Demonstration

Platzverweis und Beleidigungen: „Mama, warum hassen die dich?“

Platzverweis und Beleidigungen: „Mama, warum hassen die dich?“

Platzverweis und Beleidigungen: „Mama, warum hassen die dich?“

Hadersleben/Haderslev
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Vor zwei Jahren fand in Hadersleben eine Demonstration gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit statt, an der viele Bürger Anteil nahmen. Foto: Archivbild: Ute Levisen

Mutter und Kind wurden von SIAD grob beleidigt – und von der Polizei des Platzes verwiesen. SIAD lobt die Polizei für „engagierten“ Einsatz.

„Wir gingen auf der Norderstraße. Dort begegneten uns an den Geschäften Dänen, die uns die Daumen hielten. Es gibt also noch Oasen des Widerstandes in einer ansonsten ziemlich besetzten Straße.“

Anders Gravers Pedersen Vorsitzender von SIAD

Mutter und Kind wurden von SIAD grob beleidigt – und von der Polizei des Platzes verwiesen. SIAD lobt die Polizei für „engagierten“ Einsatz.

Hanin Chehade hat Schock und Empörung noch nicht verwunden. Auf einer Demonstration von SIAD (Stop Islamiseringen af Danmark) am Sonnabend in der Haderslebener Innenstadt gegen Flüchtlinge und gegen eine Aufhebung der Grenzkontrollen musste  sich Chehade, die an einer Gegendemo teilnahm, üble Beschimpfungen und Beleidigungen seitens SIAD-Demonstranten gefallen lassen. Als sie  ihrerseits dagegen protestierte, ermahnte sie die Polizei, sogenannte „Dialogbeamte“ aus dem Polizeikreis, sich zu mäßigen. Damit nicht genug. Zufällig erblickte Hanin Chehade, die  mit ihrer 6-jährigen Tochter unterwegs war, ihren Bruder und Schwager: „Beide ahnten nicht, dass vor dem Dom eine Demonstration stattfand“, erzählt sie: „Als sie zu mir kamen, stürmten zugleich mehrere Polizisten auf uns zu: Wir sollten uns in den Dammpark verziehen. Falls nicht, drohe  Polizeigewahrsam!“ Eine ethnische Dänin  wurde von einem SIAD-Demonstranten als „Landesverräterin“ bezeichnet. Die Polizei schritt nicht ein. Zumindest nicht gegen den Schreihals.

Nach 20 Minuten im Dammpark machten sich Chehade und drei Freundinnen auf den Weg zum Jungfernstieg, um dort ein Café zu besuchen:  „Am Graben wurden wir von fünf (!) Polizisten angehalten, die uns den Zugang zur Norderstraße verwehren wollten.“ Man behandele sie wie eine Verbrecherin – ohne dass sie sich habe etwas zuschulden kommen lassen, sagt Chehade empört: „Da stand ich nun mit meiner kleinen Tochter, die nicht verstehen kann, warum mich ein fremder Mann anbrüllt, die Polizei untätig zusieht und warum wir uns nicht frei bewegen dürfen. – Mama, warum hassen dich diese Menschen? Das hat sie mich mehr als einmal gefragt. Es ist eine Frage, auf die ich keine Antwort weiß.“

Die junge Frau hat den Vorfall vor dem Dom auf Video aufgenommen, das unserer Redaktion vorliegt. Es ist ein Video, das ihre Darstellung des Vorgefallenen und das Agieren der Polizei belegt – ebenso wie die Schilderungen weiterer Augenzeugen. Mitglieder von SIAD, laut eigener Website die „aktivste Widerstandsgruppe Dänemarks“, bezeichnen die Gegendemonstranten, unter ihnen Stadtratspolitiker Svend Brandt von der Einheitsliste, als „Hintermänner der autonomen Gewalttäter in Hadersleben“ und Brandt als deren Rädelsführer: „Ich habe nachgezählt“, kontert dieser mit müdem Lächeln: Es waren 23 SIAD-Demonstranten – nicht 47 wie auf ihrer Webseite steht.“ Höchstes Lob erntet indes die Polizei von SIAD-Anführer und -Mitbegründer Anders Gravers auf der SIAD-Website für einen „engagierten“ Einsatz gegenüber „unangepassten Muslimen und dem Einheitsliste-Pöbel“. Unsere Redaktion hat die (Dialog-) Polizei um eine Stellungnahme gebeten.

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