Prozess in Sonderburg

Fotografen verteidigen ihren Einsatz auf der Autobahn

Fotografen verteidigen ihren Einsatz auf der Autobahn

Fotografen verteidigen ihren Einsatz auf der Autobahn

Nordschleswig
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Foto: Karsten Sörensen

Am Sonderburger Gericht lief am Dienstag der zweite Prozesstag im Fall des Politiken-Fotografen, der sich wegen Störung der öffentlichen Ordnung verantworten muss. Der Angeklagte erhält indes Unterstützung von einem Kollegen.

Am Dienstag ist im Sonderburger Gericht der Prozess gegen  Politiken-Fotograf Martin Lehmann fortgesetzt worden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Fotografen vor, am 9. September, als rund 300 Flüchtlinge auf der E45 in Nordschleswig gen Norden liefen, den Einsatz der öffentlichen Ordnung, konkret den der Polizei, gestört zu haben. 

Die Presse habe prinzipiell zwar einen privilegierten Zugang, auch hinter  Absperrungen der Polizei; dürfe die Polizei aber nicht daran hindern, ihren Aufgaben nachzukommen. Sobald dies jedoch der Fall ist, müsse die Presse weggeschickt werden, so die Erläuterungen von Ankläger Lars Viereck. 
Martin Lehmann habe sich dieser Anweisung widersetzt und die Autobahn nicht wie angeordnet verlassen. 

„Die Anwesenheit der Presse hat sich auf das Lösen der Aufgabe negativ ausgewirkt“, so Viereck. „Dadurch wurden sie (die Flüchtlinge, d. Red.) in ihrem Vorhaben, nach Schweden zu wandern, angeheizt oder ermutigt.“

Ein Vorwurf, den Pressefotograf Karsten Sörensen nicht nachvollziehen kann. Er war am 9. September 2015 ebenfalls auf der Autobahn und fotografierte die Flüchtlingskolonne, bevor er von der Polizei aufgefordert wurde, die Fahrbahn zu verlassen. „Ob wir die Flüchtlinge durch unser Fotografieren ermutigt haben, weiterzugehen? Das ist völliger Blödsinn. Die Flüchtlinge haben uns gebeten zu bleiben und ihren Weg nach Norden zu dokumentieren. Sie hatten furchtbare Angst, eingesperrt zu werden und wollten, dass jemand dabei ist, der die Vorgänge dokumentiert“, so Sörensen. „Ich habe beispielsweise mit einem Vater gesprochen, der seinen Sohn auf dem Arm trug. Er erzählte, wie entschlossen alle seien, im Notfall bis nach Schweden zu laufen. Eine Ermutigung von unserer Seite wäre da völlig unnötig gewesen.“ 

Ein anderes Argument der Polizei war, dass die Journalisten auf der Autobahn in Gefahr gewesen wären. Wie war dein Eindruck?

„Ich habe von  Flaschenwürfen und oder sonstigen Gefahren, von denen  im Gericht die Rede war, nichts miterlebt. Mein Eindruck ist, dass dies vorgeschobene Gründe der Polizei sind. Die hatte nach meinem Empfinden Angst, die Kontrolle über die Situation zu verlieren und wollte nicht, dass es dokumentiert wird. Ich war auf dieser Autobahn bestimmt nicht in Gefahr. Ab Krusau war sie gesperrt und hinter den Flüchtlingen war außer dem leeren Reisebus und den Polizeifahrzeugen nichts.“ 

Der Pressefotograf aus Flensburg befolgte jedoch letztendlich   die Anweisungen der Polizei und verließ die Autobahn, während Lehmann kurz darauf festgenommen wurde. 

Lehmanns Chefredakteur Christian Jensen verteidigte das Verhalten seines Mitarbeiters. „Die Presse und Martin Lehmann waren vor Ort, um eine der gewichtigsten Vorfälle der jüngsten Geschichte in Dänemark für die Öffentlichkeit zu dokumentieren. Die Presse hat keine aktive Rolle vor Ort gespielt. Es ging einzig und alleine darum, zur Stelle zu sein“, so Jensen, der der Verhandlung in Sonderburg beiwohnte. Durch den Platzverweis für die Presse sei die Öffentlichkeit rund drei Stunden lang  – ab 17 Uhr an jenem Tag – von dem Geschehen abgeschnitten gewesen, bis der Flüchtlings-Tross drei Stunden später an der Autobahnausfahrt Apenrade Süd nach Rothenkrug wanderte, wo sich die Gruppe später auflöste. Dadurch sei „ein Loch in der zu erzählenden Geschichte entstanden“, so Jensen. Das Urteil gegen Martin Lehmann wird am kommenden Montag verkündet. 

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