Leben in Nordschleswig

Ort der Ruhe in Rapstedt gefunden

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Ort der Ruhe in Rapstedt gefunden

Paul Sehstedt
Rapstedt/Ravsted
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Die Espressomaschine als italienischer Wink: Karen Zuin in ihrer Küche in Rapstedt. Foto: P. Sehstedt

Karen Zuin, geborene Scheller, zog aus in die Welt und kehrte mit Familie zurück in die Heimat.

„Wenn ich Synnejysk spreche, fühle ich mich wie die richtige Karen“, sagt Karen Zuin, die nach vielen Jahren des Pendelns und Lebens im Ausland zurück nach Rapstedt gekehrt ist, wo sie sich zusammen mit ihrem italienischen Ehemann und drei gemeinsamen Kindern in ihrem Elternhaus an der Hauptstraße niedergelassen hat.
Sie verließ als Karen Bebendorf Scheller nach dem Abitur am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig den Landesteil und vor ihr lag ein Leben, das im bisherigen Rückblick so manchen in Erstaunen versetzt.

„Zuerst kellnerte ich in Österreich, bevor ich in Aarhus Zahnmedizin studierte“, fängt Karen ihre Geschichte an, „doch ich brach das Studium ab und ging in ein Findungsjahr, währenddessen ich im Pflegebereich und in der Psychiatrie arbeitete. Schließlich entschloss ich mich, Hebamme zu werden und schloss die Ausbildung 2009 ab.“

Norwegen und Italien

Ihren späteren Ehemann Giacomo traf sie während eines Austauschsemesters im norwegischen Bergen. Dort arbeitete er als Krankenpfleger, und damit folgte ein häufiges Hin- und Herreisen, bis die beiden sich in Aarhus niederließen. Bald meldete sich jedoch das Heimweh bei Giacomo. „Ich bin mit einem offenen Weltblick erzogen worden und hatte keine starken Bindungen an Dänemark“, erläutert Karen ihren Schritt, zusammen mit Giacomo nach Treviso in Italien zu ziehen.

„Tiamo, Pizza und Pasta waren die einzigen italienischen Wörter, die ich kannte“, erinnert sie sich. „Um eine Anstellung in Italien bekommen zu können, musste ich schnell die Sprache lernen, und nach einem halben Jahr konnte ich Italienisch. Dank meiner Schwiegereltern, die nur Italienisch sprechen und keine andere Sprache beherrschen. Das hat den Vorteil, dass ich die Sprache zügig  gelernt habe.“

Schwierige Jobsuche

Bekanntlich mahlen die Mühlen der öffentlichen Verwaltung in Dänemark sehr langsam, aber laut Karen drehen sich die italienischen noch langsamer. „Einen Job in Italien zu bekommen, ist wegen der hohen Arbeitslosigkeit besonders schwierig. Für eine Stelle melden sich 799 Bewerber“, sind Karens Erfahrungen mit der Arbeitssuche.

„Und Vollzeit bedeutet wirklich Vollzeit mit pausenlosem Einsatz von 7 bis 15 Uhr. Schließlich fand ich am Krankenhaus in Innichen in Südtirol eine Anstellung, und meine Zweiprachigkeit kam mir da sehr zugute.“ Das war im Januar 2012, und im Dezember wurde ihr erster Sohn, Sigurd, geboren. Zwei Jahre später folgte Idun, und Frej kam 2016 dazu.

Kontakt vermisst

„Unser Familienleben wurde jedoch hektischer, obwohl die Schwiegerfamilie uns sehr unterstützte. Und das in einer ganz anderen herzlichen, intimen Weise als zum Beispiel in Dänemark. Daher vermisse ich den engen Kontakt zu ihnen und besonders das frische Gemüse aus Schwiegervaters Garten“, erklärt Karen.
„Ich erkannte, dass ich nicht die optimale Mama für meine Kinder sein würde und dass sie keine Zukunft in Italien haben würden.“

Nordschleswig stand nicht als Ziel einer Umstellung, doch ganz spontan schickte Karen unaufgefordert eine Bewerbung ans Krankenhaus in Apenrade, und nach einem Anstellungsgespräch via Internet erhielt sie ein dreimonatiges Vikariat. Daraus wurde eine Festanstellung, und auch Giacomo, der aus seiner Zeit in Norwegen und Dänemark die Sprache beherrschte, bekam einen Job. Er arbeitet als Krankenpfleger in der Notaufnahme.

Das Haus kaufte die Familie von ihrer Mutter, die nach Apenrade zog. „Wir sind noch nicht fertig mit dem Umbauen“, sagt Karen. Sigurd besucht die Deutsche Schule Rapstedt. Sein Vetter aus Italien wird drei Wochen als Austauschschüler nach Rapstedt kommen.

„Wir haben einen Ruhepunkt der Ruhe gefunden“, stellt Karen fest. „Rapstedt liegt zentral, ich spreche wieder Synnejysk, und die vier Jahreszeiten sind wieder da.“

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