Krieg in der Ukraine

„Eigentlich wollten wir nicht fliehen“

„Eigentlich wollten wir nicht fliehen“

„Eigentlich wollten wir nicht fliehen“

Hadersleben/Haderslev
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Die kommunale Beauftragte für Zuzüglerfamilien, Melissa McCann Seebach (l.), und Dolmetscherin Oksana Klokta erklärten den anwesenden Ukrainerinnen und Ukrainern, was Hadersleben alles zu bieten hat. Foto: Annika Zepke

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Bei einem Empfang für Zugezogene hieß Kommunaloberhaupt Mads Skau die neuen ukrainischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Kommune Hadersleben willkommen. Auch Ulyana Kuzymchak ließ sich als „Neue“ in der Domstadt die Veranstaltung nicht entgehen. Im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ erzählt sie, wie sie sich hierzulande zurechtfindet.

„Wir freuen uns sehr, euch als neue Bürgerinnen und Bürger in der Kommune Hadersleben willkommen zu heißen – auch wenn es einen traurigen Hintergrund hat“, sagte Bürgermeister Mads Skau (Venstre) am Mittwochnachmittag bei einem Willkommensevent im Haderslebener Rathaus zu den Gelflüchteten aus der Ukraine.

Die Verwaltung der Domstadtkommune hatte fachübergreifend zusammengearbeitet und eine Einführungsveranstaltung für Zuzüglerinnen und Zuzügler aus der Ukraine auf die Beine gestellt, um den neuen Mitbürgerinnen und Mitbürgern einen guten Start in ihrer neuen Heimat bescheren zu können.

Neben einer kurzen Einführung zur Komplexität des dänischen Gesundheitssystems gab Melissa McCann Seebach, die als kommunale Beraterin Zuzüglerfamilien betreut, auch einen Überblick über das Kultur-, Freizeit- und Vereinsangebot der Domstadtkommune.

Mithilfe einer Dolmetscherin begrüßte Bürgermeister Mads Skau die neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Kommune Hadersleben. Foto: Annika Zepke

Flucht vor den Sirenen

Eine, die bereits erste Kontakte zur Haderslebener Vereinswelt geknüpft hat, ist Ulyana Kuzymchak. Sie ist mit ihren Eltern und ihren beiden Söhnen Mitte März aus der Ukraine geflohen und bei ihrer Schwester und deren dänischem Mann in Hadersleben untergekommen.

„Eigentlich wollten wir gar nicht fliehen“, erzählt die 40-Jährige, die in ihrer Heimat Lwiw als Researcherin gearbeitet hat. „Als die Sirenen losgingen, sind wir erst einmal aufs Land gezogen und haben uns in der Firma meines Mannes einquartiert.“

Doch die Möbelfirma sei als Unterkunft nicht geeignet gewesen, führt Kuzymchak fort. Weil sich die Lage jedoch etwas beruhigt zu haben schien, kehrte die Familie zunächst zurück in ihre Stadtwohnung. Kurze Zeit später schrillten die Sirenen jedoch von Neuem.

„Wir haben es zwei Tage lang ausgehalten“, so die Ukrainerin. „Aber ein zweijähriges Kind nachts alle paar Stunden aus dem Bett zu holen, anzuziehen und in den Sicherungskeller zu bringen, das konnten wir nicht länger.“

Projekt soll zielgerichtete Hilfe ermöglichen

Seit fast zwei Monaten ist Ulyana Kuzymchak nun in Dänemark und hat sogar schon etwas Fuß gefasst. Im Haderslebener Freiwilligencenter arbeitet sie fünf Stunden pro Woche an einem Projekt, das dem Center Aufschluss über die Bedürfnisse der ukrainischen Neuankömmlinge verschaffen soll.

Ulyana Kuzymchak (r.) im Gespräch mit Dorthe Bach Dall, pädagogische Konsulentin in der Abteilung Kultur und Freizeit der Kommune Hadersleben Foto: Annika Zepke

„Ich erstelle gerade eine Umfrage, die wir dann auf allen relevanten Stellen, also beispielsweise auf der Webseite des Asylcenters, verlinken, damit wir viele Ukrainerinnen und Ukrainer erreichen“, erklärt die Forscherin, die auch deshalb bei der Einführungsveranstaltung im Rathaus vorbeischaute, um Kontakte zu knüpfen.

Langsame Eingewöhnung

Auch ihre beiden Söhne im Alter von 2 und 14 Jahren gewöhnen sich langsam an ihren neuen Alltag in Dänemark. Während ihr ältester Sohn bald wieder zur Schule gehen soll, schaut der Kleine fast täglich zum Spielen im Freiwilligencenter an der Storegade vorbei – in Begleitung seiner Mutter oder Großeltern, versteht sich.

Nur die Sirenenübung am Vormittag des 4. Mai habe ihm zu schaffen gemacht, erzählt Ulyana Kuzymchak: „Er sagte zu mir, Mama, ich möchte das nicht mehr hören.“

Ansonsten gefalle es ihr und den Kindern jedoch gut in Hadersleben, sagt die Ukrainerin: „Aber wir hatten ja auch das Glück, dass unsere Familie uns alles ganz genau gezeigt hat. Bei Leuten, die das nicht hatten, mag das anders sein.“

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