Fördeblick

„Verschlusssache": Politiker und Bürger in Aufruhr

„Verschlusssache": Politiker und Bürger in Aufruhr

„Verschlusssache": Politiker und Bürger in Aufruhr

Starup
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Es geht um diesen ungehinderten Ausblick auf die Förde. Foto: Ute Levisen

Zwölf attraktive Baugrundstücke sollen an der Förde am Aarøsund Landevej 231 in Starup entstehen. Die Ideenanhörung ist abgelaufen – und förderte einiges zutage: neben Bürgerprotesten den Umstand, dass es sich um ein natürlich wertvolles Gebiet handelt. Davon haben die Politiker nichts geahnt, als sie grünes Licht für die Planung gaben.

Auf einer Fläche von 1,7 Hektar sollen nach dem Antrag des Grundbesitzers am Aarøsund Landevej an der Förde in Starup zwölf Baugrundstücke mit Fördeblick parzelliert werden. Die erste Ideenanhörung ist Anfang Mai zu Ende gegangen und verdeutlicht, was die Mehrheit der Bürger, die ihre Meinung kundgetan haben, sowie die Ortsabteilung des Naturschutzvereins davon hält: Nicht viel.

Bei dem Grundstück handelt es sich um den letzten Abschnitt, der einen ungehinderten Ausblick auf die Förde bietet. Diese Aussicht, so ein Argument der Gegner, verschwindet, werden die Baupläne umgesetzt. Andere bangen um die Natur, denn der größte Teil des Areals war als Paragraf 3-Natur ausgewiesen, ein Status, der die Fläche unter besonderen Schutz stellt.

Diskretion Ehrensache

„Davon haben wir nichts gewusst“, sagt Søren Rishøj Jakobsen, Mitglied des Technischen Ausschusses, der die Causa Aarøsund Landevej 231 bereits im März auf der Tagesordnung hatte. Der Sozialdemokrat ist nicht der einzige Ahnungslose: Hatte doch die Verwaltung schon in der Anfangsphase im Januar 2019 den Antragsteller „um eine gewisse Vertraulichkeit“ gebeten. Das geht aus einer Mail zwischen der Sachbearbeiterin und dem Antragsteller hervor, die dem Nordschleswiger vorliegt.

Der Blick auf die Landschaft von der Kirche aus. Diese ist nach wie vor §-3-Gebiet. Foto: Ute Levisen

Statusänderung ausgeschlossen

Diese Mail spielt eine Schlüsselrolle in dem weiteren Verlauf dieses Falls, in dem es offene Fragen und noch keine schlüssigen Antworten gibt. In dem Schreiben macht die Sachbearbeiterin den Bauherrn ausdrücklich darauf aufmerksam, dass das Areal als § 3-Natur registriert ist. Eine Statusänderung sei daher in der Regel ausgeschlossen, schon gar nicht, um dort Baugrundstücke zu erschließen.

Wörtlich heißt es: „Es dürfte daher aufgrund des Naturschutzgesetzes schwierig werden, auf dieser Fläche Stadtentwicklung zu betreiben.“

Externe Expertise: Keine wertvolle Natur

Lediglich eine kleinere Fläche, so heißt es weiter, sei davon ausgenommen. Dort könnte  man unter Umständen das bestehende Haus durch einen Neubau ersetzen.

Das aber reicht nicht. Da Bürgerservice in der Technischen Verwaltung großgeschrieben wird, handelt sie tatkräftig: Ein externer Berater wird engagiert – und dieser kommt zu dem Schluss, dass die betreffende Fläche nicht als natürlich wertvolles Biotop zu betrachten – und damit auch nicht von § 3 umfasst ist.

„Für die Tonne“

So schnell kann das gehen. Aber nicht, wenn alles mit rechten Dingen zugeht, pointiert  der parteilose Stadtratspolitiker Mogens Rerup: „Dieser Fall ist für die Tonne“, lautet sein harsches Urteil. Laut „Miljøoplysningsloven“ könne die Kommunalverwaltung einen solchen Status ohne öffentliche Anhörung gar nicht aufheben – schon gar nicht „auf dem kleinen Dienstweg“ und ohne das Kommunalparlament zu informieren.

Nun wird Hadersleben nicht von ungefähr „die Kommune der Möglichkeiten“ genannt. So trug es sich zu, dass Stadtratspolitiker, darunter Mitglieder des zuständigen Technischen Ausschusses, noch im April dieses Jahres nichts von dem besonderen Natur-Status ahnten. Auch in der Broschüre, die die Kommune in Verbindung mit der Anhörung verfasst hatte, wird dieser mit keinem Wort erwähnt.

 

Dieser Fall ist für die Tonne!

Mogens Rerup, parteiloses Stadtratsmitglied

Eine Sache des Vertrauens

„Grundsätzlich müssen wir als Politiker darauf vertrauen können, dass wir von unserer Verwaltung korrekt informiert werden. In diesem Fall bin ich allerdings skeptisch“, sagt Rishøj Jakobsen, der die Verwaltung daher um eine Erklärung gebeten hat. Dies geschieht nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der Stadtrat nach einer Reihe von unglücklich verlaufenen Fällen darum gebeten hatte, „politisch bedenkliche“ Fälle auf den Tisch zu bekommen – und dies nicht nur zur formalen Absegnung.

Eine gute Erklärung…

Rune Larsson, Direktor der Technischen Verwaltung, hat indes für alles eine Erklärung: Bei der Registrierung als § 3-Gebiet, auf die seine Mitarbeiterin im Januar verwiesen hatte, handelt es sich gar nicht um eine richtige Registrierung, sondern lediglich um eine Empfehlung, die Fläche mit Blick auf wertvolle Natur zu untersuchen. Somit steht den Bebauungsplänen an der Förde nichts mehr im Wege. Theoretisch.

 

Denn zumindest einige Stadtratspolitiker sind inzwischen alarmiert und fragen, ob hier möglicherweise etwas unter den Teppich gekehrt werden sollte – zumal die Verwaltung den Antragsteller um Diskretion gebeten hatte.

…und ein Missverständnis

Auch für diese Zweifler hat der Direktor eine beschwichtigende Antwort: Das Ganze sei ein Missverständnis, „weil der Satz aus dem Kontext“ zitiert worden sei! So sei es nicht seine Verwaltung gewesen, die um Verschwiegenheit gebeten hatte, sondern der Antragsteller selbst.

Die Causa Landevej 231 geht nun in die nächste politische Runde.

Starup ist inzwischen zur drittgrößten Stadt der Kommune geworden. Baugrundstücke gibt es dort genügend. Foto: Ute Levisen
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