Musik

Grandioser Tangoabend in Sonderburg

Grandioser Tangoabend in Sonderburg

Grandioser Tangoabend in Sonderburg

Jens Uwe Jessen
Sonderburg/Sønderborg
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Isabelle van Keulen Ensemble
Das Isabelle van Keulen Ensemble im Sonderburger Alsion Foto: hpb

Bach als Tango? Jens Uwe Jessen hat für den „Nordschleswiger“ beim Konzert des Isabelle van Keulen Ensembles im Sonderburger Alsion herausgefunden, ob das funktioniert.

Bach in südamerikanischem Gewand – geht denn so etwas?

Dass eine Verknüpfung von Piazzollas argentinischem Tango Nuevo und Bachscher Polyphonie nicht nur möglich ist, sondern ein überaus reizvolles neues Klangerlebnis mit sich bringt, bewies das Isabelle van Keulen Ensemble bei seinem Schleswig-Holstein-Musik-Festival-Konzert am Donnerstagabend im Sonderburger Konzertsaal Alsion.

Die Wirkung der vorgetragenen Werke Bachs und Piazzollas auf die Besucher war überwältigend und löste immer wieder aufs Neue begeisterten Beifall aus. Hierfür spielte neben musikalischer Ausdrucksstärke und technischer Perfektion maßgeblich die ungewöhnliche instrumentale Besetzung mit Violine, Klavier, Kontrabass und Bandoneon eine Rolle.

Außergewöhnlich schon der Konzertbeginn: Bei völliger Dunkelheit im Saal ließ sich Isabelle van Keulen von ferne, aus einem der Nebenräume, mit einer Bearbeitung für Violine solo von Bachs Aria aus den Goldberg-Variationen vernehmen.

Schattenhaft nahmen währenddessen die anderen drei Musiker ihre Plätze auf dem Podium ein, um das Publikum dann zu viert unvermittelt und wild mit Astor Piazzollas La Camorra 1, einer Suite mit Bezug auf die gleichnamige neapolitanische Kriminellenorganisation, zu konfrontieren. Bachs d-Moll-Konzert für zwei Violinen in der gleichen Besetzung zu hören, wobei Christian Gerber mit seinem Bandoneon den Part der zweiten Violine übernahm, übte eine verblüffende Faszination aus.

Dem in atemberaubendem Tempo vorgetragenen, aber stets transparenten Kopfsatz, folgte, besinnliche Ruhe ausstrahlend, das Largo ma non tanto, wobei Ulrike Payer am Flügel das harmonische Fundament erstellte und Rüdiger Ludwig dem Kontrabass zur Begleitung von Violine und Bandoneon einfühlsame Pizzicati entlockte. Rasant und rhythmisch straff wiederum der Schlusssatz. Dank ihrer unterschiedlichen Klangfarbe blieb jederzeit durchsichtig, welches der beiden Melodieinstrumente gerade das Thema übernahm.

Piazzollas Engelsuite brachte alle klanglichen Möglichkeiten des Ensembles zu Gehör. Die Vorstellung des Engels – Introducción al Ángel – knüpfte in ihrer Gelassenheit an den zweiten Satz von Bachs vorausgegangenem Violinkonzert an. Tangorhythmus begleitete den Gesang des Engels, gezeichnet durch zartfühlendes Violinspiel, ein schönes Bandoneon-Solo und klassische Harmonik.

Harte Doppelgriffschläge der Violine und mitreißende Synkopen charakterisierten den gewaltsamen Tod des Engels – La muerte del Ángel. Und in sich ausbreitender Ruhe dann die Auferstehung – Resurrección – des Engels mit rauschendem Klaviersolo und herrlich volltönigem Violinspiel auf der G-Saite. In der Originalfassung trugen Isabelle van Keulen und Ulrike Payer nach der Pause Johann Sebastian Bachs Violinsonate c-Moll, BWV 1017 vor.

Äußerst munter der Schlusssatz – im Klavier ein reines Perpetuum mobile. Zum Abschluss des Konzerts wieder Piazzolla in Tuttibesetzung mit Fuga y misterio – Fuge und Geheimnis. Piazzolla hatte eine Vorliebe für Fugen, die er meisterhaft mit dem Tango Nuevo verband.

Im dahineilenden Fugata-Satz mit aufregenden Synkopen machten zudem das hölzerne Klopfen und ein glockenspielartiges Klaviersolo hellhörig. Im abschließenden Tangata mit einem ausgedehnten weiteren Klavier-Intermezzo und wild anpackender Schlussphase vermischten sich alle Stilarten. Rauschender Beifall bereits jetzt, noch mehr aber nach zwei Piazzolla-Zugaben – die erste äußerst bewegt, die zweite ruhig mit Tremolo und Flageolett-Effekten der Violine – ein schönes Lullaby auf einen langen Durakkord endend.

Die vier Musiker des Isabelle van Keulen Ensembles und ihre Gastgeber   Bund Deutscher Nordschleswiger und die Kommune Sonderburg haben den Konzertbesuchern  nichts weniger als eine Sternstunde des Schleswig-Holstein Musik Festivals geschenkt.

 

                                                                                                           

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