Interview
Ulf Pilgaard: Ruhestand? Kommt nicht in Frage
Ulf Pilgaard: Ruhestand? Kommt nicht in Frage
Ulf Pilgaard: Ruhestand? Kommt nicht in Frage
Wie gut kennt der Schauspieler Ulf Pilgaard das deutsch-dänische Grenzland? Kurz vor seinem mittlerweile abgesagten Auftritt in Sonderburg hat „Der Nordschleswiger“ den Schauspieler und Komiker interviewt.
Für Schauspieler Ulf Pilgaard geht nach dem Sommer 2020 eine Ära zu Ende: Es ist seine letzte Saison im Ensemble der „Cirkusrevyen“. Im Sonderburger „Buchcafé“ sollte er am Sonntag einen Vortrag halten, wie alle anderen Veranstaltungen im Land wurde diese aber mittlerweile abgesagt. Im Telefon-Interview gibt der 79-Jährige dennoch Einblicke in sein bewegtes Leben.
Du hast dein Theologiestudium abgebrochen und bist stattdessen Schauspieler geworden. Hast du das jemals bereut? Ulf Pilgaard als Dorfpfarrer hätte ja auch was für sich gehabt … Ich habe viele Freunde in beiden Lagern, sowohl Theologen als auch Schauspieler. So kann ich mir ein Bild davon machen, wie mein Leben vielleicht ausgesehen hätte.
Auch wenn die meisten meiner Theologie-Freunde mittlerweile pensioniert sind. Oder tot. Nein, ich habe meine Entscheidung, Schauspieler zu werden, nicht bereut. Mein Beruf war meine große Freude. Und ich habe sozusagen das ganze Land als meine Gemeinde.
In diesem Sommer spielst du deine letzte Saison in der „Cirkusrevyen“. Beginnt dann, kurz vor deinem 80. Geburtstag, dein Ruhestand? Nein, davon kann gar keine Rede sein! Ich höre zwar mit der Revue auf, aber ich mache als Schauspieler und Vortragshalter weiter. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, in Ruhestand zu gehen.
Gibt es für dich als Schauspieler noch Rollen, von denen du träumst? Da fällt mir nichts Bestimmtes ein, aber eine Theaterrolle wäre sicher eine Herausforderung und ist sicher nicht ausgeschlossen. In gewisser Weise ist es die Königsdisziplin eines Schauspielers, die Hauptrolle in einem Theaterstück zu spielen. Ein Publikum zwei bis drei Stunden in seinen Bann zu ziehen und zu unterhalten und das am Stück und ohne viele Pausen – das ist eine große Kunst. Aber das ist auch mit das Härteste, was es für einen Schauspieler gibt.
Du hast in „Nattevagten“ den Polizisten Peter Wörmer gespielt und als Komiker warst du Königin Margrethe und Poul Nyrup Rasmussen. Seit 1986 warst du durchgehend Mitglied der „Cirkusrevyen“ und hast in der TV-Serie „Borgen“ Unternehmer Joachime Chrone dargestellt. Du hattest unzählige Rollen. Was war deine persönliche Lieblingsrolle? Ich war mit vielen großen und guten Rollen gesegnet. Eine die mir besonders gefiel, war mein Einsatz zusammen mit Lisbet Dahl im Theaterstück „Vores sensommer“. Das basierte auf dem Film „Deres Sensommer“ von 1981 mit Henry Fonda und Katherine Hepburn. Das Stück war sehr bewegend, über einen alten Mann, der nach und nach die Kontrolle abgeben muss, weil er älter wird.
Du wirst im November 80 Jahre alt. Wie gehst du selbst mit dem Älterwerden um? Generell kann ich beobachten, dass wir alle älter werden, weil wir gesünder leben. Heutzutage führen viele mit 80 oder 90 noch ein aktives Leben und das ist es, was man sich wünscht. Mir geht es körperlich sehr gut und ich habe nicht die Spur Lust, mit dem Arbeiten aufzuhören.
Die Vorstellung, nichts mehr zu tun und einfach nur noch zu Hause zu sitzen, finde ich furchtbar. Das ist einfach zu wenig. Also solange ich diese Lust aufs Leben verspüre und neugierig auf Neues bin, fühle ich mich nicht alt.
Ulf Pilgaard, Schauspieler
Ich denke, das habe ich mit vielen älteren Menschen gemeinsam. Die Vorstellung, nichts mehr zu tun und einfach nur noch zu Hause zu sitzen, finde ich furchtbar. Das ist einfach zu wenig. Also solange ich diese Lust aufs Leben verspüre und neugierig auf Neues bin, fühle ich mich nicht alt.
Was machst du in deiner Freizeit, wenn du gerade nicht auftrittst? Ich reise gerne und viel und lerne neue Orte kennen, beispielsweise war ich in Chile und habe Südamerika kennengelernt. Und vor kurzem war ich auf Teneriffa – kurz bevor das mit dem Coronavirus losging. Und ich lese gerne.
Welches Buch liest du gerade? Ich habe immer ein paar Bücher gleichzeitig am Start. Aber ein Buch habe ich mir gerade vorgenommen: Tolstois „Krieg und Frieden". Das habe ich nämlich noch nie gelesen. Jetzt ist es dran.
Wie gut kennst du das Grenzland? Ich kenne Nordschleswig richtig gut und es bedeutet mir viel. Ich hatte viele Jahre lang Familie in Apenrade, meine Tante wohnte dort. Ihr Mann war Küster an der Apenrader Kirche. Er war Teil der Widerstandsbewegung im Zweiten Weltkrieg und wurde ins Gefangenenlager nach Neuengamme gebracht. Er kam mit den Weißen Bussen zurück nach Dänemark.
Das hat mich natürlich tief bewegt und auch geprägt. Das Zuhause am Apenrade Toften habe ich wirklich oft besucht. Südlich der Grenze, in Flensburg, Schleswig und Husum, bin ich oft aufgetreten. Und meine erste Tournee als Schauspieler ging Anfang der 1960er ins Grenzland. Da sind wir an Volkshochschulen aufgetreten und wurden privat einquartiert, in Enstedt/Ensted, Rödding/Rødding und Tondern/Tønder, das war eine super Zeit.
Wie sieht für dich ein perfekter Sommerabend aus, wenn du in Zukunft frei hast, und nicht mehr in der Zirkusrevue auftreten musst? Mit einem Glas Rotwein auf meiner wunderbaren Terrasse in Hellerup sitzen und die Stimmung genießen.
Hast du Enkelkinder, die sich auf mehr Zeit mit Opa freuen? Ich habe zwei Enkel, ein Mädchen und einen Jungen. Es ist herrlich zu sehen, dass die Familiengeschichte weitergeht und ja, ich freue mich auf mehr Zeit, bislang hatte ich immer sehr viel zu tun.