Deutsche Minderheit

Der Domstadt 90 Jahre die Treue gehalten

Der Domstadt 90 Jahre die Treue gehalten

Der Domstadt 90 Jahre die Treue gehalten

Karin Friedrichsen
Karin Friedrichsen Journalistin
Hadersleben/Haderslev
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Ella Mayland feierte ihren Geburtstag mit einem Tag der offenen Tür Foto: Karin Friedrichsen

Ella Mayland hat neun Jahrzehnte in der Kommune Hadersleben gewohnt. Mit zunehmendem Alter möchte die Seniorin sich wohnlich verkleinern.

Ella Mayland ist 90 geworden. Die Haderslebenerin feierte ihren Ehrentag am 4. März mit einem Tag der offenen Tür. Zahlreiche Gäste gratulierten ihr. Als der „Nordschleswiger“ zum Interview einkehrte, erinnerte das Wohnzimmer an einen Blumenladen. Die Gratulanten überraschten die Seniorin mit vielen bunten Sträußen und Präsenten.

Vom Motorroller zum dreirädrigen Elektromobil

Ella Maylands gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich in den vergangenen Jahren, sodass die Haderslebenerin den Wunsch hat, sich wohnlich zu verkleinern. Ihr Haus im westlichen Teil der Domstadt ist nicht barrierefrei gebaut.

Die Seniorin, die unter anderem an Arthrose leidet, stützt sich an zwei Gehstützen oder einen Rollator. „Das Treppensteigen und die Haushaltsführung fallen mir sehr schwer“, erzählt Ella Mayland, die geistig fit geblieben ist. Über das neueste Geschehen im In- und Ausland informiert sie sich in den Medien.

„Ich lese Zeitungen und dann hält das deutsche Fernsehen mich über die neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden“, erzählt sie. Lachend fügt die 90-Jährige hinzu, dass ihre körperlichen Herausforderungen dazu führten, dass sie vor einigen Jahren ihren Motorroller gegen ein dreirädriges Elektromobil eintauschte:

„Ich habe nie einen Führerschein gemacht und bin deswegen immer Moped gefahren. Das war sehr praktisch, aber inzwischen habe ich mich auch an mein neues Elektromobil gewöhnt.“

Ella Mayland in ihrem Lieblingssessel im Wohnzimmer. Foto: Karin Friedrichsen

In Erleff aufgewachsen

Ella Mayland ist mit vier Schwestern und einem Bruder in Erleff/Erlev aufgewachsen. „Ich war das jüngste Kind. Und ich bin die Einzige, die noch am Leben ist“, sagt sie. Ihr Vater, Gustav Mirtschink, stammte aus Dresden. Ihre Mutter Anna war gebürtige Süderwilstruperin (Søndervilstrup). Bei der Volksabstimmung am 10. Februar 1920 sei ihr Vater ohne festen Wohnsitz gewesen. Deswegen sei sein Antrag auf dänische Staatsbürgerschaft abgewiesen worden, so Ella Mayland: „Mein Vater bekam nie die dänische Staatsbürgerschaft. Als ich 18 wurde, habe ich die dänische Staatsbürgerschaft beantragt und bekommen.“
 

Mit Skistiefeln zur Arbeit

Nach dem Schulgang arbeitete Ella Mayland von 1946 bis 1954 als Verkäuferin im Warenhaus „Orbesen“ in Hadersleben. „Das war gleich nach dem Krieg. Es gab kaum Waren und wir haben Pappe in die Regale gestellt“, erzählt Mayland. Es wurde mit Torf geheizt und trotzdem war es so kalt, dass den Angestellten erlaubt wurde Skistiefel anzuziehen.
 

30 Jahre am Fjordagervej

Nach der Heirat mit Elis Mayland wohnte das Paar mit ihren drei Kindern am Fjordagervej und in den Sommermonaten im Ferienhaus in Flaut/Flovt. 1984, ein Jahr bevor ihr Mann, der verletzt aus dem Zweiten Weltkrieg heimkehrte, verstarb, verlegte die Familie ihren Wohnsitz in Elis Maylands Elternhaus. „Ich bin 1985 verwitwet. Seitdem lebe ich allein“, sagt Ella Mayland, die neben ihrem eigenen Haushalt verschiedene Jobs innehatte.
 

Schwerer Verlust

Ihre Kinder Hans Jürgen, Lis und Verner haben ihr insgesamt drei Enkel und vier Urenkel geschenkt. Einen schweren Verlust erfuhr Ella Mayland im Februar 2019, als ihr Ältester, Hans Jürgen, verstarb. „Ich vermisse ihn sehr“, sagt die 90-Jährige mit leiser Stimme.
 

Ein Leben in der Minderheit

Ella Mayland ist Zeit ihres Lebens ein Teil der deutschen Minderheit gewesen. Der Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN), die deutsche Gemeinde und der Haderslebener Frauenverein sind stets wichtige Anlaufstellen für sie gewesen. „Ich habe für den Frauenverein einkassiert, als die Mitgliedschaft noch zweieinhalb Kronen, fünf Kronen und 10 Kronen vierteljährlich kostete“, erinnert sich Ella Mayland. Als Anerkennung ihres Engagements für den Frauenverein zeichnete Vereinsvorsitzende Monika Knutzen sie 2015 mit der Ehrenmitgliedschaft aus.

Ella Mayland verpasst soweit möglich keine Veranstaltungen im Frauenverein und sie setzt sich gerne auf ihr dreirädriges Elektromobil, um an den Gottesdiensten von Pastorin Christa Hansen teilzunehmen.

„Mit der Technik geht alles so rasant heute. Als Senior bleibt man ab und an auf der Strecke. Ich hoffe, dass ich eine Seniorenwohnung bekomme. Denn es ist schon ein wenig unsicher, wenn ich allein bin in dem großen Haus", sagt Ella Mayland.

Ella Mayland ist ein aktives Mitglieder der deutschen Gemeinschaft. Foto: Karin Friedrichsen
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