Kultur

„In Niko Wöhlks Werk singt und klingt Nordschleswig“

„In Niko Wöhlks Werk singt und klingt Nordschleswig“

„In Niko Wöhlks Werk singt und klingt Nordschleswig“

Apenrade/Aabenraa
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Niko Wöhlk in einem Selbstporträt aus dem Jahr 1949. Es befindet sich im Besitz des Flensburger Museums. Der Künstler starb im Mai 1950 in seiner Schaffensstätte auf der Halbinsel Loit bei Apenrade. Foto: BDN Apenrade

Am 23. Mai jährt sich der Tod des „Einsiedlers von der Apenrader Förde“. 1919 war der Künstler nach Nordschleswig gekommen. Expressionistische Werke weckten Argwohn während der Nazi-Herrschaft.

Am 23. Mai jährt sich zum 70. Mal der Tod des Malers Niko Wöhlk, der, 1887 in Schleswig geboren, zu den interessanten Vertretern der Kunstszene Nordschleswigs zählt, dessen künstlerisches Schaffen aber auch die Geschichte des Landesteils im 20. Jahrhundert widerspiegelt.

In Nordschleswig tätig

„In Niko Wöhlks Werk singt und klingt das nordschleswigsche Land wieder“, und „der Maler und Mensch Niko Wöhlk bestimmte in unbeschreiblich starkem Maße die Geisteshaltung der jungen nordschleswigschen Generation seit 1920“, hieß es in Beiträgen anlässlich der Eröffnung der Niko-Wöhlk-Gedächtnisausstellung 1951 in Flensburg ein Jahr nach dem Ableben des „Einsiedlers von der Apenrader Förde“, wie „Der Nordschleswiger“ ihn tituliert hatte.

Leben in paradiesischer Gartenwelt

Zunächst hatte Wöhlk nach 1920 auf dem Hof Ottesgaard auf der Halbinsel Loit/Løjt gelebt und gearbeitet, später schuf er sich eine paradiesische Natur- und Gartenwelt bei Loit Süderholz, „Twerhol“, aus der er nach dem Kriegsende 1945 als deutscher Staatsbürger von den dänischen Behörden allerdings vertrieben wurde.  

Schaffensstätte 1945 beschlagnahmt

Seine Unterkunft, Bilder und Malerutensilien wurden beschlagnahmt. Kurzzeitig wurde er im Fårhuslager (bis August 1945) und später nochmals im Lager Skrydstrup interniert. Er fand Aufnahme bei nordschleswigschen Familien u. a. in Uk/Uge. Er konnte erst 1947 nach Loit zurückkehren, mithilfe deutscher und dänischer Freunde. Wöhlk war in Schleswig aufgewachsen.

Ausbildung in München und Hamburg

Nach dem Besuch der Kunstgewerbeschule in Hamburg wurde er in München und Hamburg zum Zeichenlehrer ausgebildet. Er bereiste die Niederlande, England, Russland und Österreich. Nach dem Ersten Weltkrieg, er kam als Freiwilliger an die Westfront, wurde aber 1916 wegen eines Herzfehlers entlassen, nahm er in 1919 in Apenrade/Abenraa eine Stellung als Zeichen- und Turnlehrer an der damaligen Realschule in der Fördestadt an. Doch mit der Volksabstimmung und dem Übergang Nordschleswigs nach Dänemark endete diese Tätigkeit. Trotz zunächst negativer Äußerungen über Apenrade und seine „gleichgültigen“ Lehrerkollegen blieb er in Nordschleswig.

Malerfreund Hans Holtorfs

Die Landschaft um Apenrade fesselte ihn. In Apenrade veranstaltete Wöhlk zusammen mit seinem Malerfreund Hans Holtorf, der die Theatergruppe „Maskenwagen“ gegründet hatte, Theateraufführungen.

Wichtige Orientreise

Im Jahr 1922 unternahm er auf einem Apenrader Dampfer eine Reise durch das Mittelmeer nach Ägypten bis nach Indien. Er fertigte viele Bilder und Skizzen an, farbensprühende Zeugnisse von den exotischen Stationen seiner Reise.

Das Bild „Orientalischer Hof" entstand im Zuge der Orientreise Niko Wöhlks im Jahre 1923. Foto: BDN Apenrade/Aabenraa

 

In seinem Heft über Niko Wöhlk, „Ein Maler in Nordschleswig“ aus dem Jahre 1996“, spricht der Kunsthistoriker Jürgen Ostwald über eine persönliche und künstlerische Zäsur, die Wöhlk auf dieser Orientreise erfuhr. Er hatte sich schon seit Jahren mit indischer Literatur beschäftigt.

 

Anhänger der Wandervogelbewegung

Der Künstler, der seit seiner Jugend in Schleswig Anhänger der Wandervogelbewegung war, fand Kontakt zu jungen Leuten in Apenrade und Umgebung und gründete Mädchen- und Jungengruppen der Wandervögel. Er begeisterte die jungen Leute, die später bis ins hohe Alter das Andenken an die Zeit mit Wöhlk bewahrten. Er regte sie zum Gesang, Schnitzen und Malen an. Selbst verkaufte Wöhlk Bilder in Apenrade und Umgebung. Man schätzte seine Porträts und Naturmalereien. Doch er hatte auch expressionistische Werke geschaffen, die nach 1933 in Nazi-Deutschland auf Argwohn stießen.

„Entartete Kunst"

Ein Werk Wöhlks, „Das Indische Boot“, entstanden 1926 nach der Orientreise, wurde laut Ostwald 1938 in der Kieler Kunsthalle als „entartete Kunst“ beschlagnahmt. In Nordschleswig konnte er dennoch weiter künstlerisch wirken, trotz der Nazifizierung der deutschen Minderheit fand er Käufer und Liebhaber. Ostwald geht davon aus, dass Wöhlk Anhänger der nationalsozialistischen Bewegung wurde, sich aber von parteipolitischen Gruppierungen in Nordschleswig fernhielt. Die Beschlagnahme seines Werkes habe ihn sehr getroffen.

Im Januar 1945 würdigte die „Nordschleswigsche Zeitung“ Wöhlks 25-jähriges Wirken in Nordschleswig und pries die vom Maler geschaffene Idylle an der Apenrader Förde. Nach 1945 sei ihm das ganze Ausmaß der NS-Gewaltherrschaft klar geworden, was Briefe aus dieser Zeit dokumentieren, so Ostwald.  

Bescheidene Einkünfte

Während seiner künstlerischen Tätigkeit hatte Wöhlk nur bescheidene Einnahmen. Es hieß, dass er beispielsweise Zahnarztrechnungen mit Bildern bezahlte. Allerdings erwarben auch verschiedene Museen und Sammler Werke von Wöhlk. Der Wandervogelkreis in Apenrade bestand weiter, obwohl die Jugendbewegung von den Nazis in Deutschland verboten worden war. Teilnehmer schwärmten noch vor wenigen Jahrzehnten von Abenden im Paradies Wöhlks, von Wanderungen und Leseabenden, bei denen Werke Hermann Hesses oder Christian Morgensterns vorgetragen wurden. Zahlreiche Werke werden im Privatbesitz gehütet.   

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