Geschichte und Kultur

Auch das Deutsche Haus nähert sich dem 100-jährigen Bestehen

Auch das Deutsche Haus nähert sich 100 Jahre

Auch das Deutsche Haus nähert sich 100 Jahre

Rolf Pfeifer/kjt
Jündewatt/Jyndevad
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Richtfest in Jündewatt 1936 Foto: Privat

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„Wenn alle über eine 100-jährige Geschichte sprechen, dann wollen wir uns auch zu Wort melden“, so Rolf Pfeifer, Vorsitzender des Vereins Deutsches Haus Jündewatt. Die Begegnungsstätte besteht seit fast 85 Jahren und der Kontakt zur Patenschaft Elmshorn noch länger. Pfeifer blickt zurück und lässt Passagen aus dem Jubiläumsheft von 1987 einfließen.

Ein Blick zurück führt in das Jahr 1937. Wenn wir es genau nehmen, dann bereits in das Jahr 1932, denn hier finden die partnerschaftlichen Kontakte zu Elmshorn und dem Heimatverein „Tru und Fast“ ihren Anfang.

Durch die Mitarbeit des Elmshorner Konrektors Rudolf Maaßen im Schleswig-Holsteiner-Bund (SHB) und in jenem Heimatverein entstand diese Zusammenarbeit.

Maaßen war Student am königlich-preußischen Lehrerseminar in Tondern von 1900 bis 1903 und ging in dieser Zeit mit offenen Augen und großem Interesse durch diesen Landesteil Schleswig-Holsteins, und dieses Interesse sollte ihn nie wieder loslassen.  

Patenschaften aus der Taufe gehoben

Die Grenzziehung 1920 führte zur Bildung zahlreicher Patenschaften zwischen deutsch-nordschleswigschen Vereinen und Kreisen, Städten und Gemeinden südlich der Grenze. Am Anfang waren diese Patenschaften nicht besonders gut geregelt und mussten sich erst einspielen.

So sollten die Elmshorner den gesamten Kreis Hadersleben betreuen. Die Patenschaft übernahm schließlich der Kreis Pinneberg.

1932 wandte sich der Vorstand des Schleswig-Holstein-Bundes an die Ortsgruppe Elmshorn mit der Anfrage, ob die Elmshorner nicht bereit wären, in den Sommerferien Schulkinder aus der kleinen Gemeinde Jündewatt aufzunehmen.

Die Frage nach Unterbringungsmöglichkeiten war schnell geregelt, und so konnten die Kinder gemeinsam mit ihrer Lehrerin Lorenzen die Reise gen Süden antreten. Aus diesen Besuchen entwickelten sich schnell innige Freundschaften, die über die Jahre gepflegt wurden. 

Bald war Jündewatt für die Elmshorner kein unbekannter Ort mehr.

 

Das Deutsche Haus nach der Fertigstellung Foto: Privat

Keine Versammlungsstätte mehr

Die eigentliche Patenschaft entwickelt sich, als den deutschen Jündewattern 1936 das Versammlungsgebäude, der Jündewatter Krug, nicht mehr zur Verfügung stand. Sie wussten keinen Rat, und so wandten sie sich an die Elmshorner des Vereins „Tru und Fast“ und Rudolf Maaßen.

Mit Elmshorner Hilfe kam es schließlich zum Bau des Deutschen Hauses in Jündewatt.

Nachdem die Mitarbeiter des Elmshorner Stadtbauamtes die Pläne für das Haus erarbeitet hatten, und Baumeister Peter Johannsen aus Bülderup-Bau (Bylderup-Bov) das Haus errichtet hatte, konnte es am 9. Oktober 1937 feierlich eingeweiht werden.

Einweihung des Hauses 1937 Foto: Privat
Richtfest 1936 Foto: Privat

Der Heimatverein „Tru und Fast“ stellte die größte Abordnung unter den zahlreichen Gästen und hatte als Gastgeschenk Tische und Stühle für die Inneneinrichtung im Gepäck.

Die Liebhaberkapelle, unter der Leitung von Hans Möller, legte auf dieser Feier den Grundstein für eine 72-jährige Freundschaft, die bis zur Auflösung der Kapelle im Jahre 2009 währte.

Vereinsgründung

Als Träger des Hauses war der Verein „Deutsches Haus“ Jündewatt ins Leben gerufen worden. Christian Petersen wurde der Vereinsvorsitzende, Christian Johannsen Vermögensverwalter und der Lehrer Linden Schriftführer. Als dessen Beirat wirkte der Elmshorner Bürgermeister mit.

Das Baugelände stellte damals Christian Johannsen zur Verfügung. Die Stadt Elmshorn beteiligte sich mit 10.000 Kronen am Bau des Hauses. Mit der Gründung des Vereins waren die Stadt Elmshorn und der Verein „Deutsches Haus“ Jündewatt fortan patenschaftlich miteinander verbunden.

Gegenseitige Besuche fanden in regelmäßigen Abständen statt, und oft kamen Schulkinder aus dem Norden nach Elmshorn, um dort ihre Ferien zu verbringen.

Die Besuche zu den Weihnachtsfeiern in Jündewatt wurden zur Tradition, hier wurden Geschenke wie z. B. Bücher überreicht.

Rudolf Maaßen, auf dem Foto mit der ehemaligen Jündewatter Lehrerin Netti Sehstedt, gilt als Urvater der Patenschaftsverbindung zwischen Elmshorn und Jündewatt. Foto: Privat

 

Die schrecklichen Zeiten des Krieges ließen die Verbindung nicht abreißen. Hatten die Elmshorner in der Zeit vor dem Krieg ihre Zuwendungen nach Jündewatt eingehalten, konnten nun die Nordschleswiger im Gegenzug ihre Unterstützung mit Lebensmitteln aus den landwirtschaftlichen Betrieben leisten.

Beschlagnahmt

Im Mai 1945 wurde das Haus von der Freiheitsbewegung als Sammelstation übernommen. Deutsch-Nordschleswiger, die in dem Haus festgesetzt waren, haben ernste Tage verleben müssen.

Das Haus blieb zunächst unter Verwaltung dänischer Behörden. Erst nach eindringlicher Hinwendung an Kopenhagener Stellen erschienen Mitte Februar 1950 zwei Kommissionen, um über das Schicksal der Begegnungsstätte zu entscheiden. Es wurde eine Vereinbarung getroffen, und das Haus wurde zurückgegeben.

Ein von den Mitgliedern gegründeter „Schulverein“ eröffnete anschließend, nach ausgiebigen Renovierungsarbeiten, eine Privatschule im „Deutschen Haus“.

Um dem Patenschaftskontakt nach dem Krieg wieder neuen Antrieb zu geben, reisten 1950 der damalige Bürgermeister Ulrich und weitere Vertreter der Stadt Elmshorn zum ersten Mal wieder nach Jündewatt.

Maaßen war nun offiziell der „Patenonkel“. Die Elmshorner Kappeldammschule, die Theatergruppe „Speeldeel“ und der Heimatverein ließen den Kontakt nach Jündewatt seither nicht abreißen.

Weitere Einweihung

Wiederum finanzielle Hilfen aus Elmshorn machten Umbau- und Renovierungsarbeiten möglich, sodass es am 16. November 1957, 20 Jahre nach der Errichtung des Hauses, zu einer neuerlichen Einweihungsfeier kam.

Eine Reihe von Personen soll hier genannt werden, die sich in den ersten Jahrzehnten um die Lebendigkeit der Patenschaft Elmshorn-Jündewatt besonders verdient gemacht haben. 

Von der Nordschleswiger Seite sind Lehrerin Netti Sehstedt, Jakob und Jep Nissen sowie Christian Petersen und Christian Johannsen hervorzuheben. Auf der Elmshorner Seite waren Konrektor Rudolf Maaßen, Rektor Erich Neufeldt, Hans Lohmann und Günther Friedrich wichtige Persönlichkeiten.

27 Jahre lang beherbergte das Deutsche Haus die deutsche Privatschule, die sich im deutschen Schul- und Sprachverein befand. Die gemeinschaftlichen Grundsätze waren: Erhaltung, Pflege und Förderung der deutschen Sprache und Kultur.

Jetzt ist Unterricht! Lehrerin Netti Sehstedt betätigt die Pausenglocke. Foto: Privat
Jep Nissen erklärt Stadtratsmitgliedern aus Elmshorn die Schulsituation in Nordschleswig. Foto: Privat

Mit einer Lehrkraft und 31 Kindern schritt man im April 1950 einklassig an die große Aufgabe heran. Noch im selben Jahr konnte eine weitere Lehrkraft eingestellt werden. 

Theater als wichtiger Eckpfeiler                                                                           

Geradezu ideal eignete sich das Theaterspiel zur Pflege von Sprache und Kultur der Volksgruppe. Die Fäden hielten einmal mehr der Lehrer Jürgen Gläser sowie die Lehrerin Netti Sehstedt und Erhard Jürgensen in der Hand.                                                                                                                                   

Mit dem allgemeinen Rückgang der Schülerzahlen wurde beschlossen, die Deutsche Schule Jündewatt am 31. Juli 1977 zu schließen.

Nach der Schließung wurde es zunächst auch still um die Laienspielgruppe. Doch drei tatkräftige Jündewatter Damen traten auf den Plan, um das Kinderlachen wieder in das Deutsche Haus zu bringen. Diese Damen waren Alli Petersen, Gretel Nissen und Christel Jepsen. Ihnen ist es zu verdanken, dass die Theatertradition weitergeführt wurde.

Die Vorstände waren stets darauf bedacht, das Haus als Dreh- und Angelpunkt der deutschen Gemeinschaft zu erhalten. Dabei stand nie ein finanzieller Gewinn an erster Stelle, sondern das Bestreben, das Haus zu einem attraktiven Treffpunkt zu machen.

Zukunftssicherung

Auch in der Corona-Krise werden Veranstaltungen für das nächste Jahr geplant mit der Hoffnung, dass das Haus ein beliebter Treffpunkt und eine wichtige Veranstaltungsstätte bleibt.                                     

Alle haben ihre freiwillige Arbeit im Sinne der Gründerväter eingesetzt und den kulturellen Aspekt weitergetragen. Denn es ist „unser“ Haus, und wir wollen es erhalten und verantwortlich weiterreichen.

Fast 90 Jahre „Deutsches Haus“ – ein Menschenleben lang!

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