Austauschjahr

Ein junger Südtiroler schlägt neue Wege ein

Ein junger Südtiroler schlägt neue Wege ein

Ein junger Südtiroler schlägt neue Wege ein

Karin Friedrichsen
Karin Friedrichsen Journalistin
Hadersleben
Zuletzt aktualisiert um:
Studienrätin Katrin Irgens und Abiturient in spe Maximilian Trentini. Foto: K. Riggelsen

Über Ländergrenzen hinweg: Maximilian Trentini macht ein Austauschjahr in Nordschleswig. Er will so viel Lebenserfahrung sammeln wie möglich und wurde von seiner Gastfamilie und dem Gymnasium gut aufgenommen.

Maximilian Trentini  ist im August des Vorjahres mit der gemeinnützigen Organisation   ASF  (ursprünglich als  „American Field Service“ gegründet) im Schüleraustausch  nach Nordschleswig gekommen. 
Der 17-Jährige wohnt  bei einer Gastfamilie in Mastrup und besucht die Kathedralschule in Hadersleben, wo er unter anderem von   Katrin Irgens unterrichtet wird. Maximilian Trentini und die Studienrätin haben die Gemeinsamkeit, dass sie beide aus  Grenzgebieten stammen. Während sich Katrin Irgens der deutschen Minderheit in Nordschleswig zugehörig   fühlt, ist Maximilian Trentini  im italienischen  Südtirol   aufgewachsen. In dem idyllischen Weinort Auer, das rund 3.600 Einwohner zählt und südlich von Bozen liegt, verbrachte  der 17-Jährige seine Kindheit und Jugend. Sein Vater ist Italiener.   Seine  Mutter ist an der Grenze zur Schweiz groß geworden und spricht, so Maximilian Trentini, Deutsch, das geprägt ist von den verschiedenen Dialekten des Landstrichs. Er selbst  ist mit den Sprachen Deutsch, Italienisch und auch Englisch  aufgewachsen.

„Dieses Jahr ist Rekord“

Wir treffen den Südtiroler im  Gymnasium  am Christiansfelder Weg. Maximilian Trentini präsentierte kürzlich, zusammen mit weiteren Austauschschülern, kulinarische Spezialitäten ihrer  jeweiligen Heimatländer. „Dieses  Schuljahr ist Rekord. Wir haben 14 Austauschschüler aus 12 Ländern. Wir haben noch nie so viele gehabt“, erklärte Studienrätin Katrin Irgens. Die Kathedralschule  mit Rektorin Ruth Funder an der Spitze sei international orientiert, was zur Stärkung des  Profils der Einrichtung beitrage. An dem Gymnasium werden 2017/2018 etwa 1.000 Schüler unterrichtet. Die 45-jährige Irgens lehrt Spanisch und Deutsch. Sie ist  auch in  Projektaufgaben mit Austauschschülern eingebunden.  Für das Austauschjahr in Hadersleben und den Unterricht an der Kathedralschule entschieden  sich Jugendliche aus der ganzen Welt. Die Austauschschüler kommen u. a. aus europäischen Ländern, Südkorea, USA und Argentinien. 

Katrin Irgens ist auch viel in der Welt herumgekommen. Spanisch lernte die ausgebildete Journalistin  bei längeren Aufenthalten in Guatemala. „Maximilian hat ein bisschen erzählt aus seiner Heimat. Das hat meine Erinnerungen geweckt“, sagte Katrin Irgens. Ihr vor 20 Jahren verstorbener Vater, Pastor Günther Irgens, Kjelstrup, habe etliche  kirchliche Gemeindefahrten nach Südtirol  durchgeführt und  viel  erzählt über Land und Leute. „Ich war noch nie in Südtirol. Aber Maximilians Schilderungen  machen Lust auf eine Reise dorthin.“ Katrin Irgens lebt inzwischen mit ihrem Sohn  Markus in Hammeleff. Ihre Mutter, Ingrid   Irgens, schuf sich ein neues Zuhause in Apenrade. Die Präsentation der Austauschschüler sei  bei ihren Mitschülern sehr gut angekommen, erklärte Studienrätin Irgens: „Sie haben  die Vorträge auf Dänisch gehalten, und das ist echt eine Leistung, wenn man bedenkt, dass sie erst im Sommer 2017 nach Dänemark gekommen sind.“ Der für Austauschschüler obligatorische Dänisch-Sprachkursus ist so geregelt, dass die Jugendlichen  „hausintern“ am Gymnasium unterrichtet werden.

Wechselvolle Vergangenheit

Seit Inkrafttreten der erweiterten Autonomie   genießt  Südtirol umfassende Selbstverwaltungsrechte und wird übereinstimmend damit  als autonome Provinz Bozen-Südtirol bezeichnet.   Südtirol  bildet  zusammen mit der Provinz   Trient die autonome Region Trentino-Südtirol. Südtirol wurde nach dem Ersten Weltkrieg  von Österreich gelöst und Italien zugesprochen. Die  Südtiroler werden somit zu  einer Minderheit in ihrer Heimat. „Wir haben insgesamt drei Reformen gehabt, bei denen unsere Autonomie klarer definiert wurde. Es ist immer wieder aufgebessert worden. Das letzte Autonomiestatut bekamen wir 2001. Damit hat sich vieles geregelt und eingependelt“, stellte  Maximilian Trentini fest. 

Maximilian Trentini präsentierte mit Sorgfalt ausgewählte kulinarische Leckereien aus Italien. Der 17-Jährige ist im tourismus- und wirtschaftsstarken Südtirol aufgewachsen. Foto: K. Riggelsen

Alles in zwei Sprachen

Deutschsprachige   und italienischsprachige  Schulen und Ausbildungseinrichtungen sind genauso selbstverständlich wie die Möglichkeit, Amtsangelegenheiten in beiden Sprachen zu regeln. Während  die deutsche Minderheit in Nordschleswig bislang vergebens auf die Aufstellung  zweisprachiger Ortsschilder wartete, inzwischen aber mit zwei deutsch-dänischen Autobahnschildern an der E45 auf die historische Kulturstätte  Knivsberg  und das Fröslevlager hinweist, haben die Südtiroler das längst geregelt. „Unsere Ortsschilder sind zweisprachig. Auf der einen Seite steht die deutsche Bezeichnung oben, auf der anderen Seite steht der italienische Name an erster Stelle“, so Trentini. 

Bevor er nach Hadersleben kam, besuchte er eine deutsche  Handelsschule. Er wird in einem oder  vielleicht  zwei Jahren sein Abitur schreiben. „Das kommt darauf an, ob meine  dänischen Noten anerkannt werden. Im Grunde genommen ist es mir auch egal, ob ich eine Ehrenrunde einlegen muss, denn es geht mir darum, möglichst viel Lebenserfahrung zu sammeln“, so der 17-Jährige. Er plane,  in die Wirtschaft zu gehen. Das  Studium werde er wahrscheinlich in Dänemark machen, denn das Land  habe ein sehr gut organisiertes Schulsystem  und  gute Universitäten. Der dänische Staat gewähre jedem die Möglichkeit, der Gesellschaft beizutreten. Als Ausländer fühle er sich stark integriert in den schulischen Alltag, versicherte Trentini. 

„Wir können nach Unterrichtsschluss in der Schule bleiben und lernen. So etwas hat man nicht in Italien. Versteht du etwas nicht, musst du dich selbst darum kümmern, wie du das regelst“,  beschrieb der Jugendliche das Ausbildungssystem in seiner Heimat. In Südtirol gehe man nach Unterrichtsschluss nach Hause, um Hausaufgaben zu machen. Ihm ist  aufgefallen, dass viele seiner   Mitschüler in Hadersleben  einen Job haben: „In Südtirol  arbeiten sie nur im Sommer, wenn Touristen da sind“, schmunzelte   Trentini. Das Wort Hygge habe er schnell gelernt. Und bei  seiner Gastfamilie sei es  sehr interessant für ihn gewesen,  die Weihnachtshygge mitzuerleben. Überhaupt  habe er es sehr gut getroffen mit „seiner Mastruper-Familie“,  zu der auch ein vier Jahre jüngerer Bruder gehört. An das  dänische Schwarzbrot habe er sich ganz langsam herangetastet.   Mit Respekt erfüllt ihn der Umgang seiner Mitschüler  mit dem Laptop.  In  Südtirol wird alles mit der Hand  mitgeschrieben im Unterricht, weil  die Schüler weder Smartphone noch Laptop benutzen dürfen. Auch ist es nicht gang und gäbe, wie in Dänemark üblich, viele schriftliche Aufgaben durchzuführen. In Südtirol wird mehr  mit Lernzielkontrollen gearbeitet.  Trentini freut sich schon darauf, dass seine Freundin ihn hoffentlich besuchen kommt, denn seinen 18. Geburtstag im Mai wird er auch fernab der Heimat verbringen: „Ich bin sehr zufrieden mit meiner Gastfamilie. Es ist schön zu sehen, dass die Dänen gastfreundlich sind!“ 

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