Zugezogene

„Besser auswandern“

Besser auswandern

Besser auswandern

Apenrade/Aabenraa
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Viele Deutsche kommen nach Nordschleswig, sie kaufen Häuser und füllen die Schulen. Hannah Dobiaschowski fragt sich, welche individuellen Gründe einer Auswanderung zugrunde liegen und was alle Zugezogenen gemeinsam haben.

Auf dem Immobilienmarkt und an den deutschen Schulen sieht man es besonders deutlich: Viele Deutsche sind im vergangenen Jahr nach Nordschleswig gezogen. Und bisher hält der Trend an.

Die Gründe, diesen Schritt zu wagen, sind vermutlich so vielfältig, wie die Menschen unterschiedlich sind. Dennoch lassen sich zwei Grundmuster feststellen. Es gibt die, die neugierig auf etwas Neues sind, und diejenigen, die dringend etwas hinter sich lassen wollen. Auswandern aus Lust oder aus der Not heraus.

Es ist auch häufig von Corona-Flüchtlingen die Rede. Menschen, die in ein Land kommen, weil es dort entspannter ist als in Deutschland, wo man den Empfehlungen und Regeln nicht folgen möchte. Die aber ausblenden, dass es in Dänemark vor allem deshalb so entspannt ist, weil die Menschen genau das tun. Das erzeugt einen bitteren Beigeschmack. Dennoch darf man nicht alle deutschen Zugezogenen über einen Kamm scheren.

In den sozialen Medien gibt es Gruppen, in denen sich Auswanderungswillige mit bereits Ausgewanderten austauschen können, und es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht jemand Neues den Wunsch äußert, nach Dänemark zu gehen. Manche mit einer groben Idee, manche mit sehr konkreten Plänen.

Dass Auswandern nicht immer einfach ist, wissen alle, die schon länger oder sogar schon sehr lange in Dänemark wohnen. Die rosarote Brille fällt irgendwann ab, und Alltag ist Alltag.

Neben all den hilfreichen Tipps und Angeboten zur Hilfe lässt sich hin und wieder beobachten, dass manche das Vorhaben der anderen belächeln oder als naiv empfinden.

Hast du denn einen Job? Ist dir klar, was ein Auto kostet? Kannst du überhaupt die Sprache? Sonst wird das nichts. Manche meinen, dass sie besser ausgewandert sind als andere. Man möchte sich abgrenzen von der Masse, die jetzt kommt, man selbst war ja so individuell. Wir Alten sind nicht die Neuen. 

Ich ertappe mich manchmal dabei, wie ich innerlich nicke.

Ja, es ist unvernünftig und riskant, ohne Sprachkenntnisse und Arbeit in ein neues Land zu ziehen. Nein, den dunklen und feuchten Winter in Dänemark auszuhalten, ist nicht das Gleiche wie eine Woche Herbstferien in einem gemütlichen Sommerhaus in Hvide Sande. Kann sein, dass deine neuen Nachbarn furchtbar nett sind, aber viele von ihnen wirst du zwischen Oktober und März kaum sehen.

Aber ganz ehrlich, ich habe es vor zwölf Jahren nicht anders gemacht. Möbel ins Auto gepackt und geschaut, wie es weitergeht. Ohne Arbeit und ohne Sprachkenntnisse. Ich habe es einfach ausprobiert, und es hat funktioniert. Es hätte ebenso gut schief gehen können. Für diejenigen, die wegen einer guten Arbeitsstelle herziehen, ist es mit Sicherheit einfacher als für andere, die sich irgendwie durchbeißen müssen.

Und ist es nicht eigentlich ganz wunderbar, dass es Menschen gibt, die ein Risiko auf sich nehmen und Mut zur Veränderung haben? Die ihr Leben in die Hand nehmen und ausprobieren, welche Möglichkeiten es gibt. Die nicht warten, dass etwas passiert, sondern selbst einen Schritt weiter gehen.

Viele dieser Zuzügler sind jetzt in Nordschleswig, und man möchte ihnen zurufen: Herzlich willkommen und macht mit! Es ist wunderbar hier. Gerade in der Minderheit bieten sich so viele Möglichkeiten, jede und jeder kann etwas bewegen.

Bei all den unterschiedlichen Gründen, die uns nach Dänemark geführt haben, haben wir eines gemeinsam. Wir haben uns alle an einem Punkt in unserem Leben gesagt: Besser auswandern als zu bleiben.

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