Deutsche Minderheit

Deutsche Schule Hadersleben: Eine Schulleiterin blickt zurück

Deutsche Schule Hadersleben: Eine Schulleiterin blickt zurück

Deutsche Schule Hadersleben: Eine Schulleiterin blickt zurüc

Karin Friedrichsen
Karin Friedrichsen Journalistin
Hadersleben/Haderslev
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Die scheidende Schulleiterin Maria Harbo Foto: Karin Riggelsen

Erst studierte Ernährungswissenschaftlerin und Berufsschullehrerin in Deutschland, dann Lehrerin, Konrektorin und Schulleiterin in Nordschleswig. Maria Harbo geht nach insgesamt 39 Dienstjahren in Pension. Die erste Einschulungsklasse schließt den Reigen ab.

Maria Harbo, die Schulleiterin der Deutschen Schule Hadersleben (DSH) wechselt zum 31. Juli in den Ruhestand. Ihre Entscheidung teilte sie dem Schulvorstand und dem Dachverband „Der Deutsche Schul- und Sprachverein für Nordschleswig" (DSSV) bereits im Herbst 2018 mit.

Somit konnten sich Schule und Schulamt rechtzeitig auf die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin machen. Schulrätin Anke Tästensen präsentierte Ende März DSH-Fachlehrerin Heike Henn-Winkels (59) als neue Schulleiterin.

Ruhemodus lässt noch auf sich warten

Die gute Planung bedeutet aber nicht, dass sich Maria Harbo, die in der Vorwoche ihren 65. Geburtstag beging, im Ruhemodus befindet. Für die Noch-Schulleiterin gibt es auch in den letzten Wochen vor den Schulferien viel zu tun. 

Auch wenn die Schüler am Freitag, 28. Juni, in die Sommerferien entlassen werden, hat Harbo den Juli abgesetzt, um alles durchzugehen, was an wichtigen Dingen seit ihrer Ernennung im Februar 2014 auf ihrem Schreibtisch landete. Obgleich Ordnung herrscht in ihrem Büro, will sie sicher sein, dass alles picobello ist, wenn sie sich „irgendwann Ende Juli" mit ihrer Nachfolgerin trifft, zwecks Schlüsselübergabe.
 

Die erste Einschulungs-Klasse schließt den Reigen ab

„Das ist der übliche Wahnsinn. Es gibt noch richtig viel zu erledigen von den Sachen, die typischerweise gemacht werden müssen am Ende des Schuljahres", sagt die scheidende Schulleiterin, als wir sie für das Abschiedsinterview in der DSH besuchen. 

Die Verabschiedung von Maria Harbo findet am Mittwoch, 26. Juni, von 13 bis 15 Uhr in der DSH-Turnhalle statt. Am Abend zuvor wird sie noch die Abschlussfeier für die Neuntklässler leiten. Wie es der Zufall manchmal will, ist die Klasse, der Maria Harbo am 25. Juni ihre Zeugnisse überreicht, auch die Klasse, die im August 2009 von ihr eingeschult wurde. Vor zehn Jahren war Maria Harbo kommissarische Schulleiterin, als Philipp Rogge, ihr Vorgänger im Amt des Schulleiters, krankheitsbedingt für rund sechs Monate ausfiel.

„Das ist ganz nett, dass es gerade die Klasse ist, die als letzte von mir die Zeugnisse bekommt. Daran habe ich damals nicht gedacht, dass die Schüler zehn Jahre später für mich den Reigen an der DSH abschließen", sagt Maria Harbo.

Schulleiterin Maria Harbo wird Ende Juli ihr Amt abgeben an Heike Henn-Winkels. Foto: Karin Riggelsen

Gute Entscheidung – und auf zu neuen Ufern

Sie habe lange hin und her überlegt, ob sie bis 67 arbeiten solle, wie es ursprünglich der Plan war. Irgendwann habe sie dann die Entscheidung getroffen, dass es Sinn ergebe, früher aufzuhören. „Es geht mir richtig gut mit der Entscheidung. Ich bin jetzt 19 Jahre hier an der DSH, wo ich als Konrektorin eingestellt wurde und seit 2014 als Leiterin arbeitete."

Aus ihrer Sicht sei es wichtig und gut, dass es immer wieder zum Generationswechsel kommt im Kollegium und der Schulleitung. An der DSH werde über den kommenden Zeitraum nach und nach ein Generationswechsel im Kreise des Kollegiums stattfinden.

„Es ist wichtig, dass auch junge Kräfte kommen, die relativ frisch ausgebildet sind und einen anderen Blickwinkel haben. Dann ist es wesentlich, dass man sie wahrnimmt und auch hört, denn es besteht immer die Gefahr, dass man  ein wenig betriebsblind wird", nennt Maria Harbo einen ihrer Beweggründe dafür, „zu neuen Ufern aufzubrechen“ und sich unabhängig von einem Terminkalender eigenen Interessen und der Familie widmen zu können.

Mit EU-Austausch-Projekt nach  Dänemark

Maria Harbo ist in Geldern am Niederrhein geboren und aufgewachsen. In Bonn studierte sie Ernährungswissenschaften und wollte eigentlich in die Verbraucherberatung. Als sie mit ihrem Studium fertig war, wurden in dem Bereich Stellen eingespart. Dann ergab sich für sie die Möglichkeit, in den Schuldienst zu gehen und sie absolvierte das zweite Staatsexamen im Rahmen einer Referendarzeit und eine Ausbildung in der Sonderpädagogik.

Sie arbeitete unter anderem an einer berufsbildenden Schule. Bei einem EU-Austausch-Projekt kam sie Anfang der 1990er Jahre nach Dänemark, an die damalige Produktionshochschule in Stenderup bei Rödding. Maria Harbo lernte während des Auslandsaufenthaltes ihren späteren Ehemann Ole Harbo kennen.
 

Dänisch gelernt mit der „Naturmethode“

Dänisch gelernt habe sie auf die „Naturmethode", ohne Sprachunterricht. Die dänische Familie unterstützte sie tatkräftig und sie habe viele Filme, wie beispielsweise die für viele unvergessene TV-Serie „Matador" gesehen.

 „Meine Schwiegereltern spielten damals in einem Pensionistenorchester. Sie haben mich mitgenommen und so fing ich langsam an, Dänisch zu sprechen“, erinnert sich Maria Harbo. In der Sprache liegt bekanntermaßen Musik und Maria Harbo ist zeitlebens der Musik verbunden gewesen.

Bei einer Tante, die ausgebildete Klavierlehrerin war, lernte sie das Klavierspiel. Des Weiteren gehörten Orgelunterricht an der Kirchenorgel, Flötenunterricht sowie Chorsingen von Kindheit an zu ihrem Alltag.

Entspannen in ländlicher Idylle

Maria Harbo wurde 1995 an der Deutschen Schule Sonderburg angestellt. Während dieser Zeit wohnte sie mit ihrem Mann in Feldstedt. 2000 suchte und fand Harbo dann neue Herausforderungen als Konrektorin der DSH.

Deswegen entschlossen sich die Harbos zum Umzug nach Maugstrup. Hier haben sie von 2007 bis 2013 ein Einfamilienhaus, das ursprünglich 1820 gebaut wurde, umfassend renoviert. Das Leben im ländlichen Raum ist so ganz nach Maria Harbos Geschmack, denn hier findet sie Muße bei der Arbeit im Garten, beim Musikhören, Klavierspielen und Lesen. Und hier wird das Ehepaar seinen Wohnsitz behalten.

Ein spannendes Berufsleben mit Verbindung zu vielen verschiedenen Altersgruppen

Sie habe viel erlebt und viel mitgenommen aus ihren 39 berufsaktiven Jahren. Aufgewachsen am Niederrhein in der Nähe der holländischen Grenze war sie doch etwas erstaunt, als sie erstmals in Nordschleswig auf die deutsche Minderheit aufmerksam wurde. „Ich wusste, dass es eine dänische Minderheit gibt in Deutschland, aber von der deutschen Minderheit in Dänemark hatte ich noch nie etwas gehört“, sagt Maria Harbo mit einem Lachen.

Während sie in Deutschland vorwiegend junge Erwachsene und Jugendliche unterrichtete, machte sie ihren Einstieg in Sonderburg als Klassenlehrerin einer ersten Klasse. „Ich hatte hervorragende Berufsjahre unter dem Dach des DSSV mit viel Gestaltungsfreiheit und Eigenverantwortlichkeit und auf der anderen Seite hat man ein Netzwerk. Das hat große Bedeutung, wenn man in Situationen kommt mit Herausforderungen. Dann ist es gut mit Sparringspartner. Und das haben wir in unserer DSSV-Familie“, sagt Maria Harbo und erinnert sich unter anderem an das Frühjahr 2013.

Damals waren die Lehrer vier Wochen lang ausgesperrt. Der Lockout der Lehrer sei heftig gewesen und mutete teilweise surrealistisch an, als sie auf den Bürgersteig gehen musste, um mit ihren Kollegen zu reden. Ganz generell seien bei den Lehrern im Land die Verletzungen wohl nicht ausgeheilt, das habe man, so Harbo, bei den letzten Tarifverhandlungen gespürt.

In der DSH sei die Flexibilität erhalten geblieben durch Lokalabsprachen und Rahmenabsprache beim DSSV.  Die Lehrer seien dazu verpflichtet, dienstags von 14 bis 16 Uhr in der Schule zu sein, ansonsten bestimme jeder Kollege selbst seinen Arbeitsort nach Unterrichtsschluss.

Maria Harbo mit ihrer Nachfolgerin Heike Henn-Winkels und dem stellvertretenden Schulleiter Piet Schwarzenberger. Die DSH gibt am Mittwoch, 26. Juni, einen Abschiedsempfang für Maria Harbo. Wir berichten über die Feier in der Onlineausgabe am 27. Juni und in der Papierausgabe am 29. Juni. Foto: Karin Riggelsen

Stabile Schülerzahlen und viele gute Wünsche

„Ich wünsche mir, dass die Schülerzahlen, die zum Schuljahresbeginn im August bei 157 liegen,  stabil bleiben und vielleicht auch ein bisschen Wachstum entsteht und die gute Zusammenarbeit mit dem Kindergarten fortgesetzt wird.

Ich weiß nicht, was für Ideen in der Luft sind, aber man wird gucken, wo man Innovation schaffen kann. Kurzum ich wünsche mir, dass die DSH eine gute Schule bleibt und es allen gut geht“, fasst Harbo ihre Wünsche für die DSH nach ihrem Ausscheiden zusammen.

Neu gewonnene Freiheit zusammen mit Kindern und Enkeln genießen

Maria Harbo hat sich noch nicht auf konkrete Projekte nach ihrer Pensionierung festgelegt. Sie werde alles mit Ruhe angehen und schauen, was sich so anbietet. Ihr Ehemann werde noch einige Jahre berufstätig sein, sodass sie anfangs ihre „neu gewonnene Freiheit“   wochentags alleine verbringen werde.

Eine sinnvolle Beschäftigung könnte, neben ihrem Garten, ein Wiedereinstieg in die englische Sprache und ein Italienischkurs sein, überlegt Maria Harbo. Aber auch die Gründung eines Fördervereins für die DSH und mehr Zeit für musikalische Entfaltungsmöglichkeiten klingen verlockend für sie.

Die Rentnerin in spe freut sich darauf, mehr Zeit verbringen zu können mit ihren Kindern und Enkelkindern. Ihr Sohn Johannes, der in Siegen wohnt, hat keine Kinder. Tochter Katharina, die mit ihrem Mann in Bierenbachtal lebt, hat eine sechsjährige Tochter und einen einjährigen Sohn.  „Als mein Enkel seinen ersten Geburtstag feierte, konnte ich nicht dabei  sein. Im kommenden Jahr werde ich aber teilnehmen“, strahlt Maria Harbo.

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