Kommunalwahl

Einheitsliste: Deshalb wollen wir die große Koalition

Einheitsliste: Deshalb wollen wir die große Koalition

Einheitsliste: Deshalb wollen wir die große Koalition

Sonderburg/Sønderborg
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Asger Romme Andersen hat bei der Kommunalwahl 278 persönliche Stimmen erhalten. Foto: Sara Eskildsen

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Asger Romme Andersen hat für die Einheitsliste ein Mandat im Sonderburger Stadtrat erhalten. Im Interview verrät der 39-Jährige, was er vorhat und warum er in der großen Koalition mit den Rechtspopulisten zusammenarbeiten will.

„Bist du nicht der, der reingewählt wurde?“ Bevor das ältere Paar im Café Kislings Platz nimmt, fällt ihnen Asger Romme Andersen auf, der Richtung Ausgang steuert. „Das stimmt, das bin ich“, bestätigt der designierte Stadtratspolitiker lachend und bietet dem Paar seinen Tisch an.

Der 39-Jährige wird ab Januar am runden Tisch des Stadtrats im Sonderburger Rathaus einen der 31 Plätze einnehmen. Bei der Kommunalwahl am Dienstag erhielt Asger Romme Andersen 278 persönliche Stimmen. Seine Partei Einheitsliste holte insgesamt 846 Stimmen und konnte so im Wahlverbund mit der Sozialistischen Volkspartei (SF) und deren 810 Stimmen ein Mandat holen.

Wie kam der zweifache Vater dazu, sich politisch zu engagieren? Warum hat er Ja gesagt zur breiten Koalition, und was will er mit seinem Mandat im Stadtrat erreichen? Im Interview gibt Asger Romme Andersen Antworten.

Die geplante Koalition im neuen Stadtrat reicht von der linksorientierten Einheitsliste bis zu den rechten Parteien Neue Bürgerliche und Dänische Volkspartei. Wie kann diese Koalition funktionieren?
„Ich habe alle Parteien in den Diskussionen während des Wahlkampfes übergeordnet positiv erlebt. Die Leute haben einen sehr pragmatischen Zugang zu den Dingen, das unterscheidet die Lokalpolitik wohl von der landesweiten Politik. In der Lokalpolitik gilt, egal ob linker oder rechter Flügel: Die Wirklichkeit, der man verpflichtet ist, liegt direkt vor der eigenen Tür. Man ist nicht weit weg von den Menschen, für die man Politik macht. Das schafft diesen erforderlichen Pragmatismus.

Natürlich kann ich auch sehen, dass DF und Neue Bürgerliche eine Wertepolitik haben, die ich nicht teile. Aber das muss uns ja nicht daran hindern, zusammenzuarbeiten.

Asger Romme Andersen, Einheitsliste

 

Natürlich kann ich auch sehen, dass DF und Neue Bürgerliche eine Wertepolitik haben, die ich nicht teile. Aber das muss uns ja nicht daran hindern, zusammenzuarbeiten. Und darüber hinaus kann ich sagen, dass wir mit den Sozialdemokraten und der Schleswigschen Partei eine Mehrheit im Stadtrat haben. Das stimmt mich verheißungsvoll. Denn in jenen Themen, wo wir mit DF und Neue Bürgerliche nicht übereinstimmen, stimmen wir mit Sozialdemokraten und der Schleswigschen Partei überein.“

 

Warum dann überhaupt eine große Koalition eingehen? Warum hast du dazu Ja gesagt, anstatt eine Koalition mit dem roten Block zu bevorzugen?
„Es ist Stephan Kleinschmidts Vision einer breiten Koalition. Und ich denke, wenn es glückt, dann sind politische Lösungen langfristig haltbarer. Daher suchen wir nach Möglichkeiten, damit es gelingen kann.“

Für wie realistisch hältst du es, dass am Ende alle Parteien ein gemeinsames Regierungspapier unterzeichnen?
„Hier muss ich eine Antwort schuldig bleiben. Als Ausgangspunkt bin ich wohl optimistisch. Auch weil ich weiß, dass wir in der Mehrheit sind und wir uns nicht so sehr bewegen müssen wie beispielsweise die Neuen Bürgerlichen. Mein Eindruck ist, dass die meisten einen pragmatischen Zugang haben. Es ist ein Versuch wert, auf jeden Fall.“

Gab es im Laufe der Wahlnacht andere politische Angebote, die die Einheitsliste hätte annehmen können?
„Nein, keine konkreten Angebote. Ich habe mit Ellen Trane Nørby auf dem Gang gesprochen. Für uns wäre es zu kontrovers gewesen, die Sozialdemokraten zu umgehen, um mit Venstre in eine Mehrheitsregierung zu gehen. Aber wir wurden uns vor der Konstituierungsabsprache einig, dass wir dort zusammenarbeiten wollen, wo wir können.“

Wie können auch die Menschen, die nicht wahnsinnig viel verdienen, in Dänemark ein gutes Leben führen? Das ist für mich eine sehr wichtige Frage und Antriebskraft hinter meinem politischen Engagement. Ich will dazu beitragen, dass genau das gelingen kann.

Asger Romme Andersen, designierter Stadtratspolitiker

Asger Romme Andersen ist in Broballe auf Nordalsen (Nordals) aufgewachsen. Nach dem Abitur zog er zum Studium nach Aarhus, wo er Geschichte und Japanisch, Sprache und Kultur studierte. Nach Jahren in Kopenhagen beschlossen Asger Romme Andersen und seine Frau, mit den beiden Kindern nach Sonderburg zu ziehen – in die Nähe der Großeltern.

Asger Romme Andersen arbeitet als Konsulent für die kommunale Abteilung Psychiatrie und Handicap. Die Familie wohnt in Sonderburg in Nähe der Dybbøl Skole, die beide Töchter besuchen.

Der Antrieb: Selbst etwas für die Gemeinschaft tun

Vor zehn Jahren beschloss er, Parteimitglied bei der Einheitsliste zu werden. „Ich hatte viele Jahre für diese Partei gestimmt, und mir wurde klar, dass man nicht nur für sich linksorientiert denken und leben kann – sondern dass man versuchen sollte, selbst etwas für die Gemeinschaft zu tun“, so der nun frisch gewählte Stadtratspolitiker.

Als der bisherige Spitzenkandidat der Einheitsliste in Sonderburg, Anders Brandt, nicht erneut zur Wahl antrat, ging er mit Parteikollegin Johanna Precht als Spitzenkandidat in den Wahlkampf.

„Bis dato waren unsere beiden Kinder eher klein. Da war es begrenzt, wie viel Energie man übrig hatte“, so Asger Romme Andersen. „Wie können auch die Menschen, die nicht wahnsinnig viel verdienen, in Dänemark ein gutes Leben führen? Das ist für mich eine sehr wichtige Frage und Antriebskraft hinter meinem politischen Engagement. Ich will dazu beitragen, dass genau das gelingen kann.“

Wann wurde dir im Laufe des Wahlabends und der darauffolgenden Nacht klar, dass du es geschafft hast?
„Es war sehr spannend. SF führte einen großen Teil des Abends, erst als die Ergebnisse aus den städtischen Wahlbezirken kamen, drehte es sich zu unseren Gunsten. Zu dem Zeitpunkt kamen dann auch die Sozialdemokraten und baten um Verhandlungen. Bevor das letzte Wahlergebnis aus den Humlehøjhallen kam, führten wir mit nur neun Stimmen vor SF, es war also wirklich knapp!“

Einheitsliste und SF waren im Zuge der Wahl einen technischen Wahlverbund eingegangen. Mit zusammen 1.656 Stimmen holten beide Parteien ein Mandat – und die Einheitsliste lag mit 36 Stimmen vor SF.

Welche Themen sind dir und deiner Partei am wichtigsten? Was willst du in den kommenden vier Jahren bewegen?
„Der Sozialbereich ist ein Kernthema. Unsere Aufgabe ist es, ein gutes Leben für alle zu ermöglichen. Nicht nur für die Besserverdiener. Und es sollte kein Kampf für Betroffene sein, Hilfe zu erhalten, wenn Hilfe erforderlich ist. Nehmen wir einen 18-Jährigen, der in ein betreutes Wohnangebot zieht und individuelle Hilfe braucht. Oder eine körperlich behinderte Frau, die auch nach Jahrzehnten jedes Jahr neu nachweisen und beweisen muss, dass sie bestimmte Gesundheitsschuhe benötigt. Hier könnten wir dafür sorgen, dass die Dokumentationspflicht einfacher wird. Vielleicht eine bessere Zusammenarbeit zwischen Sachbearbeitern und Ärzten schaffen? Es gibt auf jeden Fall Verbesserungsbedarf.“

Asger Romme Andersen in der Wahlnacht mit Bürgermeister Erik Lauritzen Foto: Timo Battefeld/Jysk Fynske Medier/Ritzau Scanpix

Du bist selbst im Bereich Psychiatrie und Menschen mit Behinderungen tätig. Willst du dich im Sozial- und Gesundheitsausschuss einbringen?
„Nein, denn dort wäre ich bei einigen Fachbereichen befangen. Dieser Bereich ist aber durch Sozialdemokraten und Schleswigsche Partei gut abgedeckt im Stadtrat. Hier setze ich auf eine starke Zusammenarbeit und Austausch. Ich bin froh, dass der Mehrheitsgruppe dieser Bereich sehr wichtig ist.“

Was sind weitere Kernthemen?
„Klima und Natur. Da gibt es bereits gute Projekte. Andererseits will die Kommune den Flughafen weiter ausbauen, das ist nicht gerade ein Projekt, das dem Klimaschutz dient. Wir haben uns in der Konstituierungsabsprache bereit erklärt, den beschlossenen Ausbau mitzutragen. Es ist ja beschränkt, wie viel wir mit einem Mandat einfordern können. Aber die Einheitsliste will sich dafür starkmachen, dass der Flughafen für den Zweck ausgebaut wird, der einleuchtet: für Mitarbeiter und Partner von den großen Unternehmen in der Kommune Sonderburg.

Ein Flughafen ist nicht klimafreundlich, die Flugzeuge werden schließlich nicht von Gänsen gezogen. Aber wir erkennen an, dass er für die großen Unternehmen der Kommune wichtig ist. Darauf sollte der Fokus liegen – nicht auf dem Ausbau von Charterreisen!

Asger Romme Andersen, Einheitsliste

Ein Flughafen ist nicht klimafreundlich, die Flugzeuge werden schließlich nicht von Gänsen gezogen. Aber wir erkennen an, dass er für die großen Unternehmen der Kommune wichtig ist. Darauf sollte der Fokus liegen – nicht auf dem Ausbau von Charterreisen! Ein weiteres Kernthema der Sonderburger Einheitsliste ist der Bereich bezahlbares Wohnen. Ich kenne Kollegen, die monatelang eine Mietwohnung gesucht haben, die einigermaßen bezahlbar und bewohnbar war. Wir wollen neue Mitbürger in die Kommune holen – dafür brauchen wir Wohnungen, die zu bezahlen sind. Sonst ziehen die Menschen am Ende nach Apenrade – und das geht doch nicht.“

Deine Partei hat ein Mandat. Wie viel Einfluss kann man mit nur einer Stimme ausüben, und welche Ausschüsse möchtest du mitprägen?
„Abgesprochen ist, dass die Einheitsliste einen Ausschussvorsitz erhält. Aber noch steht nicht fest, welche Ausschüsse es geben wird und welche Fachbereiche in welchem Ausschuss platziert werden. Ich bin auf jeden Fall an den Themen Klima und Natur interessiert und an der Wohnungspolitik.“

Die Kommune Sonderburg muss in den kommenden vier Jahren 45 Millionen Kronen sparen – allein um den jetzigen Standard in Pflege und Wohlfahrt zu halten. Wo siehst du Sparpotenzial?
„Zunächst: Wir haben uns darauf geeinigt, den Budgetbeschluss des alten Stadtrats zu akzeptieren. Aber wir wollen im Dialog auf Bereiche hinweisen, wo unserer Meinung nach auch gespart werden kann. Muss sich die Kommune so stark finanziell an der Als-Fünen-Brücke beteiligen? Muss und soll die Sonderburger Umgehungsstraße ausgebaut werden? Wir sollten lieber in den öffentlichen Transport investieren, anstatt noch bessere Infrastrukturen für den privaten Verkehr zu schaffen. Denn je angenehmer es wird, Auto zu fahren, desto mehr Autofahrer wird es geben. Wir schlagen vor, öffentlichen Transport von und zu großen Unternehmen und Ausbildungsinstitutionen besser zu machen, damit weniger Menschen Auto fahren müssen. Beispielsweise mit einer guten Busverbindung Danfoss-Linak-Hörup zu den Stoßzeiten. So könnten die Berufspendler den Bus nehmen statt das Auto. Aber es muss eben ein gutes Angebot geben, bevor man das Auto stehen lässt.“

Ab Januar kannst du im Kommunalparlament mitbestimmen. Wirst du seit der Wahl darauf angesprochen?
„Ehrlich gesagt – das eben war das erste Mal, dass ich in der Öffentlichkeit erkannt und angesprochen wurde. Bis Januar kann ich mich noch ein wenig dran gewöhnen – und mit den Koalitionsgesprächen und Vorbereitungen gibt es bis dahin ja noch einiges zu tun!“

 

Der 39-Jährige ist seit zehn Jahren Mitglied der Einheitsliste. Foto: Sara Eskildsen
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