101 Jahre Volksabstimmung

Deutsch, Dänisch und Sønderjysk in einer Box

Deutsch, Dänisch und Sønderjysk in einer Box

Deutsch, Dänisch und Sønderjysk in einer Box

Hadersleben/Haderslev
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Auf Knopfdruck erzählt die Abstimmungsbox in der Pop-up-Ausstellung von „Historie Haderslev“ die Geschichten von sechs Bewohnern nördlich und südlich der Königsau zur Zeit der Volksabstimmung. Kommunalparlamentsmitglied Inga Lykke ist begeistert von der gelungenen Installation. Foto: Annika Zepke

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Deutsch oder Dänisch? Dieser Frage mussten sich die Bewohnerinnen und Bewohner Schleswigs im Jahre 1920 stellen, als es um die Abstimmung über die Zugehörigkeit des Landesteils ging. 101 Jahre später greift das Historische Archiv in Hadersleben diese Frage mit einer digitalen Abstimmungsbox erneut auf.

Lange hatten die Mitarbeiter des Historischen Archivs „Historie Hadersleben“ auf diesen Moment warten müssen, doch am Dienstag war es mit einem Jahr coronabedingter Verspätung endlich so weit: Die Abstimmungsbox, die in Kooperation mit „Kolding Stadsarkiv“ entstanden ist, wurde in der Pop-up-Ausstellung in der Apotekergade feierlich von Archivleiter Bent Vedsted Rønne und Kommunalparlamentsmitglied Inga Lykke eingeweiht.

Die Venstre-Politikerin betonte in ihrer Eröffnungsrede die Vorbildfunktion Nordschleswigs in Bezug auf die Zusammenarbeit und Entwicklung weg von Erzfeindschaft und hin zu einem freudlichen nachbarschaftlichen Verhältnisses und erzählte bei dieser Gelegenheit auch eine Anekdote aus ihrer eigenen Familiengeschichte.

Archivleiter Bent Vedsted Rønne und Venstre-Politikerin Inga Lykke erklärten die Abstimmungsbox in der Pop-up-Ausstellung von „Historie Haderslev“ am Dienstag für eröffnet. Foto: Annika Zepke

Verschiedene Beweggründe

Ihr eigener Urgroßvater habe bei der Abstimmung im Jahre 1920 mit ‚Nein‘, also gegen die Zugehörigkeit zum dänischen Königreich, gestimmt. Er habe bei der Deutschen Bahn gearbeitet und für sich und seine zwei Töchter in Dänemark keine Perspektive gesehen. Nachdem das Ergebnis der Abstimmung zugunsten Dänemarks ausfiel, sei er mit seinen Töchtern nach Flensburg übergesiedelt.

Seine Tochter, Lykkes Großmutter, sei später zwar nach Kolding zurückgekehrt und habe sich stets als Teil der dänischen Mehrheitsbevölkerung gefühlt, doch im Herzen sei sie immer ein wenig deutsch geblieben, so die Kommunalpolitikerin.

Die Geschichte ihrer eigenen Familie zeige, dass die Wahl für oder gegen eine Angliederung Nordschleswigs an das Königreich Dänemark aus den unterschiedlichsten Beweggründen gefällt wurde, so Lykke: „Auch die Abstimmungsbox macht deutlich, wie vielseitig die Stimmen der Bevölkerung waren.“

Die Beweggründe bei der Abstimmung vor 101 Jahren waren so verschieden wie persönlich. Die Abstimmungsbox soll so viele Perspektiven wie möglich aufzeigen, so Archivleiter Bent Vedsted Rønne. Foto: Annika Zepke

Abstimmungsergebnis auf Knopfdruck

Auf Knopfdruck erzählt die Abstimmungsbox die Geschichten und Wahlentscheidungen von jeweils drei damaligen Bewohnern nördlich und südlich der Königsau. „Wir haben versucht, so viele verschiedene Perspektiven wie möglich einzufangen“, erklärt Archivleiter Bent Vedsted Rønne. Aus der Kommune Hadersleben werden die Geschichten vom deutschgesinnten Nis Ankjær Schröder, der nach der Abstimmung nach Flensburg zog, der ersten weiblichen Schulleiterin und dänischgesinnten Signe Tørsleft und von Kirsten Marie Lund aus Gramm, die sich als Sønderjyder identifizierte.

Vertont wurden die Personen von Schauspielern des Haderslebener Theaters Møllen. Noch bis Ende Juni wird die Abstimmungsbox in der Apotekergade 11 in Hadersleben gastieren. Danach setzt die Installation, die zuvor bereits in Kolding gezeigt wurde, ihre Reise entlang der Königsau fort, um in Vejen und Esbjerg haltzumachen.

Pop-up-Museum für Groß und Klein

Die Ausstellung an der Apothekerstraße 11 ist bis zum 3. Juli 2021 dienstags und donnerstags in der Zeit von 12 bis 16 Uhr zu sehen sowie sonnabends von 10 bis 14 Uhr. Für den Besuch ist ein gültiger Corona-Pass erforderlich.
Der Eintritt ist kostenlos.

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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