Zugezogene

„Man sollte das ganze Paket nehmen“

„Man sollte das ganze Paket nehmen“

„Man sollte das ganze Paket nehmen“

Sonderburg/Sønderborg
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Jörn Petersen ist Vorsitzender des BDN-Ortsvereins Sonderburg. Foto: Nils Baum

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Der Vorsitzende des Ortsvereins Sonderburg des Bundes Deutscher Nordschleswiger, Jörn Petersen, freut sich über steigende Mitgliederzahlen. In jüngster Zeit hat er besonders viel mit Zugezogenen zu tun. Neben Hilfestellung bei der Integration möchte er gerne vermitteln, weshalb eine aktive Unterstützung der Minderheit wichtig ist.

Nordschleswig ist bei Deutschen populär, daran hat der Vorsitzende des Ortsvereins Sonderburg des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Jörn Petersen, keinen Zweifel. In den vergangenen Monaten hat sein Telefon mindestens einmal in der Woche eine deutsche Nummer angezeigt, wenn es geklingelt hat.

„Entweder rufen Menschen an, die vor Kurzem hier angekommen sind und Anschluss suchen, oder es sind Leute, die sich mit dem Gedanken beschäftigen, nach Nordschleswig zu ziehen“, sagt Jörn Petersen.

Wachsende Mitgliederzahl

Die Palette der Fragen ist bunt und reicht von dem Wunsch nach Tipps bei der Wohnungssuche bis hin zur Klärung der Möglichkeit, Mitglied in einem deutschsprachigen Angelverein werden zu können. Den gibt es in Nordschleswig zwar nicht, aber Jörn Petersen hört sich geduldig alle Fragen an. Und greift dann auf sein umfassendes Netzwerk in der deutschen Minderheit zurück oder verweist weiter an die Kommune.

Entweder rufen Menschen an, die vor kurzem hier angekommen sind und Anschluss suchen, oder es sind Leute, die sich mit dem Gedanken beschäftigen, nach Nordschleswig zu ziehen.

Jörn Petersen, Vorsitzender des BDN-Ortsvereins Sonderburg

In einer Serie beleuchtet der „Der Nordschleswiger“, wie Zugezogene das Angebot der deutschen Minderheit sehen und was die Minderheitenorganisationen selbst machen können, um mehr Zuzüglerinnen und Zuzügler als aktive Mitglieder zu gewinnen.

Der 52-jährige Familienvater wohnt seit 1997 in Sonderburg und ist nun bereits im 11. Jahr der Vorsitzende des hiesigen BDN-Ortsvereins. Der konnte zuletzt relativ viele Neuanmeldungen verzeichnen. Während die Zahl der Mitglieder vor zehn Jahren nur etwa 200 Personen betrug, ist sie inzwischen auf knapp 300 gewachsen, davon sind allein seit Jahresbeginn 40 neu hinzugekommen. 75 Prozent von ihnen seien Zugezogene.

Froh über kommunalen Zuzügler-Service

Bei den zahlreichen Fragen, die Jörn Petersen erreichen, ist er froh darüber, dass die Kommune Sonderburg einen Zuzügler-Service eingerichtet hat. Dabei macht die Kommune nicht nur Werbung für die Stadt, sondern arrangiert auch Zuzügler-Messen, auf denen sich neben der öffentlichen Verwaltung auch verschiedene Vereine und Organisationen präsentieren können. Zudem hat die Kommune ein Portal mit Informationen für Zugezogene auf Deutsch eingerichtet.

„Die Zuzügler-Messen sind eine sehr gute Gelegenheit, um den Leuten einen Umzug schmackhaft zu machen, aber auch, um wichtige Informationen zu vermitteln. Denn so einfach, wie einige Leute sich einen Umzug nach Dänemark vorstellen, ist dieser dann auch wieder nicht. Es ist schon ein großer bürokratischer Akt. Da sind Ansprechpartnerinnen und -partner sehr hilfreich“, sagt Jörn Petersen.

So einfach, wie einige Leute sich einen Umzug nach Dänemark vorstellen, ist dieser dann auch wieder nicht. Da sind Ansprechpartnerinnen und -partner sehr hilfreich.

Jörn Petersen, Vorsitzender des BDN-Ortsvereins Sonderburg

Eigene Messe im September

Der Erfolg der kommunalen Zuzügler-Messen hat den BDN-Ortsverein Sonderburg dazu inspiriert, im September selbst eine Messe durchzuführen und damit zu zeigen, dass die deutsche Minderheit Angebote hat, die über das Schulsystem hinausgehen. „Es gibt andere Möglichkeiten, sich auf Deutsch zu unterhalten und sich einzubringen. Für viele, die gerade hierhergezogen sind und noch nicht so gut im Dänischen sind, ist das ein Anreiz“, sagt Jörn Petersen.

Um möglichst viele Menschen zu erreichen, hat der BDN-Ortsverein Sonderburg seine Messe auf denselben Tag gelegt, an dem auch das Sommerfest der Deutschen Schule Sonderburg stattfand. Und hatte nach Ansicht von Jörn Petersen damit Erfolg.

„Ich habe interessante Gespräche geführt, teilweise mit Leuten, die noch gar nicht in Sonderburg wohnen und erst mal wissen wollten, wo sie am besten weitere Informationen bekommen können. Dann kamen einige, die ihre Kinder schon seit längerer Zeit an einer deutschen Schule haben und trotzdem noch Aufklärungsbedarf in Bezug auf die Arbeit des BDN hatten. Da ging es darum, den Leuten die Struktur zu erklären und auch zu verdeutlichen, dass der Dachverband als Lobbyorganisation für die Zuschüsse sorgt. Und dann die eigentliche Zielgruppe, nämlich die Menschen, die gerade hier hochgezogen sind“, fasst Jörn Petersen den Messetag zusammen.

Neue Mitgliedsanträge

Insbesondere vonseiten derer, die bereits in Nordschleswig wohnen, gab es anschließend Anträge auf eine Mitgliedschaft im BDN. Neben dem BDN-Ortsverein Sonderburg waren unter anderem auch der Ruderverein, die Deutsche Kirchengemeinde, der Sozialdienst, die Bücherei, der Frauenbund, die Schleswigsche Partei und der „Nordschleswiger“ vertreten.

Dank des regen Interesses hofft Jörn Petersen, dass Zugezogene so weitere soziale Kontakte knüpfen können, und das auch, ohne die dänische Sprache zu beherrschen. „In der Übergangsperiode, bis man Dänisch spricht, ist es ein großer Vorteil, sich auf Deutsch verständigen zu können. Wir haben die Brückenbauerfunktion, um die Integration zu erleichtern.“

Wenn bei Jörn Petersen das Telefon klingelt, meldet sich am anderen Ende der Leitung pro Woche mindestens eine Person, die aus Deutschland anruft. Foto: Nils Baum

Vor allem Familien mit Kindern

Zwar sind unter den Zuzüglerinnen und Zuzüglern nicht nur Familien mit Kindern, aber nach Einschätzung von Jörn Petersen machen sie doch den größten Teil aus. „Mein Eindruck ist schon, dass viele hier hochziehen wegen der Kinder. Weil sie mit dem Schulsystem in Deutschland nicht einverstanden sind. Da haben sicher viele die Corona-Pause genutzt, um ihre eigene Zukunft zu überdenken“, sagt er.

Wir haben die Brückenbauerfunktion, um die Integration zu erleichtern.

Jörn Petersen, Vorsitzender des BDN-Ortsvereins Sonderburg

Und dann rückt die Frage nach dem Besuch einer deutschsprachigen Schule in den Vordergrund. Dass es neben den Schulen noch eine ganze Reihe weiterer deutschsprachiger Einrichtungen in Nordschleswig gibt, hinter denen die deutsche Minderheit steht, sei jedoch nicht zwangsläufig ein Gedanke, der den Zugezogenen komme, gibt Jörn Petersen zu bedenken.

Minderheit als Ganzes betrachten

Hier möchte er gerne ansetzen und besser über die Strukturen des BDN und insbesondere dessen Ortsverein Sonderburg informieren. Denn aus seiner Sicht ist es wichtig, die Minderheit als Ganzes zu sehen – und dann auch den Dachverband durch eine Mitgliedschaft aktiv zu unterstützen. Zwar sei es allen selbst überlassen inwieweit sie sich als Teil der deutschen Minderheit betrachten, denn Minderheit sei schließlich, wer will, so Petersen.

Man sollte das ganze Paket nehmen und sich nicht nur die Rosinen rauspicken, so kann das System nicht funktionieren.

Jörn Petersen, Vorsitzender des BDN-Ortsvereins Sonderburg

Dennoch sei es wichtig zu zeigen, dass man die Minderheit will und sich nicht nur eine andere Schule für seine Kinder wünscht. „Man sollte das ganze Paket nehmen und sich nicht nur die Rosinen rauspicken, so kann das System nicht funktionieren“, gibt Jörn Petersen zu bedenken.

BDN-Dachverband durch Mitgliedschaft unterstützen

Dazu gehört aus seiner Sicht auch, den BDN-Dachverband durch eine Mitgliedschaft zu unterstützen. Schließlich koste diese auch nur 75 Kronen pro Jahr, und der BDN sorge letztlich dafür, dass die Vereine vor Ort finanziell unterstützt werden. Oder dass Eltern beispielsweise kein Schulgeld für die deutschen Schulen der Minderheit zahlen müssen, wenn sie ihr Kind in einer der Einrichtungen anmelden, da sich der BDN für eine hundertprozentige Finanzierung durch die öffentliche Hand eingesetzt habe.

„Das sollte den Eltern bewusst sein und das auch anerkennen“, meint Jörn Petersen. Allerdings müsse man den Leuten das schon erklären, von allein kommen sie nicht darauf. „Bei einigen fehlt das Wissen um den BDN und um die übrigen Minderheitenorganisationen. Es gibt nicht den natürlichen selbstverständlichen Schritt von der Schule hin zu den Vereinen der Minderheit.“

Es gibt nicht den natürlichen selbstverständlichen Schritt von der Schule hin zu den Vereinen der Minderheit.

Jörn Petersen, Vorsitzender des BDN-Ortsvereins Sonderburg

Besonders freut er sich, wenn einige Menschen neben einer BDN-Mitgliedschaft noch einen Schritt weitergehen und sich aktiv im Ortsverein oder im BDN-Vorstand engagieren. „Allerdings ist der Zuzüglerboom noch recht frisch für uns, und wir müssen abwarten, was daraus entsteht“, sagt Jörn Petersen.

Ortsvereine in der Pflicht

Und er sieht dabei auch die Ortsvereine in der Pflicht. „Zugezogene in die Minderheit zu holen ist in erster Linie Aufgabe der Ortsvereine, das muss lokal organisiert werden. Der Dachverband hat eine wichtige Aufgabe darin, Werbematerial zu erstellen, die Infrastruktur für die Homepage bereitzustellen, und Inspiration zu liefern. Diese Unterstützung ist sehr wichtig. Aber letztlich muss die Arbeit vor Ort geleistet werden. Die Manpower hat die BDN-Zentrale nicht“, meint Jörn Petersen.

Zugezogene in die Minderheit zu holen ist in erster Linie Aufgabe der Ortsvereine, das muss lokal organisiert werden.

Jörn Petersen, Vorsitzender des BDN-Ortsvereins Sonderburg

Deshalb sei das Zusammenspiel zwischen Zentrale und Ortsvereinen so wichtig. „Als BDN-Ortsvorsitzender habe ich ein relativ großes Netzwerk. Wenn die Leute bei mir anfragen, kann ich recht schnell weiterverweisen, denn ich habe eine große Kontaktfläche innerhalb der Minderheit“, preist Jörn Petersen die Vorzüge der Ortsvereine des BDN an.

Für Zugezogene bieten sich somit interessante Perspektiven. Und während der BDN den Neuankömmlingen mit seinem Netzwerk aus Ortsvereinen helfen kann, können auch die Zugezogenen einen wichtigen Beitrag zu den Institutionen der Minderheit liefern, ist Jörn Petersen überzeugt.

Wenn es nach ihm geht, wird es deshalb auch im kommenden Jahr wieder eine Messe für Zugezogene geben.

„Der Nordschleswiger“ veröffentlicht in dieser Woche täglich einen neuen Artikel zum Thema „Zugezogene“.

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