Vortragsabend

Diese Sonderburger Lebensläufe nannte Ilse Friis

Diese Sonderburger Lebensläufe nannte Ilse Friis

Diese Sonderburger Lebensläufe nannte Ilse Friis

Sonderburg/Sønderborg
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Rund 50 Personen kamen auf Einladung des Bundes Deutscher Nordschleswiger und des Deutschen Museums Sonderburg zum Vortrag. Foto: Sara Eskildsen

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Wer waren die Sonderburgerinnen Ottilie M. und Theodora Valentiner? Ilse Friis hielt am Montag einen gut besuchten Vortrag im Deutschen Museum und gab Auskunft über Frauenschicksale rund um 1945.

Seit anderthalb Jahren beschäftigt sich Ilse Friis mit nordschleswigschen Frauenschicksalen während der Zeit des Nationalsozialismus.

„Über Taten und Untaten der Männer wurde und wird immer noch viel geschrieben. Wir, die Ehrenamtlichen im Archiv, mussten feststellen, dass es über die Frauen sehr wenig, ja fast nichts gibt“, so Ilse Friis. 

„Vor anderthalb Jahren stellte sich die Frage, ob ich da ein wenig graben sollte. Und Hauke sagte: Mach mal, so 12 bis 15 interessante Frauenschicksale wirst du ja wohl finden. Ihr könnt jetzt gut und gerne eine Null dranhängen“, so Ilse Friis über die Menge an interessanten Lebensläufen von Nordschleswigerinnen im Zweiten Weltkrieg, die ihr beim Sichten im Archiv des Museums aufgefallen waren.

Als Fremdsprachenkorrespondentin zur SS

Für den Vortrag in Sonderburg hatte sie einige Frauenschicksale aus der Stadt am Alsensund (Alssund) dabei.

So sprach sie über die in Sonderburg aufgewachsene Sekretärin Ottilie M., die als gelernte Fremdsprachenkorrespondentin ab November 1942 im Berliner SS-Hauptamt arbeitete. Dort übersetzte sie aus dem Dänischen und dem Norwegischen.   

Ilse Friis hat die Lebensläufe der Frauen in sieben Kategorien aufgeteilt, wie diese Projektion an der Wand zeigt. Foto: Sara Eskildsen

Als sie im April 1945 zu ihrer Schwester nach Jündewatt (Jyndevad) zurückkehrte, wurde sie von einem Familienmitglied angezeigt. „Sie wurde nach Kopenhagen gebracht, weil sie in Kopenhagen für das SS-Ersatzkommando gearbeitet hatte“, erläuterte Ilse Friis.

„Die Anklage lautete, sie habe für Himmler gearbeitet und für Dr. Værnet übersetzt“, so Friis. Doktor Værnet experimentierte im Zweiten Weltkrieg mit Hormontherapien an Homosexuellen.

Freispruch durch das Höchstgericht

Ottilie M. wird zunächst zu anderthalb Jahren Haft verurteilt, legt gegen das Urteil aber Einspruch ein. Sie gibt zu, für fünf Tage in Prag für Dr. Værnet übersetzt zu haben, Himmler habe sie jedoch nie gesehen. In zweiter Instanz wird ihre Strafe auf ein Jahr und acht Monate erhöht. Doch die Fremdsprachenkorrespondentin legt erneut Berufung ein – und das dänische Höchstgericht spricht sie am Ende frei.

„Die Familie hat uns freundlicherweise ein Fotoalbum überlassen, und die Tochter erzählte, dass die Mutter geschwärmt hat von den Jahren in Berlin.“

Museumsleiter Hauke Grella begrüßte die Referentin zu Beginn. Im Anschluss des Vortrags lud das Museum zur Suppe ein. Foto: Sara Eskildsen

Ein anderes Frauenschicksal war das von Theodora Valentiner. Einer jener „Gegnerinnen“, wie Ilse Friis sie nennt. Geboren in Hamburg, zog sie 1894 mit der Familie nach Sonderburg in die Rosenstraße, nach dem Tod des Vaters zog die Familie in die Villa am Asylvej 9.

Beratungsstelle für Mütter in Sonderburg

Hier richtete Theodora Valentiner, die sich in Flensburg, Genf, Irland und in Hamburg ausbilden ließ, eine Beratungsstelle für Mütter und eine deutsche Bibliothek ein. Sie war auch in der Gemeindearbeit aktiv.

Nach dem Krieg ist sie die einzige Frau, die im März 1946 bei den Kommunalwahlen kandidierte. „Sie hatte mit den braunen Jahren nichts am Hut, eine spannende und interessante Frau aus Sonderburg“, so Friis am Montagabend.

 

Das Haus der Familie Valentiner am Asylvej, in dem Theodora Valentiner eine Beratungsstelle für Mütter und eine Bibliothek leitete Foto: Sara Eskildsen
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