Ministersturm

Engelbrecht streitet ab, gelogen zu haben

Engelbrecht streitet ab, gelogen zu haben

Engelbrecht streitet ab, gelogen zu haben

Walter Turnowsky/Ritzau
Kopenhagen
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Kann Benny Engelbrecht auch zukünftig den ersten Spatenstich für einen Radweg wie am Freitag in Billund setzen? Zwei politische Beobachter meinen: Ja. Foto: Jacob Schultz/Jysk Fynske Medier/Ritzau Scanpix

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Der Verkehrsminister meint nicht, er habe die Existenz von CO₂-Berechnungen für den Infrastrukturplan abgestritten. Politische Beobachter sehen ihn mit einer Verwarnung davonkommen.

Der Stuhl von Verkehrsminister Benny Engelbrecht (Soz.) wackelt, dürfte aber stehen bleiben, so die Einschätzung der politischen Kommentatoren Michael Kristiansen und Peter Mogensen.

Nachdem Engelbrecht zu den Anschuldigungen, er habe wichtige Klimadaten verheimlicht, sich zunächst nur schriftlich geäußert hatte, machte der Politiker aus Sonderburg (Sønderborg) am Dienstag eine Tournee durch die Medien, um sein politisches Leben zu retten.

Sein Tenor bei den Interviews: Er entschuldige sich dafür, dass er bei den Verhandlungen zum Infrastrukturplan nicht deutlich genug gewesen sei, streite jedoch ab, er habe die Existenz von Klimaberechnungen verheimlicht.

Schiene und Straße nicht vergleichbar

Die Medien „MobilityWatch“ und „Ingeniøren“ hatten aufgedeckt, dass die Straßenbehörde Berechnungen zum CO₂-Ausstoß beim Bau von Autobahnen und Bahnstrecken angestellt hatten, diese jedoch kurz vor den Verhandlungen über einen Infrastrukturplan für den Zeitraum von 2021 bis 2035 aus den Unterlagen entfernt wurden.

Engelbrecht sagte dem „DR“-Nachrichtenmagazin „Deadline“, die Beamten seines Ministeriums seien zu dem Ergebnis gekommen, die Daten seien als Grundlage für Verhandlungen nicht solide genug.

„Man kommt nach einer fachlichen Beurteilung in meinem Ministerium zu dem Ergebnis: Wir können für die Zahlen nicht einstehen. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Ganz grundsätzlich sind laut der Beamten des Ministeriums Schiene und Straße nicht vergleichbar“, so Engelbrechts Erklärung zum Verschwinden der Zahlen.

Parteien haben um Zahlen gebeten

Venstre, die Sozialistische Volkspartei (SF) und die Einheitsliste sagen, sie hätten während der Verhandlungen im Juni 2021 nach den Zahlen gefragt, jedoch die Antwort erhalten, es gebe sie nicht.

„Wir bekamen die Antwort, man habe keine solchen Berechnungen, und daher könnten wir sie nicht bekommen“, sagt Venstres verkehrspolitischer Sprecher, Kristian Pihl Lorentzen, zu „Ingeniøren“.

Ich habe zu keinem Zeitpunkt gesagt, es gebe sie nicht.

Benny Engelbrecht (Soz.), Verkehrsminister

Engelbrecht streitet ab, dies gesagt zu haben.

„Ich habe zu keinem Zeitpunkt gesagt, es gebe sie nicht. Wir haben gesagt, wir haben nichts, das wir präsentieren können“, verteidigte er sich im „Deadline“-Interview.

Engelbrecht drückt Bedauern aus

Zu „Ritzau“ sagte er, es tue ihm leid, nicht deutlicher gesagt zu haben, dass man an einem Berechnungsmodell arbeite.

„Ich hätte deutlicher die Arbeit, die gemacht wurde, beschreiben sollen, und auch, warum das Verkehrsministerium meinte, es gebe nicht ausreichend Sicherheit, dass die Zahlen korrekt sind. Das bedauere ich“, so Engelbrecht.

Radikale Kritik

Die politische Leiterin der Einheitsliste, Mai Villadsen, zeigte sich nach einem Treffen am Dienstag von seinen Ausführungen wenig beeindruckt. Sie wolle eine parlamentarische Anhörung am Donnerstag abwarten, bevor sie sich dazu äußere, ob sie weiterhin Vertrauen in den Minister habe.

„Ich bin sehr überrascht über die Erklärung des Ministers. Es fällt mir sehr, sehr schwer, anzuerkennen, dass wir in unseren Fragen nicht präzise genug waren“, so Villadsen.

„Ich habe soeben eine Anfrage unseres Sprechers für den Bereich Verkehr in den Raum gestellt, in der ganz klar gesagt wird, dass wir Zahlen darüber verlangen, wie viel CO₂ jedes Projekt während der Bauphase ausstößt. Und das ist der springende Punkt“, schreibt sie auf „Twitter“.

Am 8. Juni 2021 stellte Rasmus Vestergaard Madsen (EL) eine Anfrage an den Verkehrsausschuss des Parlaments.

Die Partei Radikale Venstre war in ihrer Kritik zunächst zurückhaltender. Nach einem Gespräch mit Engelbrecht am Mittwoch sagt jedoch auch der verkehrspolitische Sprecher der Partei, Rasmus Helveg Petersen, er sei unzufrieden, dass Engelbrecht die Zahlen nicht präsentiert hatte.

„Es ist eine sehr schlechte Sache“, sagte er gegenüber „TV2 News“.

Schlüsselrolle der Einheitsliste

Es sei jedoch die Einheitsliste, die bei der Frage der politischen Zukunft des nordschleswigschen Politikers eine zentrale Rolle spiele, so die Einschätzung der erfahrenen politischen Beobachter Michael Kristiansen und Peter Mogensen im Programm „Tirsdagsanalysen“ auf „TV2 News“.

Die Partei wolle sich in der Klimafrage profilieren und müsse daher ihren Wählerinnen und Wählern vermitteln, sie könne eine Infrastrukturabsprache, die einen erhöhten von CO₂-Ausstoß auslöst, nicht akzeptieren.

Glaubwürdigkeit beschädigt

Dennoch meint Kristiansen, der Minister würde mit einem blauen Auge davonkommen.

„Es wird bei einer Ermahnung (en næse) bleiben“, ist er überzeugt.

Kollege Mogensen ist weniger sicher. Es werde darauf ankommen, wie die Einheitsliste die gesamtpolitische Lage einschätze. Letztlich kommt jedoch auch er zu dem Ergebnis: „Eine Ermahnung ist das Wahrscheinlichste.“

Beide betonen jedoch, es schade Engelbrechts Glaubwürdigkeit, dass er bei der Vorstellung des Infrastrukturplans gesagt hatte, er sei klimaneutral, mit einem geringfügigen positiven Effekt.

„Wie soll das zusammengehen: einerseits zu sagen, es gebe keine sicheren Zahlen und andererseits zu behaupten, es gebe einen positiven Klimaeffekt“, so Mogensen.

Der Artikel wurde um 16:24 Uhr um eine Aussage und einen Tweet von Mai Villadsen ergänzt.

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