Geschichtsvermittlung

Wie die Menschen im Jahr 340 am Alsensund gelebt haben

Wie die Menschen im Jahr 340 am Alsensund gelebt haben

Wie die Menschen im Jahr 340 am Alsensund gelebt haben

Satrupholz/Sottrupskov
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Vier Tonnen wiegt der Nachbau des Nydam-Bootes, neben dem die Vorsitzende Pernille Lindberg hier auf dem Foto steht. Foto: Sara Eskildsen

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Ein Boot aus den ersten Jahrhunderten nach Christus zeugt davon, wie die Menschen früher gelebt, Krieg geführt und gearbeitet haben. Ein Verein lädt dazu ein, sich mit der Vergangenheit am Alsensund zu beschäftigen. Ob Infotouren auch auf Deutsch möglich sind, verrät die Vorsitzende.

Es war einmal ein Boot, das etwa 340 nach Christus als Opfergabe bei Satrupholz in ein Moor geschoben wurde. 1.513 Jahre lang lag es in rund 80 Zentimetern Tiefe nur knapp unter der Erdoberfläche, bis der Archäologe Conrad Engelhardt es 1863 entdeckte und ausgrub. Heute steht dieses  „Nydambåd“ im Museum von Schloss Gottorf.

Nachbau und Neubau

Dort, wo das Boot an Land und ins Moor geschoben wurde, vermitteln die Mitglieder des Vereins „Nydamselskab“ die Geschichte des Bootes – und die Geschichte der Menschen von damals. Nachdem sie das Nydam-Boot originalgetreu nachgebaut haben, ist nun vor Ort ein Haus der Vermittlung entstanden.

In den vergangenen fünf Jahren haben Mitglieder mithilfe von Spenden und in Tausenden Arbeitsstunden dieses Haus der Vermittlung gebaut. Hier können Gruppen und Gäste sich über die Geschichte des Nydam-Bootes informieren. Foto: Sara Eskildsen
Jeden Dienstagabend treffen sich Mitglieder des Vereins zum gemeinsamen Rudern des Nydam-Bootes. Mindestens 17 Leute sind nötig, um das tonnenschwere Boot zu bewegen und zu steuern. Foto: Sara Eskildsen

Anfang Mai konnte der Verein das neue Haus einweihen – hier sind Ausflugsgäste, Touristengruppen und Einheimische ab sofort willkommen, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen.

„Ja, wir informieren Gäste auch auf Deutsch“, sagt die Vorsitzende des Vereins, Pernille Lindberg, auf Nachfrage.

Führungen können abgesprochen werden

„Viele kommen mittlerweile gezielt zu uns, um die Geschichte des Nydam-Bootes näher kennenzulernen. Wir hatten schon Gäste aus den Niederlanden, die extra dafür hierhergekommen sind!“

Die Führungen können flexibel abgesprochen werden, feste Zeitpunkte oder eine Mindestteilnehmerzahl gibt es nicht. Kontaktinformationen sind hier zu finden.

Der Nachbau zeigt: So sah das Nydam-Boot damals aus, als es etwa 320 nach Christus gebaut wurde. Foto: Sara Eskildsen

Wie haben die Menschen am Alsensund zwischen 320 und 400 nach Christus gelebt? Wie viele Einwohnerinnen und Einwohner hatte das Gebiet der heutigen Kommune Sonderburg, welche Alltagsgegenstände haben die Leute von damals verwendet, und wie haben sie sich gekleidet?

Bootsbau von 2013 bis 2018

Die Mitglieder des Vereins haben sich mit all diesen Fragen auseinandergesetzt. Unter anderem, indem sie ein originalgetreues Modell des Nydam-Bootes nachgebaut haben. Mit den Materialien und Werkzeugen von damals.

„Wir haben fünf Jahre lang an diesem Boot gearbeitet, von 2013 bis 2018“, sagt die Vorsitzende Pernille Lindberg.

 

Seile kaufte man sich 320 nicht im Supermarkt: Aus eingelegten Rindenschalen flechten und drehen die Mitglieder Schnüre und Vertäuungen, so wie es die Menschen damals gemacht haben. Foto: Sara Eskildsen
Diese Stickerei ist die Vorlage für einen Wandteppich – und bildet die Geschichte des Nydam-Bootes ab. Foto: Sara Eskildsen

Über das Nydam-Boot ist bekannt, dass es um 320 nach Christus in der westlichen Ostsee gebaut wurde – vermutlich in Jütland. Wer es damals an den Alsensund gerudert hat und weshalb ausgerechnet dieses Boot im Moor als Opfergabe hinterlassen wurde, weiß niemand so genau.

Nach dem Krieg folgte die Opfergabe im Moor

Jørgen Hansen hat sich als geschichtsinteressierter, pensionierter Lehrer intensiv mit der Geschichte von damals befasst. Er hat Folgendes herausgefunden: „Damals lebten hauptsächlich Angeliter hier am Alsensund. Nach dem Zerfall des Römischen Reiches wanderten immer mehr Volksstämme Richtung Norden. Wir gehen davon aus, dass es damals zu einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Angelitern und Jütländern kam. Die Angeliter haben gewonnen – und das Boot der Feinde nach dem Krieg den Göttern geopfert“, so Hansen.

Viel gebracht hat die Opfergabe aber nicht: Im Laufe der kommenden Jahrzehnte übernahmen die Jütländer die Kontrolle über den Landesteil – und viele Angeliter wanderten nach England aus, um dort ihr Glück zu versuchen.

Jørgen Hansen ist Mitglied im Verein und hat sich intensiv mit der Geschichte des Nydam-Bootes auseinandergesetzt. Foto: Sara Eskildsen
In dem Bootshaus, dem sogenannten „Naust“, verbringt das Boot den Winter. Von Mai bis September liegt er vertäut am Steg. Foto: Sara Eskildsen

Insgesamt 400 Mitglieder unterstützen die Arbeit des Vereins „Nydamselskabet“, die seit 1986 maßgeblich der damalige und langjährige Vorsitzende Vincent Jessen vorangetrieben hat.

Neue Kräfte sind willkommen

„Da viele unserer Mitglieder in die Jahre gekommen sind, freuen wir uns immer über neue Kräfte, die mitarbeiten und erleben wollen, wie man damals 340 am Alsensund gelebt hat“, so die Vorsitzende Pernille Lindberg.

Pernille Lindberg ist seit fünf Jahren Vorsitzende des Vereins. Sie sagt: „Wir freuen uns jederzeit über neue Mitglieder, auch Familien sind herzlich willkommen!“ Foto: Sara Eskildsen
Hier im Nydam Moor, rund einen Kilometer vom Wasser entfernt, wurde das Boot etwa 340 nach Christus ins Moor geschoben. 1863 entdeckte der Archäologe Conrad Engelhardt die konservierten Teile des Bootes, die er dann in jahrelangen Ausgrabungen freilegte. Foto: Sara Eskildsen
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