Adoption

Das neue Leben beginnt mit Peter

Das neue Leben beginnt mit Peter

Das neue Leben beginnt mit Peter

Karin Friedrichsen
Karin Friedrichsen Journalistin
Aarö/Aarø  
Zuletzt aktualisiert um:
Jakob und Lisbeth Lei mit ihrem Peter. Der kleine Junge hat sich gut eingelebt. Wenn seine Mutter 2019 zur Arbeit zurückkehrt, wird er wahrscheinlich im Ösbyer „Børnehus“ betreut. Foto: Karin Riggelsen

Von einer Insel auf die andere: Das Ehepaar Lei adoptierte den zweijährigen Peter. Er wurde auf dem Inselstaat Madagaskar geboren – nun lebt er auf Aarö.

Für Lisbeth und Jakob Lei ist ein lang ersehnter  Kinderwunsch erfüllt worden. Das Ehepaar  konnte in diesem Jahr seinen Adoptivsohn Peter Gäel auf dem Inselstaat Madagaskar vor der Südostküste Afrikas in die Arme schließen.

Vater, Mutter und Sohn landeten am 10. Oktober nach  fast dreimonatiger Phase des Kennenlernens und Sich-aneinander-Gewöhnens auf dem Flughafen in Billund.  Peters neue Familie war   zahlreich  erschienen, um ihn und seine Eltern willkommen zu heißen.

Anfängliche Überraschungen  und kleine Unsicherheiten sind längst in den Hintergrund getreten. Die jungen Eltern setzen alles daran, ihrem  Sohn einen  normalen Familienalltag auf dem Weingut „Årø Vingaard“ zu geben.

„Wir verbringen viel Zeit miteinander“, sagt Produktionsingenieur und Winzer Jakob Lei (39) und lächelt. Er und seine Lisbeth  (38) haben keine biologischen  Kinder bekommen. Seit sie  sich entschlossen, einen Adoptionsantrag zu stellen, sind sechs Jahre vergangen. „Damals  wussten wir  nicht, dass wir ein Weingut  betreiben werden“, erinnert sich Jakob Lei.

Nach der Feststellung der Eignung, ein  Prozess  der Jakob Lei zufolge mit einem  hohen bürokratischen Aufwand verbunden war   und  unzählige Gespräche, Gutachten und Hausbesuche verlangte,  wurde das Ehepaar als Adoptivfamilie gutgeheißen. 

Die Leis verbringen viel Zeit mit ihrem Kind und sie fördern seine sprachliche Entwicklung. Foto: Karin Riggelsen

Jakob und Lisbeth Lei  entschieden sich für Madagaskar  als  das Herkunftsland ihres Kindes, weil die  Wartezeit vor einigen Jahren kürzer war als in anderen Ländern. „Inzwischen änderte Madagaskar sein Adoptionsgesetz.  Das bedeutete, dass 2017 gar keine Kinder vermittelt wurden, und in diesem   Jahr waren wir die ersten Eltern, die ein Adoptivkind  bekamen“, erzählt Lisbeth  Lei. Der   Traum vom eigenen Kind rückte im April in greifbare Nähe, als sich   die Adoptionsvermittlungsstelle „DIA“ (Danish International Adoption)  mit einer  freudigen Botschaft meldete.

„Der Anruf kam   um 8.55 Uhr. Ich habe an  dem Tag ein Seminar geleitet“, schmunzelt Lei, der es noch so gerade eben schaffte, seine Frau anzurufen, bevor er sich seinen Pflichten zuwandte.

Auch für Lisbeth Lei, die als Qualitätschefin bei der Arla Molkerei in Högelund arbeitet, schlug die Nachricht ein wie der Blitz: „Wir haben   nur zu wissen bekommen, dass ein Junge auf uns wartet. Wann genau wir ihn abholen können, war damals noch ungewiss“, erklärt sie. Ab diesem Moment war nichts mehr, wie es war.

Für das Ehepaar begann die organisatorische und mentale Vorbereitung.  Dabei spielte nicht nur die Familie, unter anderem mit den   Großmüttern, eine wichtige Rolle. Auch Svend Aage und Lajla Hansen, von denen die Leis vor nunmehr   drei Jahren das Weingut übernahmen, unterstützen die Adoptiveltern.

„Svend Aage und Lajla sind Peters Ersatzgroßeltern“,  sagt Jakob Lei über die wichtige Rolle, die    die Hansens  als Bezugspersonen auf sich genommen haben.  Svend Aage Hansen  nahm  auch während der dreimonatigen Abwesenheit seines Nachfolgers das  Ruder in die Hand und führte den Betrieb  durch den Jahrhundertsommer und die Rekordernte, die im Verhältnis zu 2017 dreimal so viel Ertrag brachte.

„Als wir am  21. Juli ins  Flugzeug stiegen, war ich wohl etwas neben der Spur“, gesteht Jakob Lei. Die Aaröaner landeten tags darauf  in Antananarivo, der Hauptstadt von Madagaskar.  Für das Adoptionsverfahren  war am   23. Juli  die   erste  von einer ganzen Reihe von  Gerichtsverhandlungen und Behördengängen    anberaumt worden. Bei  dem einleitenden Termin  wurde den Leis die Verantwortung für Peter übertragen.

Peter Gäel unterwegs mit seinem Roller. Fürs Stillsitzen hat der quirlige Junge nichts übrig. Foto: Karin Riggelsen

Ein bewegender Augenblick, denn bis dahin  hatten sie nur ein Foto von dem   Jungen gesehen, dem   sie im   Frühjahr den Namen Peter  gaben. Plötzlich waren sie allein mit dem  Kind, das von nun an ihr Leben bestimmen wird. Details über Peters Herkunft, dessen biologische Eltern   und seine Zeit im Kinderheim   behalten die Insulaner für sich: „Wenn Peter älter wird, muss er  die Möglichkeit haben zu entscheiden, ob er Einsicht nehmen möchte in seine Vergangenheit“, so Lisbeth Lei.

Während die Mitarbeiter vom Weingut, Svend Aage Hansen  und die Ehrenamtlichen, die sich als Pflücker     zur Verfügung stellten, sich auf die Rekordernte vorbereiteten, steckten die Leis ihre Ressourcen in die  Elternrolle und versuchten, Peter den Übergang  vom Kind im Heim zu einem Kind in der Geborgenheit  einer Familie leicht zu machen. 

Sie entdeckten Madagaskar bei Ausflügen, kehrten aber regelmäßig in ihre angemietete Wohnung in der Hauptstadt zurück. Die sprachliche  Barriere wurde   zunächst  durch  Körpersprache wettgemacht.   
Inzwischen  ruft Peter Gäel  „Far“ und „Mor“, während er mit seinem  kleinen  Roller durch die Wohnküche flitzt und offenbar keine Notiz davon nimmt, dass  sein Lebensweg eine vollkommen andere Richtung genommen hat.

Statt auf dem  zweitgrößten Inselstaat und einem der ärmsten Länder der Erde   aufzuwachsen,  lebt der Zweijährige nun auf der  beschaulichen Insel im Kleinen Belt, die  um die 150 Einwohner zählt.
Ob die Leis  sich darum bemühen, ihm  ein Geschwisterchen zu geben, wurde noch nicht entschieden. „Jetzt genießen wir   die ersten Monate mit Peter“, sagen die frisch gebackenen Eltern.

Ferienhaus wird Lebensmittelpunkt

Das Haus, das zum Lebensmittelpunkt von Jakob und Lisbeth Lei geworden ist, nutzte die Lei-Familie ursprünglich als  Feriendomizil. Es war Jakob Leis Großvater, der den landwirtschaftlichen Betrieb mit 36 Hektar Land vor 47 Jahren erwarb. Lisbeth und Jakob Lei sind  die ersten Bewohner, die das Anwesen namens Rørhave, das 1870 gebaut wurde, ganzjährig bewohnen.

Als das Paar  2008 in der Aaröer Kirche getraut wurde, wohnte es  noch in Odense. Die beiden zogen  2011 auf die Insel. Lisbeth Kristensen Lei wuchs in Gjenner auf, Jakob stammt aus Auenbüll. Lisbeth Lei  arbeitete nach einem cand. scient. Studium an der Universität in Odense einige Jahre in leitender Funktion  in  einem Labor  in Vejen. 2016    wurde sie   Qualitätschefin in Högelund. 

Dass der studierte Produktionsingenieur  Jakob Lei  beruflich umsattelte und Winzer wurde, ist Svend Aage Hansen geschuldet. Als   Lei    vor mehr als  drei  Jahren den Hansenschen Weinbaubetrieb am anderen Ende der Insel Aarö besuchte, schlug der Alt-Winzer  ihm vor, seinen Betrieb zu übernehmen. Ein Angebot, das Lei nicht ablehnen konnte. Seitdem  führt der 39-Jährige den Betrieb so erfolgreich, dass er die Anzahl der Weinstöcke von 2.000  auf 8.000  erweiterte  und zwei neue Wirtschaftsgebäude errichten konnte.  Im Frühjahr übernahm  Lei auch den Vorsitz von „Destination Sønderjylland“.

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