Kommentar
„Ehemaligenfest: Mehr als nur Erinnerungen an die Schulzeit“
Ehemaligenfest: Mehr als nur Erinnerungen an die Schulzeit
Ehemaligenfest: Mehr als nur Erinnerungen an die Schulzeit
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Beim diesjährigen Ehemaligenfest des Deutschen Gymnasiums Nordschleswig kommen erneut viele Jahrgänge zusammen. Auch „Nordschleswiger“-Mitarbeiterin Finja Fichte, die kürzlich nach Nordschleswig zurückgezogen ist, nimmt teil. In ihrem Kommentar erzählt sie, welche Bedeutung das Fest für sie hat und was sie zurück nach Nordschleswig gezogen hat.
Vor ziemlich genau einem Jahr feierte ich mein zehnjähriges Abitur-Jubiläum am Deutschen Gymnasium Nordschleswig.
Ich freute mich darauf, alle wiederzusehen, war aber unsicher, ob es seltsam werden würde – ob wir überhaupt noch Gesprächsthemen finden würden. Doch als alle eingetroffen waren, verging keine halbe Stunde, bis die alte Vertrautheit und Dynamik zwischen uns zurück war und es sich wieder genauso anfühlte wie früher.
Damals vor elf Jahren nach dem Abi konnte ich es kaum erwarten, Gravenstein (Gråsten) zu verlassen und in die „große weite Welt“ zu ziehen. Ich wollte dieses verschnarchte Nest hinter mir lassen, wo die Busse, wenn man Glück hatte, einmal die Stunde fuhren und wenn man Pech hatte, gar nicht. Vor einem halben Jahr zog ich zurück nach Apenrade – ich hatte es hier doch vermisst, und es hatte mich schlussendlich doch nicht sonderlich beeindruckt, dass die Busse in größeren Städten alle 15 Minuten fuhren.
Als ich wieder hier wohnte und beim „Nordschleswiger“ anfing, ging es mir ähnlich wie bei meinem Klassentreffen. Nach kürzester Zeit fühlte es sich an, als wäre es nie anders gewesen. Mein Umzug nach Apenrade verlief insgesamt sehr schmerzlos und einfach – alles war mir schnell wieder vertraut, und die Sehnsucht nach etwas anderem oder Größerem war auch verschwunden.
Mehr als nur ein paar schöne Erinnerungen
Jetzt steht das Ehemaligenfest des DGN vor der Tür. Wenn ich in die Facebook-Teilnehmendenliste schaue, entdecke ich immer mehr bekannte Namen. Sofort tauchen Erinnerungen auf – sowohl an meine Kindheit an der Deutschen Schule Sonderburg als auch an meine Gymnasialzeit am DGN. Einige dieser Erinnerungen sind flüchtige Augenblicke, andere sind mit Momenten und Freundinnen und Freunden verbunden, die noch heute Teil meines Lebens sind.
Eines haben wohl alle Teilnehmenden des Ehemaligenfestes gemeinsam: Wir haben in denselben Klassenräumen gesessen und sind zur Mittagspause denselben Weg zur Cafeteria gegangen. Viele von uns hatten dieselben Lehrerinnen und Lehrer, und sehr viele von uns haben auf demselben Sofa im Internat gesessen. Diese gemeinsame Vergangenheit schafft für mich eine besondere Verbundenheit – selbst zu denjenigen, die ich nicht kenne. Denn obwohl wir uns fremd sind, teilen wir möglicherweise ähnliche Erinnerungen.
Gerade erst habe ich ein passendes Beispiel dafür erlebt. Ich erzählte einem Kollegen von einer Lehrerin aus meiner DGN-Zeit und beschrieb sehr detailliert eine Situation, die ich mit ihr erlebt hatte, ohne dabei ihren Namen zu nennen. Ein anderer Kollege, der uns zuhörte, war gut 15 Jahre vor mir auf dem DGN gewesen. Er erriet natürlich sofort, von welcher Lehrerin ich sprach. Wir konnten gemeinsam über meine Geschichte lachen, obwohl wir sie nicht gemeinsam erlebt hatten und nicht mal annähernd zur gleichen Zeit auf dem DGN waren.
Für mich ist genau das eines der Dinge, die mein Zuhause hier ausmachen und mich immer wieder hierher zurückgezogen haben – das Gemeinschaftsgefühl und die Verbundenheit. Dass man bei den gemeinsamen Veranstaltungen mit fremden Menschen in Erinnerungen schwelgen kann. Natürlich haben es Klassentreffen so an sich, dass sich Menschen mit gemeinsamen Erinnerungen versammeln. Trotzdem empfinde ich es als mehr als nur Erinnerungen aus der Schulzeit – denn es ist nicht nur das DGN, es sind auch der Kindergarten und die Grundschule. Es sind das Knivsbergfest und die Sommerfeste der Schulen. Es sind das Lottospiel und die Theateraufführungen zu Weihnachten. Es sind nicht nur gemeinsame Erinnerungen an Lehrkräfte und Mitschüler und Mitschülerinnen, sondern auch an dessen Eltern, Geschwister, Tanten und Opas. Es ist, wenn deine Lehrer noch zehn Jahre nach deinem Abi wissen, wo du immer gesessen hast und deine Lehrerin aus der 0. Klasse dich 25 Jahre später zur Begrüßung umarmt, mit einem herzlichen „willkommen zurück“.
Die neue Sicht auf das Vertraute
Ich kann auch heute noch nachvollziehen, dass ich vor elf Jahren von hier wegziehen wollte. Hier war alles langweilig, klein und unspektakulär. Wir hatten Angst, das Leben zu verpassen und hier zu versauern, wenn wir blieben. Ich bin gespannt, ob mir irgendwann alles wieder zu klein und unspektakulär vorkommen wird.
Auch dass jeder jeden irgendwie über Ecken kennt, kann auch Nachteile haben. Doch in den Jahren, in denen ich woanders war, habe ich auch die weniger rosigen Seiten vermisst, denn sie gehören genauso dazu wie die guten.
Ich bin froh, dass ich mein Heimweh da draußen entdeckt habe. So konnte ich mit einem anderen Blick auf all diese Dinge und mit ein paar Erfahrungen mehr in der Tasche wieder hierher zurückkommen. Dieses Mal fühlt es sich hier anders an als damals vor elf Jahren.