20 Jahre Sønderjylland-Schleswig

„Als wir einander kennenlernten, verschwanden die Bedenken“

„Als wir einander kennenlernten, verschwanden die Bedenken“

„Als wir einander kennenlernten, verschwanden die Bedenken“

Pattburg/Padborg
Zuletzt aktualisiert um:
In Pattburg wurden am Sonnabend 20 Jahre Region Sønderjylland-Schleswig gefeiert. Foto: Sven Geißler, Flensborg Avis

75 Vertreter aus dem deutsch-dänischen Grenzland haben am Sonnabend in Pattburg die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Region Sønderjylland-Schleswig gefeiert. Die Region wurde vor 20 Jahren gebildet – trotz großer Proteste auf dänischer Seite.

Die Feierlichkeiten im FDE-Center in Pattburg wurden passend mit historischen Fernsehbildern von 1997 eingeleitet: „Die Region bedeutet nicht, dass wir mit Sieben-Meilen-Schritten auf dem Weg in eine gemeinsame europäische Zukunft sind. Aber sie bedeutet, dass wir eine bessere, gemeinsame Zukunft gestalten können, als wir es jeder für sich machen könnten“, sagte der frühere Amtsbürgermeister für Nordschleswig, Kresten Philipsen.

Der inzwischen verstorbene Politiker war gemeinsam mit Amtsdirektor Finn Hansen auf dänischer Seite sowie Flensburgs damaligem Oberbürgermeister Olaf Cord Dielewicz und dem ehemaligen Europaminister Gerd Walter einer der Architekten der Region Sønderjylland-Schleswig und war vor allem für den Stimmungsumschwung im Amtsrat verantwortlich.

Freundschaftliches Verhältnis

„Wir wissen, dass es in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit Herausforderungen gibt. Bei zwei Staaten mit unterschiedlichen Strukturen in der Politik und der Verwaltung, greifen die Zahnräder nicht immer so, wie wir es uns wünschen. Dennoch sind wir in der Region zusammen gewachsen und hegen heute ein freundschaftliches Verhältnis miteinander“, sagte der Vorsitzende der Region Sønderjylland-Schleswig, Hans Philip Tietje, Venstre-Politiker in der Kommune Apenrade und in der Region Süddänemark.

Tietje gab den Minderheiten einen Teil der Ehre dafür, dass die Region Sønderylland-Schleswig ein Erfolg geworden ist. „Vielleicht waren sie anfangs nicht so begeistert, aber seitdem haben sie sich in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit aktiv eingebracht“, meinte Tietje.

Der Regionsvorsitzende freute sich darüber, dass nicht nur aus der Region positive Signale in Richtung grenzüberschreitende Zusammenarbeit kommen, sondern auch von anderer Seite: Zum Beispiel von der Landesregierung in Schleswig-Holsteins, der dänischen Regierung sowie der Region Süddänemark, die alle auf einem strategischen Niveau die grenzüberschreitende Zusammenarbeit stärken wollen.
„Aber auch die kulturelle Zusammenarbeit hat uns zusammengebracht. Die Kultur bindet uns zusammen“, sagte Tietje.

Der BDN-Hauptvorsitzende Hinrich Jürgensen war ebenfalls unter den Gästen beim Regionsjubiläum. Hier begrüßt er den Leiter des Regionskontors, Peter Hansen sowie den Regionsvorsitzenden Hans Philip Tietje. Foto: Gwyn Nissen

Die Angst der Dänen

Der ehemalige Vorsitzende der Region Sønderjylland-Schleswig, Jens Andresen, berichtete in seinem Grußwort über die damalige Angst der Dänen.
„Wir fürchteten um die Balance in der Zusammenarbeit“, sagte Jens Andresen, der diese Angst auch bei der dänischen Minderheit in Südschleswig erlebte, während die deutsche Minderheit in Nordschleswig  sich ohne Vorbehalte in die grenzüberschreitende Arbeit warf.
„Aber auch die Bevölkerung tat sich schwer, die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zu sehen. In einem Leserbrief schrieb ein Däne, nachdem wir eine Absprache mit dem Rettungsdienst in Flensburg gemacht hatten, dass er lieber an Ort und Stelle sterben würde, als in einem Krankenhaus in Deutschland aufzuwachen. So war die Stimmung“, sagte Andresen. „Aber als wir uns kennenlernten und das Vertrauen wuchs, verschwanden die Bedenken.“
Eine große Bedeutung habe laut Jens Andresen dabei die Beratung und Arbeit des Regionskontors im Lyren in Pattburg, die am Sonnabend von allen Seiten hervorgehoben und gelobt wurde.

Neue Ziele in der Zusammenarbeit

Apenrades Bürgermeister Thomas Andresen hob hervor, dass die positive Entwicklung im Grenzland nicht von allein gekommen sei.  „Es gehörte Mut und Willen dazu, unsere Regionen in einer Organisation zu vereinen. Dass wir heute über alles miteinander reden können, hat lange gedauert, aber es zeigt, dass Dialog Barrieren abbaut“, sagte Andresen.
Er sprach zukünftige Zusammenarbeitsprojekte an, darunter zum Beispiel Natur- und Umweltfragen: „Das Wasser in der Flensburger Förde ist gemeinsames Gut. Wir atmen die gleiche Luft ein und auch das Grundwasser kennt keine Grenzen“, so der Bürgermeister, der auch die Kulturarbeit in der Region lobte und sich noch mehr grenzüberschreitende Kultur wünschte.
„Aber auch die Sprache ist entscheidend. Wir haben unsere Aufgabe nicht gelöst, wenn wir in 20 Jahren Englisch miteinander reden, sondern erst, wenn die Dolmetscher bei solchen Veranstaltungen überflüssig sind“, sagte Andresen, der sich wünscht, dass auch auf deutscher Seite die Sprache des Nachbarn im Unterrichtsplan aufgenommen wird.

 

Johannes Callsen
Der Minderheitenbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Johannes Callsen. Foto: Sven Geißler, Flensborg Avis

Zusammenarbeit als Alleinstellungsmerkmal

Johannes Callsen (CDU), neuer Minderheitenbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, bezeichnete die deutsch-dänische Zusammenarbeit als ein Alleinstellungsmerkmal. Es baue Brücken und sei eine einmalige Säule der grenzüberschreitenden Arbeit. Den Start der deutsch-dänischen Kulturarbeit hatte Callsen seinerzeit als Kulturakteur selbst eng mitverfolgen können und freute sich darüber, dass heute auch Wirtschafts- und Arbeitsmarktthemen aufgegriffen und dass neue Themen gesucht werden.
„Ich wünsche allen Beteiligten bei der Suche nach neuen Schwerpunkten viel Kraft und Erfolg – zum Nutzen der gesamten Region.“

Festansprache durch Siegfried Matlok

Der ehemalige Chefredakteur des Nordschleswigers und Grenzlandkenner Siegfried Matlok, Apenrade, würdigte in einer Festansprache die Politiker und Mitarbeiter, die zum Gelingen der Region Sønderjylland-Schleswig beigetragen haben.
„Die Region hat die Erwartungen weit übertroffen, obwohl nicht alle Wünsche erfüllt werden konnten“, so Matlok, der dennoch anmahnte, dass der Einsatz für die Region nicht nachlassen dürfe.
Matlok lobte den Einsatz der beiden Minderheiten, sah allerdings einen „schleichenden Rückgang des Interesses von Seiten der Mehrheiten.“ Das dürfe nicht sein.
Außerdem brauche die deutsch-dänische Grenzregion laut Matlok eine markante Person mit Durchschlagskraft, die sich sowohl regional als auch national einbringen könne. Ein eigenes Regions-Logo würde die gemeinsame Identität stärken, meint Matlok, der für 2020 einen deutsch-dänischen Staffellauf  im Grenzland vorschlug.

Die Region lebt

Der stellvertretende Vorsitzende der Region Sønderjylland-Schleswig, Heinz Maurus, versicherte, dass das Regionsgremium weiterhin Lust auf Zusammenarbeit habe.
„Wir müssen wieder mehr miteinander reden und kommunizieren“, sagte Maurus, der den neuen Ausschuss für regionale Entwicklung hervorhob. Themen gebe es genug um das grenzüberschreitende Potenzial auszunutzen.
 
 Mehr zum Thema: 20 Jahre: Die Region Sønderjylland-Schleswig 1997-2017
 
 
 

Mehr lesen