2020-Buch

Die Grenze, das Volk und der Staat

Die Grenze, das Volk und der Staat

Die Grenze, das Volk und der Staat

Paul Sehstedt
Nordschleswig/Sønderjylland
Zuletzt aktualisiert um:
Axel Johnsen vom Museum in Sonderburg hat ein Buch über die Grenzziehung 1920 („Genforeningen“) zwischen Dänemark und Deutschland geschrieben. Foto: Timo Battefeldt, JydskeVestkysten

Der Förderverein des Dänentums im Grenzland, „Grænseforeningen“, wird 100 Jahre alt. Historiker Axel Johnsen vom Sonderburger Schloss schreibt über die Erfahrungen der Vergangenheit als Vorbild für ein multikulturelles Dänemark.

Neues Buch von Axel Johnsen

Axel Johnsen:
Grænsen, folket og staten Grænseforeningens historie 1920-2020

443 Seiten, illustriert, gebunden. Erschienen im Verlag Gyldendal
 

Nur wenige Monate nach der Abtretung Nordschleswigs an Dänemark („Genforeningen“) wurde der Förderverein für das Dänentum im Grenzland, „Grænseforeningen“, im November 1920 gegründet. Anlass war die Enttäuschung über den Verlust von Südschleswig und Flensburg, deren Wähler bei der zweiten Volksabstimmung am 14. März 1920 im Grenzland mehrheitlich für einen Verbleib in Deutschland votierten.

„Ihr werdet nicht vergessen werden“, rief der damalige dänische Staatsminister Niels Neergaard während der großen „Genforenings“-Feier auf Düppel den Südschleswigern zu, und um dieses Versprechen umzusetzen, wurde der Verein „Grænseforeningen“ von einem Kreis engagierter, prominenter Dänen gegründet.

Die Bedeutung des Grenzvereines für den Erhalt der dänischen Kultur in Südschleswig hebt der Historiker und Verfasser Axel Johnsen, Museum Sønderjylland in seinem aufschlussreichen Buch über die 100-jährige Epoche, auf die zurückgeblickt werden kann, hervor.

Ideologische Herzensangelegenheit

Was einst als eine ideologische Herzensangelegenheit begann, entwickelte sich über die Jahre zu einer Institution, die den Bau von Schulen, Kindergärten, Büchereien und anderen kulturellen Einrichtungen förderte.

Außer mit materiellen Leistungen hat der Grenzverein auch dazu beitragen, eine dänische Kulturidentität zu schaffen und damit der dänischen Minderheit den Rücken zu stärken.

In einem grenzenlosen Europa und dem guten Verhältnis zwischen Minorität und Majorität ist der Auftrag von „Grænseforeningen“ heute ein anderer als zur Gründungszeit.

Solides Hintergrundwissen

Dafür hat Johnsen eine Antwort: „Einst hatten die Südschleswiger Bedarf für Unterstützung aus Dänemark, doch heute können die Dänen sich an Südschleswig orientieren. Würden die Dänen sich mehr mit dem Leben der Minderheit in Südschleswig beschäftigen, dann würden sie entdecken, dass eine nationale Identität kein Entweder-oder ist, sondern ein Sowohl-als-auch. Diese Erfahrung könnten vielleicht in einem neuen multiethnischen Dänemark angewandt werden?“

In diesem Jubiläumsjahr ist viel über die Grenzregion aus dänischer Sicht geschrieben worden. Johnsen liefert solides Hintergrundwissen, das Verbindungen zu anderen Ereignissen knüpft. Die 420 Seiten sind eine empfehlenswerte Lektüre für Geschichtsinteressierte.

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