Renovierung
Kultureller Leuchtturm mit viel Patina
Kultureller Leuchtturm mit viel Patina
Kultureller Leuchtturm mit viel Patina

Mette Gejl Erlang und Agger Aziz verwandeln den ehemaligen Bürgerverein in eine kulturelle Begegnungsstätte nebst Familienrestaurant. Den kulturellen Leuchtturm mit Patina und Holztäfelung will Mette Gejl Erlang zu einer Begegnungsstätte machen für Mehrheits- und Minderheitenbevölkerung.
Der Bürgerverein zu Hadersleben, einst Versammlungsstätte der deutschen Vereine in Hadersleben, ist im Januar 2004 aufgelöst worden. Das dem Verein zugehörige Gewese an der Schlossstraße 33 kam bereits 1995 in den Besitz des langjährigen Pächters Andreas Lautrup. Damit ging eine Ära, die bei der Stiftung des Bürgervereins im Jahre 1838 ihren Anfang nahm, zu Ende. Wirt Andreas Lautrup vermarktete seinen Betrieb, den er 2002 Haderslevhus taufte, als Tanztreff für Singles. Im Frühjahr erwarb die Gesellschaft „A.M.G Ejendomme Aps“ die Immobilie.
Direktorin Mette Erlang Gejl und ihr Mann Agger Aziz haben kurz nach dem Kauf den Verein „Kultur- og Borgerforeningen Haderslevhus“ gegründet. Die Haderslebener verbrachten seitdem jede freie Minute in der Altstadt, um das große Haus mit insgesamt neun Mietwohnungen auf Vordermann zu bringen. Nagetiere, aufmüpfige Mieter, und „weitere Überraschungen“ haben das Ehepaar auf Trab gehalten. „Die Arbeit ist sehr langsam vorwärtsgegangen. Aber jetzt nimmt die Entwicklung Schwung auf“, lächelt Mette Gejl Erlang. Die 40-Jährige macht keinen Hehl daraus, dass sie und ihr Mann im Sommer fast den Mut verloren. „Ohne die Hilfe Freiwilliger, die uns tatkräftig unterstützen, hätten wir es nicht geschafft“, sagt Mette Gejl Erlang. Sie kümmert sich um den täglichen Betrieb, während ihr Mann „hinter den Kulissen“ arbeitet.
Sanierung der Ridderbar
Zurzeit macht Aziz eine aufwendige Sanierung der Kneipe Ridderbar. Gemeinsam mit Koch Jesper Kring Nielsen (40) will Aziz die Ridderbar, einst Sitzungszimmer des Bürgervereins, in ein schickes Restaurant für die ganze Familie verwandeln. Die Eröffnung des Restaurants ist für November geplant, zeitgleich damit, dass der Bürgerverein zu Hadersleben vor 180 Jahren gegründet wurde – am 18. November 1838. Für Mette Gejl Erlang ein Grund dafür, die Geschichte Revue passieren zu lassen. „Wir wollen einen Teil der deutsch-dänischen Geschichte rekonstruieren und wiedererzählen“, so Gejl Erlang. Die Direktorin wurde bei der Kommune Hadersleben, Stiftungen und Unternehmen vorstellig, um auf das, wie sie sagt, Kleinod, aufmerksam zu machen, und finanzielle Förderung für das ehrgeizige Sanierungsprojekt zu beantragen. Mithilfe von unter anderem „Historie Haderslev“, Lennart Madsen, Abteilungsleiter am „Museum Sønderjylland“, sowie geschichtsinteressierten Ehrenamtlern, arbeitet Mette Gejl Erlang daran, eine Ausstellung über das Haus und dessen Geschichte zusammenzustellen. Am Jubiläumswochenende präsentiert Gejl Erlang auch ein facettenreiches deutsch-dänisches Event. „Humørekspressen“ aus Kopenhagen, die Haderslebener Partyband „Purple Wings“, deren drei Mitglieder Bezug zur deutschen Minderheit haben, und die deutsche „Swinging Feetwarmers Jazzband“ werden das Musikprogramm gestalten.
„Wir haben eine Zusammenarbeit mit der Haderslebener Brauerei Fuglsang eingeleitet. Künftig werden wir vorzugsweise Fuglsang-Produkte verkaufen“, so Mette Gejl Erlang. Auch bezüglich der Ausstellung plant Gejl Erlang eine Kooperation mit der traditionsreichen Brauerei, die bekanntermaßen auf eine 153-jährige Geschichte zurückblickt. Gejl Erlang erzählt, dass das Familienunternehmen die Ausstellung und die permanente Ausschmückung des Hauses mit Fotos und anderen Utensilien bereichern wird. „Gemäß meinem Motto, wenn Wände reden könnten, werde ich versuchen, außer der permanenten Ausstellung auch Fotos an die Wände zu projizieren. Wandplatz gibt es hier in Hülle und Fülle“, lacht Gejl Erlang. Dem kulturellen Leuchtturm mit Patina und Holztäfelung, der in einem Zeitloch gelandet ist, will die Geschäftsfrau frisches Blut eingeben und will ihn zu einer Begegnungsstätte machen für Mehrheits- und Minderheitenbevölkerung.
„Nette Idee, das Jubiläum feiern zu wollen“
Monika Knutzen, die Vorsitzende des Haderslebener Frauenvereins, wurde auch in ihrem Archiv fündig. „Ich habe u. a. Fotos, die zeigen, dass wir unsere Tagungen im großen Saal abgehalten haben. Nette Idee, das Jubiläum feiern zu wollen“, sagte Monika Knutzen. Der Frauenverein werde an der Tradition festhalten und auch fortan seine Veranstaltungen an der Schlossstraße 33 durchführen. Der pensionierte Arzt Hans-Oluf Meyer (90) trug als langjähriger Vorsitzender die Entscheidung mit, den Bürgerverein aufzulösen. „Was übrig blieb war das Denkmal des Regimentes von Manstein. Der Gedenkstein stand damals im Garten des Bürgervereins. Nach vielen Verhandlungen mit dem Militär gelang es mir, den Gedenkstein in die Obhut der Kaserne zu geben“, erinnert sich Meyer. „Es ist ganz in Ordnung, dass das Jubiläum gefeiert wird. Das kann ich unterstützen“, so Meyer , der anfügte, dass der geschichtliche Aspekt nach der Vereinsauflösung an und für sich nur mit dem Gebäude zu tun hat. „Vom Vorstand im Jubiläumsjahr 1988 sind nur noch Sigurd Fuglsang und ich am Leben“, so Meyer, der 1988 dem feierlichen 150. Stiftungsfest vorstand. Bei der Auflösung wurden große Teile des reichhaltig bestückten Fundus u. a. dem Archiv- und Museumswesen der Domstadt übergeben.

Ein großes Haus mit deutsch-dänischer Stadtgeschichte
In der Nordschleswiger-Serie „Kulturstücke“ ist vor einigen Jahren auf die Geschichte des Bürgervereins zurückgeblickt worden:
Das Gebäude des Bürgervereins in Hadersleben ist ein Giebelhaus mit sechs Fensterfächern, über den zwei mittleren befindet sich eine Dachgaube, an der man zwei Jahreszahlen ablesen und ein schönes, farbiges Wappen sehen kann. Das Haus war durch viele Jahre hindurch ein fester Bezugsort für die Minderheit in der Domstadt.
Der Bürgerverein wurde im Jahre 1838 von fünf Haderslebener Bürgern gegründet. Die Gründungsmitglieder Mauermeister Paul Christensen, Malermeister Mathias Häger und Kaufmann de Wolff kauften eines der ältesten und zugleich größten Häuser der Stadt für den Bürgerverein. Das Haus war ursprünglich von Henrik Dinggrau, dem herzoglichen Hofkaplan von Herzog Hans dem Älteren, um 1580 erbaut worden. Hier feierte man 1864 den preußisch-österreichischen Sieg und empfing auch Feldmarschall Moltke. 1902 entschloss man sich aus Platzmangel, das alte Gebäude abzureißen und ein neues zu bauen. Schon im selben Jahr konnte das neue Gebäude eingeweiht werden. Das neue Gebäude und der Bürgerverein wurden das Kulturzentrum der Minderheit, besonders nach der Volksabstimmung 1920 und der neuen Grenzziehung. Im Ersten Weltkrieg wurde das Haus als Feldlazarett genutzt, und nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1947 waren in dem Gebäude Flüchtlinge aus Ostpreußen untergebracht. Das Gebäude bildete den Rahmen um das kulturelle und politische Leben der deutschen Minderheit. Leider wurden, im Zuge der allgemeinen Gleichschaltung und Nazifizierung der Minderheit, in den 1930er Jahren auch nationalsozialistische Versammlungen und Parteitage abgehalten. Aber es war auch im Rahmen des Bürgervereins, dass der Haderslebener Kreis 1943 die Loyalitätserklärung entwarf. Damit ist der Bürgerverein das Geburtshaus des BDN (Bund Deutscher Nordschleswiger) und der deutschen Minderheit in Nordschleswig, wie wir sie heute kennen. Mitte der 1990er Jahre musste das Gebäude verkauft werden.