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„Der gute Mensch“ aus Norburg

„Der gute Mensch“ aus Norburg

„Der gute Mensch“ aus Norburg

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
Apenrade/Norburg
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Svend Taanquist im Juli 1983 Foto: Mogens Ladegaard/Ritzau Scanpix

Der ehemalige Chefredakteur Siegfried Matlok gratuliert dem ehemaligen Folketingsabgeordneten Svend Taanquist zum 90. Geburtstag und hebt seine „unbekannten“ Verdienste um die deutsche Minderheit hervor.

Der langjährige sozialdemokratische Folketingsabgeodnete Svend Taanquist, Norburg, feiert am Dienstag seinen 90. Geburtstag im Idrætscenter Langesø. Viele werden ihm von Herzen gratulieren, weil er als Politiker stets ein hohes Mass an Glaubwürdigkeit bewies. In Deutschland gab es mal vor Jahren einen bekannten rheinland-pfälzischen SPD-Politiker, der als besonderes Kennzeichen „als guter Mensch“ bezeichnet wurde. In Dänemark müsste eine solcher  „Titel“ an Svend Taanquist verliehen werden, wie ihm nicht nur ehemalige Fraktionskollegen auf Christiansborg gerne bescheinigen würden.

Taanquist ist auf Südalsen geboren, arbeitete als Labortechniker – natürlich – bei Danfoss und trat früh in die Politik ein, als Sozialdemokrat. Von 1966-1970 war er Kommunalratsmitglied in Havnbjerg und nach der Kommunalreform von 1970-1977 Stadtratsmitglied in Norburg. Mit der Kommunalreform begann auch seine Karriere ausserhalb der eigenen Wände, von 1970 bis 1982 als Vertreter im nordschleswigschen Amtsrat, wo er sich als Vorsitzender im Sozial- und Gesundheitsausschuss hohe Anerkennung erwarb. Und damit wurde auch die Grundlage zur Folketingslaufbahn gelegt, von 1977-1994. Ein stiller Arbeiter in der Fraktion, der aber wegen seiner Kompetenz und seiner Fairness im Miteinander – die eigenen Parteifreunde sind dabei ja nur selten die wahren Freunde – auch in den anderen Parteien geschätzt wurde. Eine Minister-Laufbahn, wie sie seinem (inzwischen auch über 90 Jahre alten) Sonderburger Kollegen  J. K. Hansen gelang, blieb ihm nicht vergönnt, aber er war  kein Streber und vor allem nicht bereit, seiner Karriere alles unterzuordnen.  Obwohl er nur den kleinen damaligen Wahlkreis Augustenburg vertrat, schaffte er es bei einer Folketingswahl sogar, in Nordschleswig die meisten persönlichen Stimmen zu holen.

Svend Taanquist im Juli 1983 Foto: Mogens Ladegaard/Ritzau Scanpix

Taanquist und die Bücherei-Frage

Ein besonderes Verdienst von Svend Taanquist ist aus der Sicht der deutschen Minderheit hervorzuheben. Als ich 1983 das Amt als erster Leiter des deutschen Sekretariats in Kopenhagen antrat, war es Taanquist, der in den Anfangsjahren mit Rat und Tat meine wichtigste Stütze und Anlaufstelle auf Christiansborg wurde. Unvergessen ist sein Einsatz in der Bücherei-Frage, wo der staatliche Zuschuss für die deutsche Büchereiarbeit in Nordschleswig nach den Jahren unseres Folketingsabgeordneten Jes Schmidt (1973-1979) zwar auf 150.000 Kronen erhöht worden war, wo Taanquist aber die parlamentarischen Voraussetzung dafür schuf, den Zuschuss nach Verhandlungen mit dem damaligen Kulturminister H. P. Clausen und mit Unterstützung des gesamten Folketings auf zwei Millionen Kronen aufzustocken.  Das war damals eine grenzpolitische Sensation, es war kein Selbstgänger, sondern erforderte harte Arbeit hinter den Kulissen. Der Erfolg gehört Svend Taanquist, ohne den ich diesen Durchbruch nicht erreicht hätte.

Und ein zweiter (historischer) Höhepunkt muss erwähnt werden. Nach der deutschen Einheit 1990 stellte der konservative Staatsminister Poul Schlüter auf Anfrage des Abgeordneten Svend Taanquist klar, dass die Bonn-Kopenhagener Erklärungen 1955 ihre Gültigkeit beibehalten und dass sich das vereinigte Deutschland zu den darin enthaltenen Abmachungen für beide Minderheiten  erneut nachdrücklich verpflichtet hat. Damit wurde sozusagen Bonn-Kopenhagen für die Zukunft im  Grenzland von beiden Regierungen „festgezurrt“.

Svend Taanquist ist als 90-Jähriger noch immer aktiv. Stolz kann er darauf verweisen, dass der berühmte Chefberater von Staatsministerin Mette Frederiksen, Martin Rossen, der nun zu Danfoss wechselt, bei ihm für kurze Zeit auf Christiansborg als Praktikant erste politische Erfahrungen sammelte. In Leserbriefen meldet sich Taanquist auch in unserer Zeitung oft zu Wort. Als Beispiel sei seine Abneigung gegen „hochfliegende Theoretiker“ genannt, die die Demokratie aus seiner Sicht prägen, ja von einem „Politik-Paradies“ von cand.polit-Typen ist bei ihm die Rede. Hier sieht Taanquist auch Gefahren für die kommunale Demokratie.

Bescheiden, wie er stets gewesen ist, notierte er kürzlich: in meiner Wiege stand nicht geschrieben, dass ich ein großer Politiker werden würde – und er fügte hinzu: das wurde ich auch nicht! 

Svend, Gratulation in Dankbarkeit!

Siegfried Matlok

 

 

 

 

 

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