival-Jubiläum gespielt“, erzählt Thorvald Baggesen – seitdem fast gar nicht mehr.
Also musste vorher zweimal fleißig geübt werden. Doch die Harmonien und die Einsätze stimmen noch und die Finger fliegen immer noch flink über die Saiten der Instrumente. Die alten Hasen haben es noch drauf, und das Publikum zieht mit.
Die Idee zu dem Konzert hatte übrigens Poul Henrik Jensen von der Festival-Stiftung.
„Wir wollten sehen, ob wir die Musiker von damals zusammentrommeln konnten. Wer lebt noch?“, erzählt Jensen.
Die meisten Kontraband-Musiker leben noch. Und auch Arne Würgler wird später auf derselben Bühne stehen. Danach ist die talentierte Jugend dran. So ist das Tønder Festival schon immer aufgestellt gewesen: Mit einem Blick zurück und den Augen nach vorne gerichtet.
Børge Solkær, der jahrelang gemeinsam mit seiner Frau Mette das Musik-Café Ellegaard in Sommerstedt (Sommersted) betrieben hat, stellt dem Publikum eine Frage: „Wer von euch war denn vor 50 Jahren dabei?“
Ein kleines Dutzend aus dem Publikum hebt die Hand und erhält dafür Anerkennung von den anderen. Karsten Sauer hat sich als Festival-Urgestein geoutet.
„Dabei erinnere ich mich gar nicht richtig an Kontraband und die Musik. Aber die Stimmung und die Atmosphäre in der Visemøllen waren einfach etwas ganz Besonderes“, sagt Sauer.
Der Tonderaner hat zwischendurch seine Heimat verlassen, kehrte aber wieder zurück und gehörte natürlich zu den vielen Tausend freiwilligen Helferinnen und Helfern, die das Tønder Festival tragen. Schließlich wurde er auch Vorsitzender der Festival-Stiftung (bis 2012).
Aber alles hat seine Zeit, auch wenn an diesem Tag die Uhren stehen geblieben zu sein scheinen.