Die Woche am Alsensund

Handeln statt Hilflosigkeit, das verändert alles

Handeln statt Hilflosigkeit, das verändert alles

Handeln statt Hilflosigkeit, das verändert alles

Sonderburg/Sønderborg
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Eine neue Woche am Alsensund mit Kolumnistin Sara Eskildsen Foto: Karin Riggelsen

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In dieser Woche am Alsensund stellt Kolumnistin Sara Eskildsen die Frage, wie man angesichts einer kaputten Welt nicht in die Hoffnungslosigkeit verfällt.

Mein Strom kommt aus der Steckdose – mit diesem Satz kommt man heute nicht mehr weit. Inmitten einer Welt, in der Eisberge schmelzen und Permafrostböden auftauen, ist ein nachlässiger Umgang mit der eigenen Nachhaltigkeit gesellschaftlich nicht länger akzeptiert.

In dieser Woche am Alsensund beschäftigten sich ausnehmend viele Menschen in der Kommune Sonderburg mit der Frage, wie die nachhaltige Energie der Zukunft entsteht. Und was sie damit zu tun haben. Verwaltung und Lokalpolitik hatten zum Infotreffen eingeladen, um mögliche Standorte für Windkraftanlagen und Solarparks zu besprechen.

Alle wollen saubere Energie aus Windkraft und Solarparks – aber bitte nicht vor der eigenen Haustüre. Ein großes Problem. Denn auch wenn Süddänemark nicht sonderlich dicht besiedelt ist – irgendwelche Anwohnende trifft es dann halt doch, wenn bei Hagenberg zwei 150 Meter hohe Windräder errichtet werden.

Nicht schön, aber notwendig

Kurz bevor das Infotreffen begann, sprach ich mit einigen der Anwesenden. Bürgerinnen und Bürger aus der ganzen Kommune, die in irgendeiner Form von den Plänen betroffen sein könnten. Noch steht nicht fest, an welchen der 13 Standorte Windkraftanlagen und Solarparks entstehen. Aber sicher ist, dass einige von ihnen bebaut werden. Und keiner der Betroffenen möchte, dass der Standort vor der eigenen Haustür umgesetzt wird.

Verständlich. Windkraftanlagen werden bislang unberührte Horizonte und Wohnzimmeraussichten verändern. Regen wird auf Solaranlagen trommeln und Nachbarn stören, und um den sauberen Strom zu produzieren, müssen Kabeltrassen errichtet werden. Nicht schön, aber notwendig.

Soll ich nun lachen oder weinen?

Wie würde ich reagieren? Als Bewohnerin der Kommune wollte auch ich wissen, ob mein Blick auf die Bucht von Düwig in Zukunft von rotierenden Flügeln gestört wird.

Mein Glück im nachhaltigen Unglück: Die Felder neben dem Naturpark Nordalsen liegen grob in der Einflugschneise des Sonderburger Flughafens und eignen sich daher nicht für größere Windkraftanlagen. Soll ich darüber nun lachen oder weinen?

Die Kommunalpolitik steht nun vor der schweren, aber notwendigen Aufgabe, den Menschen Energieanlagen vor die Nase zu setzen, die alle brauchen, aber niemand sehen will.

Ich finde: Wer als Bürgerin oder Bürger neben einer Windkraftanlage wohnen muss oder einen Solarpark vor die Nase gesetzt kriegt, sollte kostenlos den vor Ort produzierten Strom nutzen dürfen. Das würde die Akzeptanz für grüne Energieanlagen innerhalb der Bevölkerung schlagartig fördern.

Wo die Energie herkommt, habe ich mich in dieser Woche am Alsensund mehrfach gefragt. Mein Energieniveau gleicht dem eines Lurchs an einem Montag im November. Ich weiß nicht, ob es die Wintermüdigkeit oder die Frühjahrsmüdigkeit ist. Vermutlich haben sich beide gepaart.

Noch nie kam mir ein Winter so endlos vor. Ich bin so bleich, dass ich Sonnenlicht fast schon reflektiere. Ich setze all meine Hoffnungen auf die Ankündigung des dänischen Wetterdienstes, dass an diesem Wochenende die ersten Frühlingsgefühle aufkommen. Alles über 10 Grad sei mir willkommen.

Wann ist es vorbei mit Hygge und Heckenschneiden?

Was hierzulande herbeigesehnt wird – Wärme! – ist für den Permafrostboden der Tundra eine Katastrophe. Im Gespräch mit einer Forscherin erfuhr ich in diesen Wochen am Alsensund, wie sich die Menschheit auf all die unbekannten Viren und Bakterien vorbereiten sollte, die aus dem auftauenden Permafrostboden kriechen. Steigen dort Killerviren auf, die bislang kein Mensch kennt, schlimmer als Pocken oder Pest?

Im Interview, aber auch beim Schreiben des Artikels, machte sich kurz Weltuntergangsstimmung in mir breit. Wie lange können wir alle unser kleines, beschauliches Leben noch weiterleben, ohne von Klimakatastrophen daran gehindert zu werden? Wann ist es vorbei mit Hygge und Heckenschneiden?

Und was nützt es überhaupt, wenn ein so kleines Land wie Dänemark auf grüne Umstellung setzt? Auch wenn mein altes Haus in den Feldern mittlerweile mit einer Super-Eco-+++-Wärmepumpe beheizt wird: „The ice is melting at the pøules“, um Ex-Außenminister Villy Søvndal zu zitieren.

Entweder werden wir zum Opfer, akzeptieren die schlechten Gegebenheiten, geben auf und Verantwortung ab. Oder wir übernehmen unseren Teil, und sei er noch so klein.

Sara Eskildsen, Kolumnistin

So wie die Kommune Sonderburg muss im Grunde jeder Mensch immer wieder neu eine Standortbestimmung vornehmen. Was kann ich tun, um dieser Welt Gutes zu tun, und wo? Welche technischen Anlagen erfordert es – und welche Opfer? Ein einzelner Haushalt kann das Weltklima nicht retten. Aber jeder kann einen kleinen, winzigen Teil dazu beitragen, es zumindest zu versuchen.

Ganz nach dem Motto von Albert Einstein könnte man sagen: Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich nur darin zurechtfinden. Ebenso muss man die Welt nicht retten, man muss sich aber damit auseinandersetzen.

Bei den Nachrichten in dieser Woche, einmal mehr voller Krieg und grausamer Morde, ist es nicht einfach, die Welt weiterhin als Ort voller Wunder zu betrachten. Das Schöne und Zauberhafte darin zu sehen.

Mit neuer Sonnenenergie den Standort bestimmen

Doch anstatt in den düsteren Katastrophen-Modus zu schalten und eine „eh-egal“-Haltung anzunehmen, ist das hoffnungsvolle Handeln immer die bessere Wahl. Schon alleine deswegen, weil es sich besser anfühlt. Wie wir die Welt betrachten, bestimmt unser Schicksal. Im globalen wie im persönlichen Aspekt.

Entweder werden wir zum Opfer, akzeptieren die schlechten Gegebenheiten, geben auf und Verantwortung ab. Oder wir übernehmen unseren Teil, und sei er noch so klein. Handeln statt Hilflosigkeit, das verändert alles.

Mit ganz neuer Sonnenenergie können wir das Wochenende ja mal für eine persönliche Standortbestimmung nutzen.

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