Leitartikel

„Neuer Studiengang in Sonderburg: Kuhhandel für die Bildung“

Neuer Studiengang in Sonderburg: Kuhhandel für die Bildung

Neuer Studiengang in Sonderburg: Kuhhandel für die Bildung

Apenrade/Aabenraa
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Anstatt die Hochschulen auf Kosten von Umzügen in die Provinz zu schwächen, könnten auch beide Seiten gestärkt werden, meint Cornelius von Tiedemann, der sich nicht blenden lassen will von einem kleinen Master in Nordschleswig.

Es ist schon bemerkenswert, wie detailliert die Politik sich hierzulande immer wieder in Bereiche einmischt, für die sie eigentlich einfach nur die bestmöglichen Rahmenbedingungen schaffen sollte. Jüngstes Beispiel ist (einmal mehr) die Hochschulpolitik.

Für uns als „Provinzler“ klingt die Maßnahme, dass die Unis mehr Studiengänge in die Kleinstädte verlagern sollen, ja erst mal ganz toll. Schließlich sind Studierende, die in die Großstadt ziehen und dann nie wiederkehren, ein großes Problem, auch und gerade in Nordschleswig.

Doch ist nicht alles, wie es scheint. Korrekt formuliert müsste es nämlich nicht heißen, dass die Regierung Studienplätze regionalisieren will. Es müsste ehrlich heißen, dass die Hochschulen 10 Prozent ihrer Studienplätze streichen sollen – oder einige davon in die Kleinstädte verlegen, um sie doch noch behalten zu dürfen.

Und wo wir schon ehrlich sind: Ein einziger Master-Studiengang in Politik (auf Englisch) und dazu ein bereits früher angekündigter zusätzlicher Ingenieurs-Studiengang  in Sonderburg werden Nordschleswig nicht plötzlich zum unwiderstehlichen Anziehungspunkt für Abiturientinnen und Abiturienten machen.

Nein, wir wollen uns nicht beschweren und freuen uns darüber, dass Sonderburg, das sich am Ortseingang trotz nur rund 1.000 Studierender als „Universitätsstadt“ bezeichnet, diesem Namen nun noch etwas gerechter wird. Zumal, weil die Süddänische Uni den Standort strategisch klug ausbaut mit den Ingenieurinnen und Ingenieuren und den internationalen Politik-Studierenden. Durch Letztere kommen endlich auch wieder einige Studierende der Geisteswissenschaften auf Master-Niveau an den Alsensund. Vielleicht ja auch aus Deutschland.

Doch ob darunter viele junge Leute aus Uk, Renz oder Quars sein werden, die ihren Politik-Master auf Englisch im Alsion machen und so im Landesteil gehalten werden? Und nach dem Studium?

Haben junge Menschen nicht vielleicht Besseres vor, als sich nach den Quotenplänen von Politikerinnen und Politikern zu richten, wenn sie neben den Studieninhalten vielleicht auch lernen wollen, auf eigenen Füßen durchs Leben zu schreiten?

Der Weg in die Großstadt und an eine große, vielfältige Universität mit ihrem bunten sozialen und fachlichen Umfeld ist dazu für manche (nicht für alle) ein unschätzbar wertvoller Lebensabschnitt.  Gerade Menschen, die anderswo marginalisiert werden, können in solchen Umfeldern aufblühen – und mit ihren Persönlichkeiten und Fähigkeiten unsere Gesellschaft kulturell, fachlich oder wie auch immer bereichern.

Wir brauchen die sprudelnde Metropole mit der selbstbewussten Universität auch im kleinen Dänemark. Auch wir in der Provinz profitieren davon, dass Dänemark mehr zu bieten hat als nur Stadt oder Land. Wir haben beides.

Was wir nicht brauchen, sind Politikerinnen und Politiker, die einen Keil dazwischentreiben wollen. Warum die Stadt und ihre Vielfalt bestrafen, wenn wir dem Land Gutes tun wollen?

Es kann doch nicht ernsthaft der Plan sein, die Hochschulen komplett zu provinzialisieren und so zu tun, als könnten auf einem kleinen Campus in Sonderburg dieselben Synergien entstehen wie zum Beispiel in Odense.

Die Süddänische Uni hat zum Glück reichlich Erfahrung als Netzwerk-Uni und entsprechend gut fügen sich die neuen Angebote in Sonderburg in die bestehenden Schwerpunkte.

Sonderburg und das Grenzland stehen für Techniken der Zukunft und internationale Beziehungen. Und genauso sollte es überall laufen: Anstatt gewachsene Strukturen zu zerschlagen, könnten Kompetenzschwerpunkte, auch und vor allem außerhalb der großen Standorte, gestärkt werden.

Die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, als Investition in die Zukunft, dafür sollte die Politik sorgen. Ganz ohne verdeckte Spar-Agenda.

 

 

 

 

 

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