Wirtschaftswelt

Was der Ukraine-Krieg für einen Unternehmer in Rackebüll bedeutet

Was der Ukraine-Krieg für einen Unternehmer in Rackebüll bedeutet

Was der Ukraine-Krieg für Peter Hansen in Rackebüll bedeutet

Rackebüll/Ragebøl
Zuletzt aktualisiert um:
Peter Hansen und ein Mitarbeiter auf einem Feld in der Ukraine Foto: Privat

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Mit Sohn Jakob und mehreren Höfen in der von Russland angegriffenen Ukraine ist der Krieg für Unternehmer Peter Hansen aus Rackebüll eine sehr bewegende Sache.

Als im Februar 2022 russische Truppen in die Ukraine einmarschierten und das Land angriffen, änderte sich auch das Leben des Leiters der Maschinenfabrik Cormall in Rackebüll (Ragebøl), Peter Hansen.

Denn Cormall hat Betriebe in der Ukraine – und Hansens zweitältester Sohn Jakob Hansen (35) ist seit zwei Jahren Direktor von „Thyregods Maskinfabrik“ in Lwiw, im Nordwesten der Ukraine.

Hinzu kommen drei große Höfe der Kooperation DUI Holding A/S, wo unter der Leitung von drei Besitzern, darunter der Venstre-Politiker Peter Hansen, Tausende von Schlachtschweinen und 300 Jersey Kühe gezüchtet und Tausende Hektar Land bewirtschaftet werden.

Putins groß angelegter Angriff durch die russische Armee war nicht zuletzt für den Vater aus Rackebüll ein großer Schock. Sohn Jakob befand sich plötzlich mitten in einem Kriegsland, aus dem er nicht einfach ruckzuck nach Dänemark zurückkehren konnte.

Heimreise im VW Up gen Rackebüll

„Ich habe eine Woche lang nur geheult. Viele meinten damals, dass Putin sich nun die ganze Ukraine holt“, so Peter Hansen. Der Ukraine-Konflikt, der 2014 mit dem russischen Einmarsch in die Krim begann, war ein Krieg in Europa geworden. Erst nach 18 Stunden an der polnischen Grenze begann für seinen Sohn Jakob nach Ausbruch des Krieges die Heimreise in seinem VW Up gen Rackebüll.

Jakob und Peter Hansen in der Maschinenfabrik Thyregod Foto: privat

„Ich hatte es mir wirklich nicht träumen lassen, dass es zu einem Krieg kommen würde“, gibt Peter Hansen immer noch stirnrunzelnd zu. Er kennt das Land wie seine Westentasche, ist seit 1998 regelmäßig in die Ukraine geflogen oder gefahren, um sich dort um die verschiedenen Aktivitäten der Holding zu kümmern.

Die Eigner der DUI Holding sind ABC Hansen Ukraine A/S, Sønderborg Korn ApS und Thoraso ApS. Die Aktiengesellschaft ist ein Großhandel für Landwirtschaftsmaschinen, -ausstattung und -zubehör.

Nach einer Woche zurück

In der Thyregod Ukraine werden unter anderem die Güllebehälter des Thyregod-Konzerns produziert. Nach einer Woche zu Hause in Dänemark reiste der 35-jährige Jakob trotz Krieges wieder in die Ukraine zurück. Alles befand sich im Chaos, aber die 35 Angestellten der Maschinenfabrik in Lwiw wollten gern wieder arbeiten.

Jakob Hansen hatte vor dem Krieg in einer Wohnung im Ort gelebt. Mit den vielen neuen Checkpoints wurde die tägliche Fahrt zur Fabrik aber zu zeitaufwendig, und Jakob Hansen zog in ein Zimmer in der Fabrik.

Ukrainer wollen lieber etwas tun

„Es war seine eigene Entscheidung“, stellt der Vater fest, der sich an den Krieg mittlerweile fast gewöhnt hat. Peter Hansen verfolgt jeden Tag laufend die aktuellen dortigen Geschehnisse und spricht täglich mit seinem Sohn Jakob.

Immer wieder müssen Dinge diskutiert und beschlossen werden, ob Eisenmangel, sündhaft teure Transportmöglichkeiten, neue Zulieferer, ein Ersatz für die fürs Militär abgezogenen Arbeitskräfte oder der aktuelle Umzug in eine neue Maschinenfabrik in Sambir.

Tonnen Milch verschenkt

Für alles müssen laufend neue Lösungen gefunden werden. Aber der Fabrikant weiß: Auch wenn alles stillsteht und eigentlich nichts mehr geht, die Menschen in der Ukraine wollen einfach etwas machen können. Dann funktioniert alles wieder, so Peter Hansen.

Auf den Höfen der DUI Holding standen die Angestellten in der ersten Woche des Krieges tagtäglich mit 7 Tonnen Milch, die nicht abgeholt werden konnten. „Die haben wir dann einfach verschenkt. Eine Woche später konnte die Meierei wieder die Milch holen“, erklärt der Fabrikant.

Die Russen haben in den vergangenen Kriegsmonaten unter anderem auch Landwirtschaftsbetriebe im Osten des Landes mit Bomben beschossen. Die verschiedenen Ländereien und Höfe der dänischen DUI Holding blieben aber unversehrt.

Peter Hansen mit dem Welin-Plakat Foto: Ilse Marie Jacobsen

Peter Hansen hat selbst die Druckwelle eines Marschflugkörpers gespürt, obwohl die Front ganz weit weg war. „Zwischen der Front und Lwiw war es so weit wie von hier zum Garda-See“, so der Unternehmer. Der Krieg in nächster Nähe hält ihn nicht davon ab, in die Ukraine zu fahren: „Ich kann ja nicht einfach hier in Dänemark sitzen und mich nicht um die 130 Mitarbeitenden in der Ukraine scheren“, so Hansen.

Nachricht auf der App: „Go to shelter“

Auf seinem Handy hat er eine Gefahrensignal-App, die ihn warnt, wenn in der Nähe etwas passiert. Dann kommt auf dem Schirm der Bescheid: „Go to shelter“.

Wo er früher regelmäßig nach Kyjiw flog, fährt Peter Hansen heute stundenlang über die Straßen. Bis zur Grenze muss er 12 bis 13 Stunden einplanen. Um über die Grenze zu gelangen, vergehen weiterhin ein paar Stunden. Dann liegen noch 7 Stunden Fahrt bis nach Kyjiw vor ihm. Er unterhält sich täglich mit den Angestellten unten in der Ukraine.

Ukrainer kämpfen für die Familie

Peter Hansen rechnet nicht mit einem schnellen Kriegsende. „Das geht bestimmt noch ein Jahr. Wenn Putin einen Waffenstillstand vorschlägt, dann werden die Ukrainer das nicht akzeptieren“, so seine Einschätzung.

In diesem Hotel Ykpaiha hat Peter Hansen oft übernachtet - bis bei einer Demonstration Teilnehmende von Scharfschützen vom Hotel aus erschossen wurden. „Jetzt wohne ich dort nicht mehr", so Peter Hansen. Foto: Privat

Die Russen sind laut Hansen von Putin in den Krieg gelockt worden. „Aber das ukrainische Heer sind ganz normale Menschen, die für ihre Familie kämpfen. Sie haben eine Mission: Sie wollen den Russen nichts überlassen“, meint er.

Peter Hansen ist davon überzeugt, dass Putin den Krieg verlieren wird. Jeden dritten Monat kommen 5.000 hoch motivierte und top trainierte Soldaten von England in die Ukraine, und die Ukraine kann noch viele Männer mobil machen. Das ist für Putin unmöglich, so Hansens Einschätzung.

Über 50 Millionen Kronen gesammelt

Peter Hansen ist aktiv in Søren Pinds dänischem Ukraine-Komitee und auch der Vorsitzende der Vereinigung in Nordschleswig. Der Maschinenfabrikant hat unter anderem auch den Sonderburger Künstler Andreas Welin für ein Plakat mit einem Bildnis einer Ukrainerin gewinnen können.

Bislang sind an die 35 Plakate verkauft worden. Der Einsatz, Geld für den Krieg gegen Russland zu beschaffen, ist eine sehr wertvolle Sache: „Wir haben bislang über 50 Millionen Kronen sammeln können, die alle in eine große Bank in der Ukraine überführt worden sind. Wir kümmern uns aber nicht darum, wohin das Geld ganz konkret fließt.“

Der viel beschäftigte Fabrikant aus Rackebüll tut alles dafür, damit die dänische Bevölkerung die Invasion Russlands in der Ukraine weiterhin ernst nimmt: „Es ist ein Krieg, und jeden Tag sterben Menschen dort.“

Alle können das Ukraine-Komitee unterstützen. Foto: Ilse Marie Jacobsen
Mehr lesen