Zweisprachige Ortsschilder

Update: „Kopf im Sand“

SP-Chef: „Kopf im Sand“

Update: SP-Chef: „Kopf im Sand“

Hadersleben/Haderslev
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Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei Foto: Ute Levisen

Carsten Leth Schmidt reagiert mit Kopfschütteln auf das Nein des neuen Kulturvorsitzenden der Region Sønderjylland-Schleswig, zweisprachige Ortsschilder in die Tagesordnung aufzunehmen. „Damit steckt man den Kopf in den Sand“, sagt der Vorsitzende der Schleswigschen Partei und Stadtratspolitiker in Hadersleben. Hier sind einige Reaktionen.

Zweisprachige Ortsschilder in den vier kommunalen „Hauptstädten“ Nordschleswigs sind für den Kulturausschuss der Region Sønderjylland-Schleswig kein Thema, sagt dessen neuer Vorsitzender, der Haderslebener Stadtratsabgeordnete Kjeld Thrane, in einem Gespräch mit unserer Zeitung.

Haderslebens Bürgermeister H. P. Geil schildert gern zweisprachig. Er ist der bislang einzige Bürgermeister in Nordschleswig, der einen entsprechenden Feldversuch startete. Foto: Ute Levisen

Wann, wenn nicht jetzt?

„Wann, wenn nicht jetzt – zum 100. Jahrestag der Grenzziehung?!“ Thranes Kollege im Rat, Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei (SP), reagiert nicht nur „verschnupft“ auf dessen Nein: Er sei in seinen Grundfesten erschüttert! Leth Schmidt, der zugleich Chef der Partei der deutschen Minderheit ist, verweist auf die Kritik des Europarats, der – wieder einmal – den dänischen Unwillen zum Aufstellen der zweisprachigen Ortsschilder kritisiert und einen „mangelnden interkulturellen Dialog“ auf dänischer Seite beklagt hatte.

Alles wie gehabt

 Somit ist alles wie gehabt. Leider, seufzt Leth Schmidt. Dabei wäre das Thema in der grenzüberschreitenden Kooperation bestens aufgehoben. In Schleswig-Holstein wie in allen anderen Regionen, in denen nationale Minderheiten leben, sind zweisprachige Ortsschilder, Litauen ausgenommen, gang und gäbe.

Mangelnder Wille zum Mut

„Lediglich in Nordschleswig fehlt bislang der politische Mut“, stellt Leth bedauernd fest. Entnervt reagiert er auf das allseits beliebte Argument, dass auch Ortsfremde mithilfe eines GPS ans Ziel kämen – ohne Hinweis auf Deutsch.

Dänemarks wohl berühmtestes Ortsschild in einer gestrickten Version Foto: Ute Levisen

Alleinstellungsmerkmal mit Potenzial

„Es geht um die gemeinsame Geschichte und Kultur, die gegenseitige Beeinflussung. Es geht um das, was unsere Grenzregion so einzigartig macht. Zweisprachige Ortsschilder sind ein Mittel zum Zweck, auf diese Vielfalt hinzuweisen und ein Bewusstsein dafür zu entwickeln.“

Dass sich diese deutsch-dänischen Gemeinsamkeiten auch in touristischer Hinsicht nutzen ließen, dafür sei die jüngste Statistik der Tourismusorganisation „Destination Sønderjylland“ nur ein Beispiel, so Leth: Darin hat die Kommune Hadersleben auf der Beliebtheitsskala der Touristen einen Quantensprung nach oben gemacht. Die deutsch-dänische Vielfalt im Grenzland wird auch in der Strategie der Organisation als Alleinstellungsmerkmal mit Potenzial hervorgehoben.
„Dass das Ortsschild darüber hinaus in der Berichterstattung im Fernsehen auftaucht, das hat doch was“, schmunzelt der Parteivorsitzende.

Ortsschild machte Hadersleben europaweit bekannt

„Schaut man sich das Material an, hat die Berichterstattung über Dänemarks einziges zweisprachiges Ortsschild erheblich dazu beigetragen, die Aufmerksamkeit – auch europaweit – auf Hadersleben zu lenken“, so der SP-Politiker. „Googelt man Hadersleben, taucht ganz oben das famose Schild auf.“
 In Hadersleben gebe es einiges mehr zu entdecken: Schließlich sei die Geschichte der Domstadt mit der deutschen Geschichte und Kultur eng verwoben. „Diese Botschaft zu vermitteln, das sollte auch ein kulturelles Anliegen sein. Bislang aber steckt man den Kopf in den Sand.“

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Von Geschichte wenig Ahnung

Dass es ist in der Tat massiven Aufklärungsbedarf gibt, wenn es um die gemeinsame Geschichte und Kultur geht, das verdeutlichen nicht zuletzt Kommentare von Nutzern in den sozialen Netzwerken: Dann könne man gleich auf Arabisch schildern oder „Synnejysk“ – und was das alles koste! – Um nur zwei Aussagen zu nennen.

Kostenpunkt: 24.000 Kronen

Die deutsche Minderheit aber ist Dänemarks einzige nationale Minderheit, und die Rahmenkonvention zum Minderheitenschutz, auf die sich der Europarat in seiner Kritik bezieht, ist seinerzeit auch von Dänemark unterzeichnet worden. Zu den Kosten: Das zweisprachige Ortsschild „Haderslev – Hadersleben“, das heute im Sonderburger Museum hängt, hat 3.000 Kronen gekostet. Auf die Domstadtkommune kämen somit Kosten in Höhe von insgesamt ca. 24.000 Kronen für die Beschilderung an den Haupteinfallstraßen zu.

Hinrich Jürgensen Foto: Ute Levisen

Vorbildliches Miteinander

Lesen Sie mehr über die Reaktionen auf die Berichterstattung. Der Direktor der Wirtschaftsförderungsorganisation, Gert Helenius, und der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger, Hinrich Jürgensen, melden sich zu Wort.

 

Hinrich Jürgensen, plädiert dafür, das gemeinsame Kulturerbe sichtbar zu machen. Dänemark und Deutschland reichen in diesem Jahr gemeinsam bei der UNESCO ihre Bewerbung auf Anerkennung als Kulturerbe ein. Darin beschreiben beide Länder das vorbildliche Miteinander von Minderheit und Mehrheit in der Grenzregion: „Und dann sind wir nicht in der Lage, ein paar Schilder aufzustellen?“

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