Volksabstimmung

Minderheitenfamilie Meyer im Museum

Minderheitenfamilie Meyer im Museum

Minderheitenfamilie Meyer im Museum

Hadersleben/Haderslev
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Die Ausstellung ist bis zum April an der Lavgade zu sehen. Foto: Ute Levisen

Musikalisch umrahmt vom Grammer Männerchor, eröffnete Archivleiter Bent V. Rønne den ersten Beitrag von „Historie Haderslev“ zum 100. Jahrestag der Grenzziehung: Im Mittelpunkt einer Ausstellung stehen drei Familien aus Hadersleben – und zumindest für eine von ihnen war es eine Riesen-Überraschung, plötzlich eine „Museumsfamilie“ zu sein.

Anhand dreier alteingesessener Familien aus Hadersleben möchte der Archiv- und Museumsverband der Kommune Hadersleben, „Historie Haderslev“, zeigen, wie sich die Volksabstimmung und die nachfolgende Grenzziehung auf den Werdegang von Menschen aus der Domstadt Hadersleben auswirkte. Die Ausstellung trägt den Titel „Familiens valg – tre familier i Haderslev 1920” (Die Entscheidung der Familie – drei Familien in Hadersleben im Jahre 1920).

Der Vorsitzende des Kulturausschusses, Kjeld Thrane, resümierte historische Hintergründe. Foto: Ute Levisen
Hans Oluf Meyer im Gespräch mit Pastorin Christa Hansen Foto: Ute Levisen

Ein Stimmungsbild

„Wir haben eine dänisch- und eine deutschgesinnte Familie ausgewählt sowie eine Familie, die gesinnungsmäßig zwischen den Stühlen stand“, wie Archivleiter Bent Vedsted Rønne erläuterte. Dabei hätten er und sein Team die Nachfahren der einzelnen Familien im Vorfeld der Ausstellung bewusst nicht kontaktiert: „Es ist keine Ausstellung über die konkreten Familien“, wie Rønne sagt.

Hans Oluf Meyer (rechts) und seine Schwester Irmhild Møller im Gespräch mit Archivleiter Bent Vedsted Rønne Foto: Ute Levisen

Deutsch oder dänisch – das war die Frage

Diese hätten vielmehr die Funktion, dem Publikum zu verdeutlichen, welche Konflikte es zur damaligen Zeit gab und vor welchen Entscheidungen einzelne Familien gestanden hätten, als es 1920 darum ging, Farbe zu bekennen und sich für eine Seite zu entscheiden: deutsch oder dänisch. Von dieser Zeit wolle die Ausstellung ein Stimmungsbild zeichnen.

Es ist eine Ausstellung zum Reinschauen – und man kann sich auch auf den Sofas niederlassen. Foto: Ute Levisen

Deutsch und dänisch – in einer Familie

Die deutschgesinnte Arztfamilie Meyer entschied sich bei der Volksabstimmung für die Zugehörigkeit zu Deutschland – die Familie Adolphsen, eine dänischgesinnte Handwerkerfamilie aus der oberen Schicht der Gesellschaft, für Dänemark. Interessant ist nicht zuletzt das Beispiel der dritten Familie mit Namen Mosegaard. Es ist eine Einwandererfamilie aus der Arbeiterklasse.
Wie so mancher Handwerker auf der Walz, so lernte auch Johann Mosegaard seine Frau in Deutschland kennen – die Alltagssprache der Familie war Deutsch.

Irmhild Møller und Barbara Meyer in der guten Stube ihrer Vorfahren wie sie in der Ausstellung zu sehen ist Foto: Ute Levisen

Kein Bild vom Kaiser, bitte!

In den Stuben dieser drei Familien, eingerichtet wie anno dazumal, erfährt der Betrachter mehr über ihre Bewohner, vor allem aber über die politische Atmosphäre um 1920. Wie es indes tatsächlich im trauten Heim der einzelnen Familien ausgesehen hat, darin gewährt die Ausstellung keinen Einblick. Im Gegenteil, wirft Hans Oluf Meyer ein.

Hans Oluf Meyer wundert sich über die museale Gestaltung der Stube seiner Vorfahren. Foto: Ute Levisen

„Ganz interessant“

„Ein Bild vom Kaiser Wilhelm, das hätte es bei meinem Großvater nicht gegeben“, stellt er klar. Meyer war am Donnerstag mit seiner Familie, Schwester Irmhild Møller und Schwägerin Barbara Meyer, unter den vielen Gästen der Ausstellungseröffnung.

Befragt nach seinem Eindruck vom musealen Spiegelbild der Familie Meyer anno 1920, sagt Hans Oluf Meyer: „Einiges ist gut, anderes ganz interessant – und manches danebengegriffen.“

Alle Gegenstände der Ausstellung sind zum Anfassen und Schmökern da. Foto: Ute Levisen

Schleswiger – statt Modersmaalet

Meyer, selbst pensionierter Arzt, moniert unter anderem, dass auf dem Schreibtisch im Meyerschen Ausstellungswohnzimmer die Zeitung „Modersmaalet“ liegt:
„Wenn schon, denn schon hätte da der „Schleswiger" liegen müssen.“
Und hätte man ihn zuvor gefragt, dann hätte er durchaus mit einem Exemplar der Zeitung – und mit umfassendem Material zu der Ausstellung beitragen können.

Spiele zum Spielen und Abtauchen in die Vergangenheit: Kulturkoordinator Thor Lange testet sie alle. Foto: Ute Levisen

Anschauungsunterricht für Schüler

Einen Besuch ist die Ausstellung im einstigen Rathaus an der Haderslebener Lavgade dennoch wert. Bent Vedsted Rønne und sein Team hoffen, dass vor allem Schulklassen die Gelegenheit nutzen werden, dem geschichtsträchtigen ehemaligen Stadtratssaal an der Lavgade einen Besuch abzustatten – zumal sein Team Material für den historischen Anschauungsunterricht erarbeitet hat. – Dieser Appell sei hiermit weitergegeben.

Bent Vedsted Rønne hofft auf regen Besuch aus den Schulen. Foto: Ute Levisen

Jubiläumsausstellung vor historischer Kulisse

Die Ausstellung ist noch bis zum 2. April, mittwochs und donnerstags von 13-16 Uhr zu sehen sowie samstags von 10-16 Uhr. Sie ist im ehemaligen Ratssaal im alten Rathaus an der Haderslebener Lavgade 5 angesiedelt, wo die Bürger der Domstadt 1920 abgestimmt haben.

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