Adoption
Das neue Leben beginnt mit Peter
Das neue Leben beginnt mit Peter
Das neue Leben beginnt mit Peter
Von einer Insel auf die andere: Das Ehepaar Lei adoptierte den zweijährigen Peter. Er wurde auf dem Inselstaat Madagaskar geboren – nun lebt er auf Aarö.
Für Lisbeth und Jakob Lei ist ein lang ersehnter Kinderwunsch erfüllt worden. Das Ehepaar konnte in diesem Jahr seinen Adoptivsohn Peter Gäel auf dem Inselstaat Madagaskar vor der Südostküste Afrikas in die Arme schließen.
Vater, Mutter und Sohn landeten am 10. Oktober nach fast dreimonatiger Phase des Kennenlernens und Sich-aneinander-Gewöhnens auf dem Flughafen in Billund. Peters neue Familie war zahlreich erschienen, um ihn und seine Eltern willkommen zu heißen.
Anfängliche Überraschungen und kleine Unsicherheiten sind längst in den Hintergrund getreten. Die jungen Eltern setzen alles daran, ihrem Sohn einen normalen Familienalltag auf dem Weingut „Årø Vingaard“ zu geben.
„Wir verbringen viel Zeit miteinander“, sagt Produktionsingenieur und Winzer Jakob Lei (39) und lächelt. Er und seine Lisbeth (38) haben keine biologischen Kinder bekommen. Seit sie sich entschlossen, einen Adoptionsantrag zu stellen, sind sechs Jahre vergangen. „Damals wussten wir nicht, dass wir ein Weingut betreiben werden“, erinnert sich Jakob Lei.
Nach der Feststellung der Eignung, ein Prozess der Jakob Lei zufolge mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden war und unzählige Gespräche, Gutachten und Hausbesuche verlangte, wurde das Ehepaar als Adoptivfamilie gutgeheißen.
Jakob und Lisbeth Lei entschieden sich für Madagaskar als das Herkunftsland ihres Kindes, weil die Wartezeit vor einigen Jahren kürzer war als in anderen Ländern. „Inzwischen änderte Madagaskar sein Adoptionsgesetz. Das bedeutete, dass 2017 gar keine Kinder vermittelt wurden, und in diesem Jahr waren wir die ersten Eltern, die ein Adoptivkind bekamen“, erzählt Lisbeth Lei. Der Traum vom eigenen Kind rückte im April in greifbare Nähe, als sich die Adoptionsvermittlungsstelle „DIA“ (Danish International Adoption) mit einer freudigen Botschaft meldete.
„Der Anruf kam um 8.55 Uhr. Ich habe an dem Tag ein Seminar geleitet“, schmunzelt Lei, der es noch so gerade eben schaffte, seine Frau anzurufen, bevor er sich seinen Pflichten zuwandte.
Auch für Lisbeth Lei, die als Qualitätschefin bei der Arla Molkerei in Högelund arbeitet, schlug die Nachricht ein wie der Blitz: „Wir haben nur zu wissen bekommen, dass ein Junge auf uns wartet. Wann genau wir ihn abholen können, war damals noch ungewiss“, erklärt sie. Ab diesem Moment war nichts mehr, wie es war.
Für das Ehepaar begann die organisatorische und mentale Vorbereitung. Dabei spielte nicht nur die Familie, unter anderem mit den Großmüttern, eine wichtige Rolle. Auch Svend Aage und Lajla Hansen, von denen die Leis vor nunmehr drei Jahren das Weingut übernahmen, unterstützen die Adoptiveltern.
„Svend Aage und Lajla sind Peters Ersatzgroßeltern“, sagt Jakob Lei über die wichtige Rolle, die die Hansens als Bezugspersonen auf sich genommen haben. Svend Aage Hansen nahm auch während der dreimonatigen Abwesenheit seines Nachfolgers das Ruder in die Hand und führte den Betrieb durch den Jahrhundertsommer und die Rekordernte, die im Verhältnis zu 2017 dreimal so viel Ertrag brachte.
„Als wir am 21. Juli ins Flugzeug stiegen, war ich wohl etwas neben der Spur“, gesteht Jakob Lei. Die Aaröaner landeten tags darauf in Antananarivo, der Hauptstadt von Madagaskar. Für das Adoptionsverfahren war am 23. Juli die erste von einer ganzen Reihe von Gerichtsverhandlungen und Behördengängen anberaumt worden. Bei dem einleitenden Termin wurde den Leis die Verantwortung für Peter übertragen.
Ein bewegender Augenblick, denn bis dahin hatten sie nur ein Foto von dem Jungen gesehen, dem sie im Frühjahr den Namen Peter gaben. Plötzlich waren sie allein mit dem Kind, das von nun an ihr Leben bestimmen wird. Details über Peters Herkunft, dessen biologische Eltern und seine Zeit im Kinderheim behalten die Insulaner für sich: „Wenn Peter älter wird, muss er die Möglichkeit haben zu entscheiden, ob er Einsicht nehmen möchte in seine Vergangenheit“, so Lisbeth Lei.
Während die Mitarbeiter vom Weingut, Svend Aage Hansen und die Ehrenamtlichen, die sich als Pflücker zur Verfügung stellten, sich auf die Rekordernte vorbereiteten, steckten die Leis ihre Ressourcen in die Elternrolle und versuchten, Peter den Übergang vom Kind im Heim zu einem Kind in der Geborgenheit einer Familie leicht zu machen.
Sie entdeckten Madagaskar bei Ausflügen, kehrten aber regelmäßig in ihre angemietete Wohnung in der Hauptstadt zurück. Die sprachliche Barriere wurde zunächst durch Körpersprache wettgemacht.
Inzwischen ruft Peter Gäel „Far“ und „Mor“, während er mit seinem kleinen Roller durch die Wohnküche flitzt und offenbar keine Notiz davon nimmt, dass sein Lebensweg eine vollkommen andere Richtung genommen hat.
Statt auf dem zweitgrößten Inselstaat und einem der ärmsten Länder der Erde aufzuwachsen, lebt der Zweijährige nun auf der beschaulichen Insel im Kleinen Belt, die um die 150 Einwohner zählt.
Ob die Leis sich darum bemühen, ihm ein Geschwisterchen zu geben, wurde noch nicht entschieden. „Jetzt genießen wir die ersten Monate mit Peter“, sagen die frisch gebackenen Eltern.
Ferienhaus wird Lebensmittelpunkt
Das Haus, das zum Lebensmittelpunkt von Jakob und Lisbeth Lei geworden ist, nutzte die Lei-Familie ursprünglich als Feriendomizil. Es war Jakob Leis Großvater, der den landwirtschaftlichen Betrieb mit 36 Hektar Land vor 47 Jahren erwarb. Lisbeth und Jakob Lei sind die ersten Bewohner, die das Anwesen namens Rørhave, das 1870 gebaut wurde, ganzjährig bewohnen.
Als das Paar 2008 in der Aaröer Kirche getraut wurde, wohnte es noch in Odense. Die beiden zogen 2011 auf die Insel. Lisbeth Kristensen Lei wuchs in Gjenner auf, Jakob stammt aus Auenbüll. Lisbeth Lei arbeitete nach einem cand. scient. Studium an der Universität in Odense einige Jahre in leitender Funktion in einem Labor in Vejen. 2016 wurde sie Qualitätschefin in Högelund.
Dass der studierte Produktionsingenieur Jakob Lei beruflich umsattelte und Winzer wurde, ist Svend Aage Hansen geschuldet. Als Lei vor mehr als drei Jahren den Hansenschen Weinbaubetrieb am anderen Ende der Insel Aarö besuchte, schlug der Alt-Winzer ihm vor, seinen Betrieb zu übernehmen. Ein Angebot, das Lei nicht ablehnen konnte. Seitdem führt der 39-Jährige den Betrieb so erfolgreich, dass er die Anzahl der Weinstöcke von 2.000 auf 8.000 erweiterte und zwei neue Wirtschaftsgebäude errichten konnte. Im Frühjahr übernahm Lei auch den Vorsitz von „Destination Sønderjylland“.