Recht & Justiz

Institutionsleiterin streitet Missbrauch von Bewohner ab

Institutionsleiterin streitet Missbrauch von Bewohner ab

Institutionsleiterin streitet Missbrauch von Bewohner ab

Sonderburg/Sønderborg
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Das Sonderburger Gericht. Foto: Archivbild: DN

Vor Gericht: 57-Jährige soll einen Mann dreieinhalb Jahre lang zu sexuellen Diensten gezwungen haben. Am kommmenden Dienstag wird aller Voraussicht nach ein Urteil gefällt.

Es waren schwere Anschuldigungen, die am Dienstag im Gericht gegen die Leiterin einer sozialpsychologischen  Unterbringung erhoben wurden. Der 57-jährigen Frau wird der   Missbrauch eines damals drogenabhängigen Mannes vorgeworfen. Von April 2012 bis Dezember 2015 soll sie  den Mann wiederholt zu sexuellen Diensten gezwungen haben – bei sich zu Hause und bei einer Reise nach Gran Canaria.

Die Frau stritt alle Anklagen rigoros ab. „Wir wollen den Bewohnern nur das Beste. Sie sind es, die Narben an der Seele haben“, stellte sie fest. Der heute 39-jährige Mann war öfter zu ihr gebracht worden, weil er  sich wiederholt sehr aggressiv benommen hatte. „Sie konnten ihn nicht steuern, und dann mussten sie ihn zu mir bringen. Er schlief immer im Gästezimmer“, erklärte die Institutionsleiterin.

„Hattet ihr Sex?“, fragte die Anklägerin Annika Tranekjer. „Nein“, so die Antwort der Leiterin. Auf Empfehlung des Psychologen hatte die Leiterin den Bewohner zu   Spaziergängen und viel frischer Luft animiert. Dass er   zu ihr gebracht wurde, wurde nie verheimlicht. So fanden auch die Gruppentherapiesitzungen alle 14 Tage bei ihr zu Hause in einem bestimmten Zimmer statt.

Eine Reise nach Gran Canaria hatte eine Mitarbeiterin gebucht. Die Leiterin hatte gestutzt. Wenn man eine Zweizimmerwohnung mietet, gibt es auch zwei Schlafzimmer. Dem war nicht so. „Ich habe keine Ahnung von Charterurlaub. Ich habe deshalb auf dem Sofa geschlafen“, versicherte die Leiterin. Reisen mit nur  einem Bewohner seien nichts Ungewöhnliches. Sie hatte dem Mann nie mit einer Anbringung in einer psychiatrischen Abteilung gedroht,  ihn aber auch nie bevorzugt. Nach einem Drogenprozess war sie seine Bewährungshelferin geworden.

Anderes Bild

Der 39-Jährige  zeichnete ein völlig anderes Bild. Die Angestellten hatten ihn, der Amphetamin und Alkohol zu sich nahm,  zur Leiterin gebracht. „Wir redeten miteinander und dann hatten wir Sex. Sie war ganz besessen von mir“, stellte der Mann fest. Wenn er sich ihr nicht fügte, drohte die Frau ihm mit einer Einweisung. „Sie hat mir Angst gemacht. Wir sollten zusammen sein, und ich durfte es niemandem erzählen“, so der Mann. Auf die Reise nach Gran Canaria  angesprochen, hatte die Frau sich   überhaupt nicht über die Zimmeraufteilung gewundert. Die beiden schliefen miteinander, und die Frau übernachtete nicht auf dem Sofa.

6.000 Kronen hatte er sich von der Institution unter folgenden  Bedingungen geliehen: Er  musste  versprechen, keine Drogen mehr zu nehmen, in Sonderburg zu bleiben und sich der Leiterin   ein halbes Jahr lang zu fügen. Er hatte das Gefühl, während seiner Zeit in  Sonderburg immer auf der Flucht gewesen gewesen zu sein. Er ist mehrfach weggelaufen. Beim gestrigen ersten Prozesstag forderte sein Verteidiger   30.000 Kronen Entschädigung.

Der 39-Jährige hatte 2015 einen Freund in einer Institution in Fredericia  besucht. Dort hatte er einer Mitarbeiterin von seinen Erlebnissen in Sonderburg berichtet. Sie hatte ihn mehrfach verhört, aber er blieb bei seiner Version, dass die Leiterin  ihn wiederholt zu sexuellen Diensten gezwungen hatte.
Die stellvertretende Leiterin der Institution stand voll hinter ihrer Chefin: „Wir haben die Sache im Vorstand besprochen, und wir geben ihr   volle Rückendeckung“, so die Zeugin.  Für den Prozess sind drei Tage abgesetzt. Am Dienstag wird aller Voraussicht nach ein Urteil gefällt.

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