Schoner „Jylland“

Auf hoher See zum neuen Dasein

Auf hoher See zum neuen Dasein

Auf hoher See zum neuen Dasein

Sonderburg/Sønderborg
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Der Schoner Jylland zwischen diversen anderen schönen alten Schiffen Privat. Foto: Privat

Sonderburgs früherer Kriminalinspektor Peder Pedersen ist seit Jahren Yachtskipper auf dem Schoner „Jylland“, auf dem Jugendlichen
geholfen wird.

Der Sonderburger Kriminalinspektor Peder Pedersen hat  2007  nur einige Monate  vor seinem 40-jährigen Jubiläum  seinen Schreibtisch in der Sonderburger Polizeiwache am Ringridervej  geräumt. Er hatte  die damalige Altersgrenze  von 63 Jahren erreicht. 

Was tut ein Mann, der   als Leiter der Sonderburger Wache schon  immer viele Aufgaben und eine  Arbeitswoche  voller Pflichten gewohnt war?   Er war noch viel zu  jung für ein ruhiges Rentnerdasein. 

Der Polizeikommissar Pedersen, der schon  immer das Meer und die Seefahrt liebte, fand eine neue Aufgabe, die nicht zuletzt gerade ihn als langjährigen Polizisten unglaublich reizte. 

Er wurde Steuermann auf einigen Segelschiffen, wo  jungen sozialbelasteten Menschen geholfen wird. Es sind Hilfsprojekte für  Jugendliche, die irgendwie auf die schiefe Bahn geraten sind. An Bord wird den jungen Leuten ein ganz strukturierter Alltag gegeben.

„Früher habe ich sie ins Gefängnis gebracht. Heute versuche ich, ihnen das zu ersparen“, so Peder Pedersen.
Seit fast sieben Jahren ist er an Bord des größten Schoners unter dänischer Flagge. Er steuert den Schoner Jylland.   Auf den großen Weltmeeren übernehmen die Jugendlichen  an Bord des Schoners Jylland  praktische Aufgaben,   die bei ihnen nicht zuletzt auch das eigene  Selbstvertrauen stärken. 

„Mit den jungen Leuten ist man ganz auf Augenhöhe. Ich habe immer einen oder zwei  am Steuerstand auf der Kommandobrücke. Dort werden viele wichtige Gespräche geführt“, so der Polizist. 

Das Schiff ist ein wertvolles Werkzeug. Die Jugendlichen arbeiten, und sie werden gelobt. Ihnen muss gezeigt werden, dass das Richtige auch gut ankommt. An Bord sind typischerweise 15 bis 16 Personen. Die feste Besatzung sind solide Menschen mit gutem Hintergrund. 

Wertvolle Erlebnisse

Peder Pedersen hat viele gute Erlebnisse von seinen vielen Segelturns auf Lager. Ein Junge wollte zum Beispiel den Abwasch in der Küche ganz  allein bewältigen. Es verschwanden aber merkwürdigerweise ganz viele Teller und anderes Porzellan. Dafür gab es eine Erklärung: Der junge Mann hatte alles ruckzuck aus dem Bullauge über Bord geworfen. Peder Pedersen muss immer noch lachen. Der gleiche junge Mann war drei Jahre an Bord der Jylland. Er war einmal drogenabhängig und hatte mit ganz vielen Problemen zu kämpfen gehabt. „Aber er war begabt, und es gelang ihm“, stellt Peder Pedersen fest. Im Alter von 21 Jahren wurde dieser junge Mann zum Fischer. Als Dank für die Hilfe auf hoher See war er später bei einem Segelturn  nach England an Bord der Jylland dabei – diesmal als freiwilliger Helfer. „Das war eines der besten Dinge“, so Peder Pedersen. 

Skipper Niels Kristensen und Steuermann Peder Pedersen (r). Foto: Privat

 

Der Umgang mit den jungen Leuten gefällt dem früheren Polizisten. Einige der Jugendlichen wollen ihn aber auch gerade aufgrund seines Hintergrunds herausfordern. „Hässliche Situationen hat es nie gegeben. Es war alles gut gemeint“, so Pedersen. 

Ein Erlebnis der anderen Kategorie gab es für Pedersen in Klaipeda. Ein Schüler einer anderen Institution war auf  der Jylland mit an Bord. Der junge Mann  hatte aber ganz schrecklich Heimweh. Er und zwei andere Schüler   der Jylland stahlen daher  Alkohol. Sturzbetrunken  holten  sie sich anschließend eine Jolle mit Außenbordmotor. Sie wollten nach Hause. Aber der Ausflug endete bei einem anderen Schiff, wo die Jungs um Hilfe baten. 

„Das war eine herbe Enttäuschung, dass sie stahlen, tranken und abhauten. Aber wir haben uns anschließend  gut und unmissverständlich mit ihm unterhalten“, so der frühere Polizist. 

Bleibt an Bord

Wer am Steuer eines so großen Seglers wie der Jylland steht, der übernimmt  eine große Verantwortung. Peder Pedersen hat immer Vier-Stunden-Wachen. Gibt es Probleme, ist der Skipper Niels Kristensen nicht weit. 
Peder Pedersen ist 74 Jahre alt. Die Jylland will er aber trotz langer Aufenthalte zur See noch immer nicht missen. „Ich habe eine Absprache mit dem Skipper. Wenn die jungen Leute an Bord das Gefühl haben, dass ich alt und  lächerlich bin, dann höre ich auf. Sie müssen es befürworten, dass ich meinen Job  machen kann. Aber ich weiß: Es tut mir gut“, meint Pedersen. 

 

Seine Frau Eva Iversen protestiert nicht. „Was gut für mich ist, ist auch gut für sie“, stellt Peder Pedersen lächelnd fest. Sie segelt nicht mehr und spielt lieber Golf, was Peder Pedersen nicht tut. 

Seit Jahren in Aktion

Peder Pedersen stach schon 2007 mit einem solchen Schiff  in See – unter anderem ging es für ihn in eher kleineren Segelbooten mit Jugendlichen an Bord Richtung Marokko und die Kanarischen Inseln. 
Eine längere Reise hatte er 2009, als er  neun Monate   lang als Skipper über den Pazifik – unter anderem an der Ostküste Australiens entlang – segelte. 

Die Seefahrtsbehörde verschärfte anschließend die Bestimmungen für die kleineren Segelschiffe, wie auch die Anforderungen an das pädagogische Personal präzisiert und verschärft wurden. Das führte zu einer wesentlichen Reduktion. 

Ein Jahr oder länger

Das  sozialpädagogische Projektschiff Jylland kann höchstens sechs Jugendliche aufnehmen. Sie  hatten  ADHH,  waren süchtig,  kriminell oder hatten andere schwere Probleme.  An Bord sind die Problemkinder weit weg von ihrer Umgebung. Die sozial belasteten Jugendlichen gehören zum Arbeitsteam, sorgen selbst für die gemeinsamen Mahlzeiten und werden im großen Salon unterrichtet.  Sie sind oftmals ein Jahr oder länger unterwegs. Der Preis für eine Unterbringung an Bord ist der gleiche wie in einer Institution an Land. 

Wäre Peder Pedersen nicht Steuermann an der Jylland geworden, was dann? „Ich wäre jedenfalls weit gesegelt“, meint Pedersen. Einfach entspannen und nichts tun, das kann er nun mal nicht.  

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