Regionsratswahl 2021

Analyse: Lose bleibt in der Favoritenrolle

Analyse: Lose bleibt in der Favoritenrolle

Analyse: Lose bleibt in der Favoritenrolle

Nordschleswig/Vejle
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Stephanie Lose hat gute Chancen, auch nach der Regionsratswahl im November Vorsitzende der Region Süddänemark zu sein. Foto: Bettina P. Oesten

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Stephanie Lose hat als amtierende Regionsratsvorsitzende die besten Chancen, sich bei der Wahl im November zu behaupten. Doch eine „unbekannte“ Sozialdemokratin macht Druck, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen in einer Analyse zur Regionsratswahl im November 2021.

Die Politik ist stets für Überraschungen gut, doch sollte die Venstre-Politikerin Stephanie Lose nach der Regionalwahl im November nicht als Regionsratsvorsitzende Süddänemarks weitermachen können, wäre dies eine echte Sensation. 

Stephanie Lose übernahm im Sommer 2015 den Vorsitz nach Carl Holst, und die Nordschleswigerin meisterte in den ersten Monaten gleich zwei potenzielle Krisen: die Querelen um ihren Vorgänger Carl Holst und den Bios-Fall, bei dem es um die Ambulanzen-Bereitschaft in der Region ging.

Lose überzeugte sowohl intern als auch nach außen hin in den Medien und sicherte sich bei der Regionswahl 2017 erneut den Vorsitz. Dabei zeigte sie bei den Verhandlungen um die Konstituierung Kompromissbereitschaft und Kompromisslosigkeit zugleich, als es ihr gelang, eine breite Mehrheit über die Mitte hinweg zu sammeln, gleichzeitig aber die Partei des früheren Außenministers Villy Søvndal außen vor zu halten. Søvndal hatte Lose und Venstre im Wahlkampf unnachgiebig hart kritisiert – und nun kassierte er die Retourkutsche.

Lose legte in der jetzigen Amtszeit sogar noch einen obendrauf, als sie Vorsitzende der fünf Regionen des Landes wurde und sich so immer mehr zu einer bedeutenden nationalen Figur in der dänischen Gesundheitspolitik hochgearbeitet hat.

Das ist ein solides Fundament, das ihr im November den Wahlsieg bringen müsste. Doch es gibt noch einige Unbekannte in der Gleichung.
 

Venstre-Krise zieht in die andere Richtung

Die Landespolitik hat in der Regel nicht den großen Einfluss auf die Regionsrats- und Kommunalwahlen, doch Loses Partei Venstre befindet sich derzeit in einer fast existenziellen Krise. Es laufen der Partei sowohl Wähler als auch Mitglieder und Folketingspolitiker davon.
 
Wenn sich diese Tendenzen auch bei der Regionsratswahl durchsetzen, dann kann es für Lose noch eng werden, zumal auch die bisher größte Unterstützer-Partei, die Dänische Volkspartei, auf Landesebene in einer ähnlich großen Krise steckt. Bei den Folketingswahlen 2019 ist DF auch die ehemalige Hochburg Nordschleswig abhandengekommen.

Dafür könnten die Konservativen zwar wiederum punkten, und auch die Neuen Bürgerlichen werden gegebenenfalls Verluste der Dänischen Volkspartei einsammeln können. Dann könnte die Rechnung wieder aufgehen.
Mette With Hagensen mag vielen unbekannt sein, doch sie hat als Vorsitzende des Interessenverbandes Forældre & Skole jede Menge Erfahrung mit dem politischen Leben. Foto: Per Dueholm, JydskeVestkysten

Mette wer?

Loses Rettung, falls V und DF eine schlechte Wahl haben, kann die bisherige breite Zusammenarbeit sein, an der auch die Sozialdemokraten beteiligt sind. Die große „Oppositionspartei“ sitzt also mit im Boot und ist mit den politischen Entscheidungen im Regionsrat einig. Doch die Frage ist, ob die neue sozialdemokratische Spitzenfigur mitspielt?
 
Mette With Hagensen soll nach drei vergeblichen Anläufen der Sozialdemokraten für den Machtwechsel sorgen. Mette wer? Hagensen ist regionalpolitisch ein unbeschriebenes Blatt und wurde im November überraschend deutlich vor zwei erfahrenen Regionsratsmitgliedern gewählt. Doch auch in dieser sozialdemokratischen Mette steckt viel Power und Politik drin.
 

Partei mit Rückenwind

Im Vergleich zu Loses Venstre hat ihre Partei Rückenwind, aber dafür hat Hagensen keinerlei politische Plattform, von der aus sie agieren kann. Außerdem ist sie erst seit dem Herbst Parteimitglied der Sozialdemokraten – hat also auch intern (noch) nicht das große Netzwerk.
 
Das politische Spiel ist für die 53-Jährige aus Varde dennoch keine Unbekannte. Die Lektorin am Rybners Handelsgymnasium in Esbjerg war von 2012 bis 2018 Vorsitzende des Interessenverbandes der Elternschaft, Skole og Forældre, und war 2019 und 2020 Vorsitzende des nationalen Kinder-Rates.
 
Die Parteien haben bei ihr Schlange gestanden, um sie als Kandidatin für das Folketing zu gewinnen, denn Mette With Hagensen mag in der Regionsratspolitik eine Unbekannte sein, doch als Sprachrohr der Elternschaft war sie fast wöchentlich im Fernsehen und hat Tausende von Interviews gegeben.

Sie mag also keine politische Erfahrung aus der Regionalpolitik im Gepäck haben, doch sie kennt das politische Spiel, und sie hat, was politische Themen angeht, jede Menge Erfahrung.
Stephanie Lose (V) hielt Villy Søvndal (SF) bei den Konstituierungsverhandlungen außen vor. Nun stellt SF einen neuen Spitzenkandidaten auf. Foto: Lars Juul, JydskeVestkysten

SF ohne Villy

Ob das reicht, hängt auch davon ab, wie die übrigen Parteien im roten Block abschneiden. Die Volkssozialisten in SF hatten mit Søvndal an der Spitze eine gute Wahl, doch der ehemalige Außenminister hat wieder umgesattelt und möchte jetzt Bürgermeister in Kolding werden. 
 
Stattdessen sollte der nur 33-jährige Mikkel Dragmose-Hansen für SF ins Rennen gehen, doch das Stadtratsmitglied aus Middelfart hat aus persönlichen Gründen den Stecker gezogen. Nun springt die Nummer zwei der Liste, die 71-jährige Regionspolitikerin Annette Blynel, als Spitzenkandidatin ein. SF wird es ohne Villy Søvndal kaum gelingen, die sechs Mandate aus 2017 zu wiederholen – doch wo wandern die Stimmen hin?
 
Die einzig wahre Opposition im Regionsrat in Vejle ist die Einheitsliste – unter anderem mit der routinierten, 73-jährigen Vibeke Syppli Enrum im Spitzenteam – die ihre zwei Mandate sicherlich halten kann, damit aber bisher nichts Großes hat bewegen können.
 
Schließlich gewannen auch die Radikalen und die Liberale Allianz 2017 jeweils ein Mandat, das sie gegebenenfalls behaupten können – aber auch nicht viel mehr.
Der SP-Käfer rollt 2021 nur im Kommunalwahlkampf durch Nordschleswig. Foto: Karin Riggelsen

Wahlkampf ohne SP

Und was ist sonst noch neu gegenüber der Wahl 2017? Die Schleswigsche Partei fehlt. Mit Gösta Toft an der Spitze setzte die SP dem Wahlkampf einen grenzpolitischen Farbtupfer auf, doch die „Mission Regionsrat“ blieb schon im Anlauf stecken, als die richtigen Wahlbündnispartner ausblieben.
 
Einen zweiten Anlauf der Partei der deutschen Minderheit in Nordschleswig wird es nicht geben. So rollt Tofts Käfer nur im Kommunalwahlkampf durch Nordschleswig.
 

Status quo in Süddänemark

Alles in allem ist daher in der Region Süddänemark zum jetzigen Zeitpunkt ein Status quo der Blöcke vorauszusehen, in dem die Mandate eher innerhalb der Blöcke wechseln, aber nicht entscheidend am Mehrheitsverhältnis rütteln.
 
Dabei hat Stephanie Lose zwar immer noch den Vorteil als amtierende und erfolgreiche Regionsratsvorsitzende, doch der Vorsprung ist nur klein, und die Sensation lauert vielleicht doch um die Ecke.
 
Mette With Hagensen ist eine ernstzunehmende Herausforderin für die Zukunft – wenn sie denn nicht doch nach Kopenhagen abgeworben wird. Den Posten als Unterrichtsministerin würde sie jederzeit annehmen, sagte sie vor einigen Jahren – das ist gar nicht so weit hergeholt.
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